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Metabolisches Syndrom

TICKENDE ZEITBOMBE

Circa 20 Millionen Menschen sind in Deutschland derzeit vom Metabolischen Syndrom betroffen – Tendenz steigend. Es handelt sich um einen Symptomkomplex mit gefährlichen Folgen.

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Unter einem Metabolischen Syndrom wird das gemeinsame Auftreten von bauchbetonter Fettleibigkeit, Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck und Insulinresistenz verstanden. Diese vier Faktoren weisen ein sehr hohes Risiko für die Entwicklung lebensgefährlicher Erkrankungen auf, weshalb diese Konstellation auch als tödliches Quartett bezeichnet wird. Gefürchtet sind arteriosklerotische Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sowie ein Diabetes mellitus Typ 2.

Übergewicht Eine andere Bezeichnung für das Metabolische Syndrom ist Wohlstandsyndrom. Dieses Synonym macht deutlich, dass der westliche Lebensstil, der durch Überernährung und chronischen Bewegungsmangel geprägt ist, Grundlage für die Krankheitsentstehung ist. Beides führt zu Übergewicht, das eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung des Metabolischen Syndroms darstellt. Dabei spielt das Fettverteilungsmuster eine entscheidende Rolle.

Vor allem begünstigen zu viele Pfunde am Bauch das Auftreten der Erkrankung. Das Bauchfett , das sich im Bauchraum um die inneren Organe ablagert, scheint einen besonders schädlichen Einfluss auf den Organismus zu haben. Menschen mit einer bauchbetonten Fettleibigkeit sind am Taillenumfang zu erkennen.

Der Bauchumfang auf Taillenhöhe (ein Zentimeter über dem Bauchnabel) ist ein einfacher Indikator für überschüssiges Bauchfett. Bei einem Taillenumfang über 88 Zentimetern bei Frauen beziehungsweise 102 Zentimetern bei Männern haben sich die Fettpolster vorrangig am Bauch angesammelt. Wissenschaftlich handelt es sich um eine abdominale Adipositas, umgangssprachlich wird auch vom Apfeltyp gesprochen. 

Insulinresistenz Menschen mit einer abdominellen Adipositas sind besonders gefährdet, da ihre Körperzellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren. Sie entwickeln also besonders leicht eine Insulinresistenz, das heißt eine verminderte Ansprechbarkeit der Muskel- und Fettzellen auf Insulin. Das Hormon ist zwar noch vorhanden, wirkt aber nicht mehr richtig. Der Blutzucker kann daher nicht mehr in die Körperzellen eingeschleust werden, sodass der Blutzuckerspiegel steigt.

Ist dieser erhöht, ist dies wiederum ein Signal für die Bauchspeicheldrüse, vermehrt Insulin zu produzieren, um die Resistenz zunächst zu kompensieren. Das gelingt ihr auch einige Zeit, im Laufe der Jahre lässt die Insulinproduktion jedoch nach, da die insulinproduzierenden Betazellen auf Dauer allmählich erschöpfen und somit den erhöhten Bedarf an Insulin nicht mehr decken können. Folglich beginnt der Insulinspiegel allmählich zu sinken, bis die Bauchspeicheldrüse die Produktion ganz einstellt und schließlich ein absoluter Insulinmangel und ein erhöhter Blutzuckerspiegel vorliegen.

Ein Diabetes mellitus Typ 2 hat sich entwickelt. Ein manifester Diabetes liegt bei folgenden Plasma-Glukosewerten vor:

  • Nüchtern-Plasmaglukose von ≥ 126 mg/dl (7,0 mmol/l)
  • Gelegenheits-Plasmaglukosewert ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l)
  • oGTT-2-h-Wert im venösen Plasma ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l)

Nüchternwerte zwischen 100 bis 125 mg/dl (5,6 bis 6,9 mmol/l) können auf eine Vorstufe eines Diabetes (Prädiabetes) hindeuten, bei der schon erhöhte Blutzuckerspiegel zu messen sind, die aber noch unterhalb der Grenzen zum Diabetes liegen.

Fettstoffwechselstörung Kurz vor Ausbruch der Zuckerkrankheit oder nahezu zeitgleich entwickelt sich häufig eine Störung des Fettstoffwechsels (Dyslipidämie). Diese zeichnet sich durch erhöhte Triglycerid- Werte und erniedrigte HDL(High-Density Lipoprotein)- Cholesterinspiegel aus. Beides erhöht das Risiko für eine Arteriosklerose mit den Folgen eines Herzinfarkts und Schlaganfalls erheblich. Als Grenzwert für die Triglyceride gilt im Nüchternzustand höchstens 150 ml/dl. Das HDL-Cholesterin soll bei Männern über 40 mg/dl und bei Frauen über 50 mg/dl liegen.

Bluthochdruck Die erhöhten Insulinspiegel sind auch bei der Entwicklung eines hohen Bluthochdrucks (Hypertonie) beteiligt. Zum einen aktiviert Insulin das sympathische Nervensystem und wirkt damit gefäßverengend, was eine direkte blutdruckerhöhende Wirkung nach sich zieht. Zudem werden bei einem Diabetes in der Niere vermehrt Wasser und Natrium zurückgehalten, wodurch erhöhte Blutdruckwerte begünstigt werden. Ein hoher Blutdruck liegt bei Werten über 130/85 mm HG vor. In Kombination mit erhöhten Blutfettwerten kann er die Entstehung arteriosklerotischer Gefäßveränderungen fördern und zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen.

Ernährung und Bewegung Erster und entscheidender Schritt in der Behandlung des Metabolischen Syndroms ist eine Veränderung der Lebensgewohnheiten, die vor allem eine Gewichtsreduktion und verstärkte regelmäßige körperliche Aktivität beinhaltet. Auf diese Weise kann es gelingen, den Bauchumfang zu reduzieren und die Blutfette, den Blutdruck sowie den Blutzucker im erforderlichen Ausmaß zu senken.

Medikamentöse Therapie Reichen eine Ernährungsumstellung und vermehrte Bewegung nicht aus, um die angestrebten Zielwerte zu erreichen, können zusätzlich Arzneimittel zum Einsatz kommen. Dabei werden vor allem Präparate aus den Gruppen der Antihypertonika, Antidiabetika und Lipidsenker verwendet. Insbesondere bei der Regulierung des Lipidstoffwechsels kann die Naturmedizin einen bedeutenden Beitrag leisten, wobei sich insbesondere Phytotherapeutika mit Artischocke und Knoblauch bewährt haben.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/16 ab Seite 148.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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