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Repetitorium

EPILEPSIE – TEIL 3

Wie wirken Antiepileptika überhaupt, welche Medikamentengruppen gibt es? Was ist bei einem akuten Epilepsieanfall zu tun? Worauf ist in der Beratung besonders zu achten? Diese Fragen beantwortet dieser letzte Repetitoriumsteil.

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Antiepileptika, besser Antikonvulsiva genannt, sollen Epilepsie- Anfälle verhindern. Sie sollen die Krampfschwelle erhöhen, ohne die sonstige motorische Erregbarkeit herabzusetzen. Dies kann erreicht werden, indem die Erregbarkeit von Neuronen gehemmt wird und/oder die räumliche Ausbreitung der Erregung eingedämmt wird. Dazu muss die Leitfähigkeit der Zellmembran beeinflusst werden, was über Ionenkanäle oder spezielle Rezeptoren erreicht werden kann.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Konzentration von Neurotransmittern im Extrazellularraum zu beeinflussen, indem die Wiederaufnahme oder Metabolisierung variiert wird. Besonders bedeutsam ist die Beeinflussung, insbesondere Hemmung, spannungsabhängiger Natrium (Na+)-Kanäle sowie die des GABAergen Systems. Der GABAA-Rezeptor ist sehr weit im Gehirn und Rückenmark verbreitet und der wichtigste hemmende Rezeptor im zentralen Nervensystem (ZNS).

Weitere Wirkmechanismen erschließen sich über den T-Typ-Ca2+-Kanal, die Glutamatinhibition sowie über Vesikelproteine. Eine Reihe von Antiepileptika greift auch an mehreren Stellen an, was die Unterschiede im Wirkungs- und Nebenwirkungsspektrum mit erklärt.

Vorwiegend Natriumkanalblockierer Viele Antikonvulsiva, insbesondere Carbamazepin sowie dessen Analoga Oxcarbazepin, Rufinamid und Eslicarbazepinacetat, aber auch Valproinsäure, Phenytoin, Lamotrigin, Lacosamid sowie der Wirkstoff Zonisamid wirken vorwiegend auf spannungsabhängige Na+-Kanäle.

Carbamazepin hat sich außer als Antiepileptikum auch bei Trigeminusneuralgie, bei neuropathischen Schmerzen, zur Prophylaxe bei Manisch-Depressiven sowie zur Anfallsverhütung bei einem Alkoholentzug bewährt. Als Nebenwirkungen wird – besonders bei Therapiebeginn – häufiger über Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Brechreiz, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Sehstörungen geklagt. Dadurch kann die Fähigkeit schnell zu reagieren, beeinträchtigt sein – und damit die Fahrtüchtigkeit. Bei bestimmten Herzrhythmusstörungen (AV-Block) sowie bei Leberfunktionsstörungen ist Carbamazepin kontraindiziert.

Oxcarbazepin, das 10-Keto-Analogon von Carbamazepin, ist besser verträglich und ersetzt es deshalb zunehmend. Eslicarbazepinacetat ist ebenfalls ein Antiepileptikum mit einer dem Carbamazepin vergleichbaren Struktur und wird als Zusatztherapie bei Erwachsenen angewandt, kommt also ausschließlich in Kombination mit anderen Antikonvulsiva zum Einsatz. Die therapeutische Tagesdosis wird hier nur ein Mal täglich eingenommen. Wie auch bei anderen Antiepileptika wird bei einer Beendigung der Anwendung eine schrittweise Dosisverringerung empfohlen, um ein mögliches Ansteigen der Anfallshäufigkeit zu minimieren.

Rufinamid, ebenfalls strukturverwandt mit Carbamazepin oder Oxcarbazepin, ist ein Zusatztherapeutikum zur Behandlung von Anfällen beim Lennox-Gastaut-Syndrom, auch schon bei vierjährigen Patienten. Es sollte vorzugsweise mit dem Essen eingenommen werden, da Nahrung die Bioverfügbarkeit um circa ein Drittel und die maximale Plasmakonzentration um mehr als die Hälfte erhöht. Um Entzugsanfälle zu reduzieren, ist bei einem Absetzen des Medikaments das schrittweise Reduzieren (Ausschleichen) zwingend.

Die empfängnisverhütende Wirkung von oralen Kontrazeptiva (Antibabypillen) wird durch das Medikament deutlich reduziert, sodass Frauen im gebärfähigen Alter eine weitere oder andere Empfängnisverhütungsmethode nahezulegen ist.

Valproinsäure (Valproat) verfügt über ein sehr breites Wirkspektrum und wird aufgrund seiner weitgehend guten Verträglichkeit auch heute noch gerne als Mittel der ersten Wahl eingesetzt. Es wirkt nicht nur Na+-Kanal-blockierend, sondern erhöht auch die synaptische GABA-Konzentration. Die Bioverfügbarkeit ist hoch, Nahrung kann allerdings die Aufnahme verzögern. Als Nebenwirkungen werden zentralnervöse Störungen, insbesondere Schläfrigkeit, Verwirrtheit, Unruhe, Halluzinationen, ferner Magen-Darm-Beschwerden, reversibler Haarausfall, Gewichtszunahme und Gerinnungsstörungen hervorgehoben.

WEITERE MEDIKAMENTE
2008 erhielt Lacosamid die europäische Zulassung für Zusatzbehandlungen fokaler Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Epileptikern ab 16 Jahren. Die orale Resorption liegt bei nahezu 100 Prozent, unabhängig von der Nahrungsaufnahme. Das Cytochrom P 450-System wird nicht beeinflusst. Allerdings ist eine häufige Nebenwirkung eine Verlängerung des PR-Intervalls, sichtbar im Elektrokardiogramm (EKG), wodurch gelegentlich AV-Blöcke, also durchaus lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen mit Ausfall der Erregungsleitung zwischen Vorhof und Herzkammer, auftreten. Erst 16 Jahre nach der Erstzulassung in Japan wurde im Jahr 2005 Zonisamid in Europa zugelassen – als Zusatztherapie (Add-on). Der Wirkmechanismus ist bis heute nicht vollständig geklärt. Als sehr häufige Nebenwirkungen kommen Anorexie (Magersucht), Agitiertheit, Reizbarkeit, Verwirrungszustände, Depression, Gedächtnisbeeinträchtigungen, Schläfrigkeit und Doppeltsehen vor. Vor allem bei Kindern ist vermindertes Schwitzen beschrieben, mitunter mit der Folge eines Hitzschlages.

Zwar äußerst selten, aber durchaus tödlich sind Leberfunktionsstörungen, die vor allem im Kleinkindalter auftreten. Äußerste Vorsicht sollte bei einer Gabe weiterer Antikonvulsiva walten (Kombinationstherapie). Phenytoin ist – da 1938 eingeführt – das älteste, nichtsedierende Antikonvulsivum. Es hat eine breite Wirksamkeit, ist sowohl bei – fokal beginnenden – generalisierenden sowie gernalisierten tonisch-klonischen Anfällen (Grand mal) als auch bei einfachen (etwa Jackson-Anfällen) und komplexen fokalen Anfällen anwendbar.

Dosisabhängige unerwünschte Wirkungen treten allerdings bei etwa einem Drittel aller Anwender auf. Relativ häufig als Nebenwirkung kommt eine kosmetisch störende Zahnfleischwucherung (Gingivahyperplasie) vor. Etwa zehn Prozent der Anwender klagen über eine übermäßig starke Behaarung (Hypertrichose), auch allergische Hautreaktionen, Osteoporose und Osteomalazie (schmerzhafte Knochenerweichung, durch Vitamin-D- und Kalzium-Mangel ausgelöst) kommen vor.

Bei zu hoher Dosierung sind Gangataxie, eine Störung der Bewegungskoordination, Schwindel sowie Nystagmus, also unkontrolliertes rhythmisches Nicken, ferner verwaschene Sprache und Erregungszustände beschrieben. Aufgrund der Verstoffwechselung und Beeinflussung der Proteinbindung ist die Zahl der Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sehr hoch.

Lamotrigin ist seit 1993 als neueres Antiepileptikum (NAED) auf dem Markt. Seine Bioverfügbarkeit ist sehr hoch. Die Hauptnebenwirkung ist ein Ausschlag bis hin zu lebensbedrohlichen Hautreaktionen, wobei die Wahrscheinlichkeit des Auftretens bei vorsichtiger Auftitration des Wirkstoffs stark verringert ist. Bei Kindern unter zwei Jahren ist der Wirkstoff kontraindiziert. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Nieren- und Leberinsuffizienz.

Vorwiegend GABA-Verstärker Die Wirkstoffe Phenobarbital, Primidon, Vigabatrin und Tiagabin, aber auch die als Antiepileptika verwendeten Benzodiazepine (Clobazam, Clonazepam, Diazepam, Lorazepam) verstärken primär die Wirkung von Gamma-Aminobuttersäure (GABA), dem wichtigsten inhibitorischen Transmitter, der die neuronale Aktivität im zentralen Nervensystem kontrolliert.

Abgesehen von Kaliumbromid ist Phenobarbital dabei das älteste, heute noch eingesetzte Antiepileptikum. Hauptindikation sind dabei Grand-Mal- und juvenile myoklonische Anfälle (Impulsiv-Petit-Mal). Die starke Sedierung – schließlich führte die Firma Bayer Phenobarbital 1912 ursprünglich als Schlafmittel ein – ist der häufigste unterwünschte Effekt, gerade bei Therapiebeginn. Die eingeschränkte Reaktionsfähigkeit in Beruf und Verkehr muss bedacht werden. Daneben sind Ataxie, Konzentrationsmangel, Reizbarkeit, aber auch schwere Hautreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom) als mögliche schwerere Nebenwirkungen zu beachten. Zudem weist der Wirkstoff starke enzyminduzierende Effekte auf.

Primidon wurde in den 1950er-Jahren in den Markt eingeführt, wobei sich später herausstellte, dass es faktisch eine Art Prodrug von Phenobarbital ist. Insofern ähneln sich Indikationen und Nebenwirkungen sehr. Bei psychomotorischen und myoklonischen Anfällen soll es allerdings besser als Phenobarbital sein. Lang wirksame Benzodiazepine dienen in erster Linie zur akuten Unterbrechung eines epileptischen Geschehens (Status epilepticus), zur Überbrückung krisenhafter Anfallssituationen oder zum vorübergehenden Ersatz anderer Antiepileptika, zum Beispiel bei einer auftretenden Allergie. Nur in Ausnahmefällen kommen sie zur Langzeitbehandlung zum Tragen, da ihre Wirkstärke bei Dauertherapie erheblich abnimmt.

Vigabatrin steht in Deutschland seit 1992 als Zusatztherapeutikum bei einzelnen speziellen Formen der Epilepsie beziehungsweise sonst therapieresistenten Fällen zur Verfügung. Da bei 40 Prozent der behandelten Erwachsenen bleibende Gesichtsfeldausfälle beobachtet wurden, wird der Wirkstoff nach anfänglich breiterer Anwendung nur noch in ausgesuchten, wohlabgewogenen Fällen eingesetzt.

Das auf dem Reißbrett entwickelte Tiagabin kam 1997 als Zusatztherapeutikum auf den Markt. In Deutschland wurde die Vermarktung des Wirkstoffs zum November 2013 aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt, kann jedoch per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz auf ärztliche Verschreibung aus anderen europäischen Ländern weiterhin eingeführt werden.

Akuter Epilepsieanfall – Erste Hilfe Ein akuter epileptischer Anfall macht Sofortmaßnahmen notwendig. Deshalb ist wichtig zu wissen: Während eines epileptischen Anfalls erleidet ein Betroffener keine Schmerzen. Die Anfälle hören meist von allein wieder auf. Es besteht jedoch eine hohe Verletzungsgefahr durch Stürze und unkontrollierte Bewegungen. Dies sollte deshalb minimiert werden. Den Patienten weg von Bordstein oder Tischkanten legen, enge Kleidungsstücke lockern, ihn nach dem Anfall in die stabile Seitenlage bringen und Notruf absetzen sind die wichtigsten Tipps für die Erste Hilfe.

Auf keinen Fall sollte dem Betroffenen Gegenstände zwischen die Zähne geschoben oder dieser gewaltsam festgehalten werden. Ein stets lebensbedrohender Grand-mal-Status epilepticus erfordert eine sofortige intravenöse Therapie mit Benzodiazepinen (bevorzugt Lorazepam, alternativ Diazepam oder Clonazepam) durch den Notarzt. Kommt es zu einer starken Atemdepression, muss beatmet werden. Bei Unwirksamkeit des Benzodiazepins wird Phenytoin als Bolus und anschließend als Dauerinfusion unter EKG-Überwachung verabreicht. Zusätzlich kann immer noch ein Benzodiazepin (Clonazepam, Midazolam) oder Valproinsäure als intravenöse Dauerinfusion gegeben werden.

Epilepsie und Schwangerschaft In der überwiegenden Mehrheit verlaufen auch diese Schwangerschaften völlig komplikationslos. Werden im Vorfeld, währenddessen und auch danach einige wichtige Aspekte beachtet, lässt sich das mögliche Risiko auf ein Minimum reduzieren. Schließlich ist der Einsatz so mancher Antiepileptika – insbesondere der klassischen wie Carbamazepin, Valproinsäure, Phenytoin, Primidon, Phenobarbital – mit einem Risiko für angeborene Fehlbildungen in unterschiedlicher Schwere assoziiert: Herzfehler, Neuralrohrdefekte, Lippen- Kiefer-Gaumenspalten, Skelettanomalien, Dysmorphien des Mittelgesichts, Missbildungen der Harnwege, Defekte an Fingern und Zehen sind am häufigsten.

Zudem ist seit nicht allzu langer Zeit bekannt, dass Valproat dosisabhängig intelligenzmindernd wirkt. Das Fehlbildungsrisiko wird allerdings gesenkt, wenn Antikonvulsiva in Monotherapie und niedrig wirksamer Dosierung über den Tag verteilt verabreicht werden. Auf Valproinsäure sollte dabei – wenn irgend möglich – verzichtet werden. Bevorzugt für eine Schwangerschaft werden heute die neueren Antikonvulsiva (NAED), insbesondere Lamotrigin.

Die Weichen hingegen müssen schon vor Beginn der Schwangerschaft gestellt werden: Ganz wichtig ist die Empfehlung einer hochdosierten Folsäuresubstitution vor und während der Schwangerschaft. Folsäuremangel, bedingt durch die eingenommenen Antikonvulsiva, kann ein zusätzlicher Faktor für Fehlbildungen darstellen. Zur Vermeidung von Blutgerinnungsstörungen ist auch die prophylaktische Vitamin-K-Gabe in den letzten Schwangerschaftswochen für Mutter und nach der Geburt für das Neugeborene meist sinnvoll.

Umgekehrt muss bedacht werden, dass gerade die Antiepileptika, die Induktoren des Cytochrom-P-450-Enzymsystems sind, am Abbau oraler Kontrazeptiva beteiligt sind und deshalb zur Vermeidung einer ungewollten Schwangerschaft zusätzliche Verhütungsmaßnahmen notwendig werden.

ZUSATZINFORMATIONEN
Weitere Wirkmechanismen
Noch ganz andere Wirkmechanismen weisen die Antiepileptika Gabapentin (Zulassung 1995), Pregabalin (Zulassung 2004), Topiramat (Zulassung 1998), Felbamat (Zulassung 1995), Ethosuximid (Zulassung 1951) und Mesuximid (Zulassung 1957), Levetiracetam (Zulassung 2000), Retigabin (EU-Zulassung 2011) sowie Sultiam (Deutschland Zulassung 1960) und Perampanel (EU-Zulassung 2012) auf.

Gabapentin wurde als Spasmolytikum geplant, dann wurde die antikonvulsive Wirkung entdeckt. Hierbei ist es Reservemittel und wird gerne auch zur Therapie neuropathischer Schmerzen eingesetzt. Eine Interaktion mit anderen Antiepileptika ist bisher nicht festgestellt worden. Auch für Pregabalin wurde bei in-vivo-Studien keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Wechselwirkungen mit anderen Antiepileptika festgestellt. Es wird als Zusatztherapeutikum verwandt sowie zur Behandlung neuropathischer Schmerzen und bei generalisierten Angststörungen.

Topiramat wird bei fokalen sowie generalisierten Epilepsien als Mono- oder Zusatztherapie verordnet. Felbamat ist nur zur „Add-on“-Therapie von Patienten mit refraktärem Lennox-Gastaut-Syndrom zugelassen, wenn keine alternative Behandlung mehr zu Verfügung steht. Blutbild und Tramsaminasenkontrollen sind aufgrund teilweise lebensbedrohlicher Nebenwirkungen (Bluterkrankungen, Leberfunktionsstörungen) sehr engmaschig erforderlich.
 
Bei der Entstehung von Absencen, also wenige Sekunden anhaltenden Bewusstseinsstörungen spielen Ca2+-Kanäle vom T-Typ eine wichtige Rolle. Hier ist Ethosuximid (und etwas weniger intensiv Mesuximid) wirksam und gilt neben Valproinsäure als Mittel der Wahl. Levetiracetam stellt aufgrund der meist guten Verträglichkeit und der zumindest anfangs guten Effektivität eine Alternative zu anderen Antiepileptika dar. Auch sind keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln bekannt und aufgrund der Eigenschaften auch wenig wahrscheinlich.

Retigabin ist Zusatztherapeutikum bei fokalen Krampfanfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen über 18 Jahren. In Deutschland wurde es seitens der Herstellerfirma nach negativer Beurteilung des Zusatznutzens gegenüber den Vergleichssubstanzen Lamotrigin und Topiramat Mitte 2012 zunächst vom Markt genommen. Gleiches gilt für den erst im Juli 2012 EU-weit für die Zusatztherapie fokaler Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Epilepsiepatienten ab zwölf Jahren zugelassen Wirkstoff Perampanel (siehe Repetitoriumsteil 2).

Sultiam, eigentlich eines der ältesten Antikonvulsiva, wurde erst Ende der 1980er Jahre wiederentdeckt und vorwiegend bei einer bestimmten gutartigen Epilepsieform im Kindesalter, die große Selbstheilungstendenzen aufweist (Rolando-Epilepsie) eingesetzt. Ansonsten ist es eher ein Antiepileptikum der dritten Wahl und wird häufig auch mit anderen Mitteln kombiniert.

Beratung und Schulung

In der Beratung von Epileptikern in der Apotheke ist das Problem der Non-Compliance, der mangelnden Therapietreue mit regelmäßiger Medikamenteneinnahme, ganz wesentlich – wie überhaupt bei vielen chronischen Krankheiten. Bei Epilepsie kommt erschwerend hinzu, dass wegen der nicht vorhersehbaren und auch ohne Behandlung oft nur in größeren Abständen auftretenden Symptomatik, für die Betroffenen Sinn und Effektivität der Therapie schwerer zu erfassen ist.

Ihre Wirkung entfalten die Antikonvulsiva allerdings nur dann, wenn sie wirklich regelmäßig wie verordnet eingenommen werden. Insofern sollte in der Apotheke eine intensive Beratung zur Medikation und zu einem verbesserten Einnahmeverhalten erfolgen.

Hierzu gehört auch, Betroffene eingehend über die möglichen Krankheits- und Therapiebezogenen Einschränkungen, etwa Fahreignung, Arbeit mit gefährlichen Geräten, sowie Risiken wie die Gefahr von Ertrinkungsunfällen oder Frakturen im Anfall, zu informieren. Immer wieder muss darauf hingewiesen werden, anfallsfördernde Faktoren wie Schlafentzug oder Alkoholgenuss möglichst zu meiden. Vielen Betroffenen hilft auch eine begleitende Sozialberatung.

Ferner ist wichtig: Die Notwendigkeit zusätzlicher Verhütungsmaßnahmen bei betroffenen Frauen im gebärfähigen Alter, die gleichzeitig die „Pille“ nehmen, muss vom pharmazeutischen Personal bei vielen Antikonvulsiva im Beratungsgespräch erwähnt werden. Und die Patienten sollten darauf hingewiesen werden, dass selbst beim Auftreten schwerer Nebenwirkungen ein plötzliches Absetzen der Antiepileptika nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen darf, da es sonst zu Entzugsanfällen bis hin zu einem lebensgefährlichen Status epilepticus kommen kann.

2 Tabellen mit Nebenwirkungen und Hauptwirkmechanismen von Antiepileptika finden Sie hier.

Hier kommen Sie zum ersten Teil der Artikelreihe, Teil 2 finden Sie hier.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/14 ab Seite 68.

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