PTA-Fortbildung 07/11

BAUCHSCHMERZEN

Stellen Sie sich vor, ein Kunde klagt in der Apotheke über Bauchweh und möchte wissen, was sich alles dahinter verbergen kann. Was können Sie ihm darauf antworten?

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Kaum ein Symptom kann auf so viele unterschiedliche Krankheiten hinweisen wie der Bauchschmerz. Er entsteht, wenn durch Erkrankungen, Verletzungen, organische Veränderungen oder manchmal auch ohne nachweisbare Ursache Schmerzreize aus dem Bauchraum oder der Umgebung zum Gehirn geleitet werden. Je nach Art des Schmerzreizes unterscheidet man somatische und viszerale Schmerzen. Der somatische Schmerz ist eher schneidend und hell, außerdem gut lokalisierbar. Man kennt ihn als Oberflächenschmerz der Haut oder als Tiefenschmerz, der von Muskeln, Gelenken, Knochen oder Bindegewebe ausgeht. Auch Kopfweh ist ein typischer Tiefenschmerz. Im Bauchraum entsteht er, wenn Nerven aus der Bauchwand, dem äußeren Bauchfell oder dem Bereich hinter den Eingeweiden gereizt werden.

Der viszerale, also der von den inneren Organen ausgehende Schmerz, ist dagegen eher dumpf und bohrend, wellenförmig, krampfartig und nicht genau zu lokalisieren. Häufig strahlt er in die Umgebung aus. Im eigentlichen Funktionsgewebe der Organe selbst befinden sich so gut wie keine Schmerzrezeptoren. Die Nerven stammen aus der Organwand. Das schmerzempfindliche Gewebe reagiert meist auf Dehnung und Spannung, aber auch Kontraktionen und Mangeldurchblutung können Schmerzreize auslösen. Manchmal sind auch Chemorezeptoren am schmerzhaften Prozess beteiligt. Dies geschieht beispielsweise bei entzündlichen Reaktionen, die durch Mikroorganismen oder deren Toxine hervorgerufen werden.

Man kennt den viszeralen Schmerz von Magen-Darm-Infekten, als Wehenschmerz, aber auch als Reaktion auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Je nach Art des Schmerzes verhält sich der Betroffene ganz typisch. Bei somatischen Schmerzen verspürt er das Bedürfnis, sich hinzulegen, die Beine anzuziehen und eine Art Schonhaltung einzunehmen. Meist ist die Bauchdecke angespannt und der Bauch ist berührungsempfindlich. Viszeraler Schmerz dagegen wird durch Ruhe eher verstärkt. Umhergehen und Massieren des Bauches bessern die Beschwerden. Häufig wird bei viszeralen Schmerzen gleichzeitig das vegetative Nervensystem aktiviert. Daher werden sie oft von anderen Symptomen, wie Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen und Unruhe begleitet.

Zu viel Säure im Magen Eine gesunde Magenschleimhaut bildet jeden Tag etwa zwei bis drei Liter Magensaft. Er besteht aus verschiedenen Bestandteilen. Für die Magensäure sind die Belegzellen zuständig. Sie sezernieren Protonen, die sich dann extrazellulär mit Chloridionen zu Salzsäure zusammen lagern. Auch der für die Vitamin-B12-Resorption notwendige Intrinsic Factor wird von den Belegzellen produziert. Die Nebenzellen bilden alkalischen Schleim zum Schutz des Epithels. Die Hauptzellen dagegen stellen Pepsinogene her, die Vorstufen verschiedener eiweißspaltender Enzyme, die als Pepsine bezeichnet werden.

Stehen diese schützenden und aggressiven Bestandteile des Magensaftes nicht im Gleichgewicht, dann sind schmerzhafte Läsionen der Magenschleimhaut die Folge. Zunächst kommt es zu einer Entzündung der Magenschleimhaut, der Gastritis. Man unterscheidet akute und chronische Formen. Die akute Gastritis entsteht in der Regel durch die Einwirkung schleimhautschädigender Substanzen, wie Alkohol, Bakterientoxine oder nichtsteroidale Antirheumatika. Symptome einer akuten Gastritis sind Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit, Aufstoßen, häufig auch Appetitlosigkeit und Erbrechen.

Die Bauchschmerzen werden manchmal fehlgedeutet und dem Herzen zugeordnet, weil sie bis hinter das Brustbein ausstrahlen können. Sie werden nach dem Essen zunächst besser, um dann nach kurzer Zeit mit der alten Heftigkeit zurückzukehren. Nach Beseitigung der Ursache heilt die akute Gastritis normalerweise auch ohne Behandlung wieder vollständig aus. Zur Linderung der Beschwerden sind Phytopharmaka, beispielsweise mit Pfefferminze, Kamille oder Melisse, oder aber Antazida geeignet.

Im Gegensatz zur akuten Gastritis handelt es sich beim Reizmagen um subjektive Beschwerden in der Magengegend, bei denen keine organischen Schäden vorliegen. Auslöser sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien und psychische Einflüsse, wie zum Beispiel Stress. Auch hier eignen sich Phytopharmaka, die den Magen beruhigen.

Bei der chronischen Gastritis unterscheidet man je nach Ursache drei verschiedene Formen. Die Typ-A-Gastritis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Antikörper gegen die Belegzellen des Magens gebildet werden. Bei der Typ-B-Gastritis ist der Magen mit Helicobacter pylori besiedelt, die zur Entzündung führen. Es ist die häufigste Form der chronischen Gastritis. Die Auslöser für eine Typ-C-Gastritis sind über längere Zeit einwirkende chemische Noxen, wie Alkohol, nichtsteroidale Antirheumatika, Glukokortikoide und Rauchen. Die chronische Gastritis verläuft in den meisten Fällen eher symptomarm und unspezifisch. Es können aber auch Symptome einer akuten Gastritis auftreten, dann spricht man von einer aktiven chronischen Gastritis. Mögliche Komplikationen der chronischen Gastritis sind Magenblutungen und eine erhöhte Wahrscheinlichkeit an Magenkrebs zu erkranken.

Ein Magengeschwür ist ein gutartiger Defekt der Magenwand. Neben der Schleimhaut sind hier auch tiefere Wandschichten des Magens betroffen. Ist das Geschwür im Magen lokalisiert, spricht man von Ulcus ventriculi. Als Ulcus duodeni bezeichnet man ein Geschwür des Zwölffingerdarms. Letztere kommen etwa fünfmal häufiger vor. Das Duodenum ist der Darmabschnitt, der dem Magen folgt. Hier ist der Speisebrei zunächst noch stark sauer und reizend. Wie bei der Gastritis ist die grundlegende Ursache ein Missverhältnis zwischen schleimhautschützenden und -zerstörenden Faktoren.

Beim Ulcus duodeni gilt das Mitwirken von Helicobacter pylori als gesichert, beim Ulcus ventriculi als wahrscheinlich. Das Bakterium kann im sauren Magenmilieu überleben, weil es mit Hilfe des Enzyms Urease Harnstoff zu Ammoniumionen und Kohlendioxid umwandeln kann. Die Ammoniumionen lösen Entzündungen der Magenschleimhaut aus. Außerdem kommt es zu einer Mehrproduktion von Salzsäure und Pepsin, was die Schutzmechanismen der Schleimhaut überfordert. Da jedoch viele Menschen dieses Bakterium in sich tragen, aber nicht alle erkranken, spielen zusätzlich weitere Faktoren eine Rolle. So kann man beispielsweise bei hohem Kaffeekonsum ein vermehrtes Auftreten der Ulcera sowie ein Verstärken der Symptome feststellen. Auch die dauerhafte Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika ohne gleichzeitigen Magenschutz, Rauchen, ein hoher Kochsalzkonsum und psychische Faktoren wie Stress und eine depressive Grundhaltung gelten als Auslöser.

Männer bekommen generell häufiger ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür als Frauen. Die Beschwerden reichen von Oberbauchschmerzen und Appetitlosigkeit zu Magenblutungen, die man manchmal als schwarzen Stuhl wahrnehmen kann, und Erbrechen als Zeichen einer Narbenbildung im Magen. Ähnliche Symptome kann allerdings auch das Magenkarzinom verursachen.

Der Einfluss der Nahrungsaufnahme auf Magengeschwüre ist sehr unterschiedlich. Während bei einem Teil der Patienten die Symptomatik verstärkt wird, wirkt sich die Aufnahme von Lebensmitteln bei anderen sogar schmerzlindernd aus. Durch den Blutverlust kann es auf Dauer zur Anämie kommen. Eine sehr gefährliche Komplikation ist der Durchbruch des Geschwürs, entweder in die Bauchhöhle oder in ein benachbartes Organ. Zum Schutz der Magenschleimhaut bei chronischer Gastritis und als Prophylaxe bei der längerfristigen Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika, aber auch bei vorhandenen Magen- und Duodenalgeschwüren werden Protonenpumpeninhibitoren , wie Omeprazol und Pantoprazol, H2-Rezeptorenblocker, wie Cimetidin und Ranitidin, Antazida und das Prostaglandin- E2-Derivat Misoprostol eingesetzt. Misoprostol darf wegen seiner kontrahierenden Wirkung auf die Gebärmutter keinesfalls während der Schwangerschaft gegeben werden.

Durch die Gabe von H2-Blockern in Kombination mit Antibiotika kann der Besiedelung mit dem Bakterium Helicobacter pylori entgegengewirkt und das erneute Auftreten der Erkrankung verhindert werden. Bei der Typ A-Gastritis muss der Intrinsic Factor gespritzt werden, da die Belegzellen ihn nicht mehr bilden können. Eine spezielle Diät bei Magenproblemen wird heute nicht mehr empfohlen. Die Patienten können alles essen, was sie vertragen. Ballaststoffarme Schonkost ist als Ulkusdiät nachweislich unwirksam. Lediglich scharfe Gewürze und ein übermäßiger Kaffeekonsum sollen vermieden werden. Als Richtlinie gelten maximal zwei Tassen Kaffee (auch entkoffeinierter) pro Tag. Natürlich sollte das Rauchen aufgegeben und Stress abgebaut werden.

Probleme im Darm Der Dünndarm gliedert sich in die drei Abschnitte Duodenum, Jejunum und Ileum. Seine Aufgabe ist die Durchmischung des Speisebreis mit den Verdauungsenzymen der Bauchspeicheldrüse, der Weitertransport sowie die Resorption. Die Dünndarmschleimhaut produziert täglich zweieinhalb bis drei Liter eines alkalischen und schleimreichen Sekrets. Der Schleim überzieht die Darmzotten und schützt sie vor den Proteasen und dem sauren Speisebrei, der aus dem Magen kommt. Im Dickdarm wird der Darminhalt weiter durchmischt, eingedickt und gespeichert, bis er über den letzten Darmabschnitt, das Rektum, abgegeben wird.

Sowohl eine verzögerte wie auch eine beschleunigte Darmpassage, Obstipation und Diarrhö, können zu Schmerzen im gesamten Bauchbereich führen. Bei Verstopfung werden Quellstoffe, Osmolaxanzien und motilitätsbeeinflussende Arzneistoffe angewandt. Zur Therapie bei Durchfall kommen hauptsächlich Elektrolyt-Glukose-Mischungen, Loperamid und die Uzarawurzel zum Einsatz.

Zu einem Darmverschluss (Ileus) kann es durch Verlegung des Darmlumens, beispielsweise durch Tumoren oder Gallensteine, Verdrehungen des Darmes oder narbige Verwachsungen kommen. Der Darminhalt kann dann nicht mehr weiter transportiert werden. Symptome sind krampfartige Bauchschmerzen, ein aufgeblähter Bauch und Erbrechen, teilweise sogar Erbrechen von Darminhalt. Es kommt zu einer massiven Wasser- und Elektrolytverschiebung im Darm und dessen Umgebung. Darmkeime durchdringen die Darmwand und erreichen andere Organe. Unbehandelt kommt es nach kurzer Zeit zum septischen oder toxischen Kreislaufschock mit Multiorganversagen. Ein Ileus ist akut lebensbedrohlich und macht einen sofortigen Krankenhausaufenthalt erforderlich.

Die Darmgase, die normalerweise durch das Rektum ausgeschieden werden, haben ein Volumen von etwa 700 Milliliter pro Tag. Sie stammen zum Teil von den Darmbakterien, die unverdaute Faserstoffe teilweise abbauen und dabei Kohlendioxid, Methan und Wasserstoffgas bilden. Bestimmte Lebensmittel, wie Bohnen und Kohl, können den Gasausstoß um das Zehnfache steigern. Man spricht dann von Geblähtsein (Meteorismus) und Blähungen (Flatulenz). Auch Blähungen können Bauchschmerzen, die in seltenen Fällen bis in den Brustraum ausstrahlen, hervorrufen. Der unangenehme Geruch der Darmgase ist auf flüchtige Schwefelverbindungen aus dem bakteriellen Eiweißabbau zurückzuführen. Bei Blähungen wirken Carminativa, wie Simeticon, und pflanzliche Zubereitungen mit Kümmel, Anis oder Fenchel.

Unter dem Begriff chronisch-entzündliche Darmerkrankungen werden die Krankheitsbilder von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn zusammengefasst. Die Colitis ulcerosa beginnt zunächst im Rektum und breitet sich dann kontinuierlich weiter in den Dickdarm aus. Die Krankheit tritt schubweise auf. Symptome sind Bauchschmerzen, Darmblutungen sowie Durchfälle, die schleimig und blutig sein können. Komplikationen dieser Erkrankung sind das toxische Megakolon, ein lebensbedrohlicher Zustand mit stark erweiterten Darmabschnitten, aufgetriebenem Bauch und Anzeichen eines beginnenden Darmverschlusses, außerdem ein erhöhtes Darmkrebsrisiko bei Patienten mit langjähriger Erkrankung.

WANN ZUM ARZT?
Nicht mit jedem Bauchschmerz müssen Sie Ihre Kunden sofort zum Arzt schicken. Es gibt allerdings ein paar Alarmsignale, auf die Sie achten sollten:
+ Die Schmerzen werden von heftiger Übelkeit, Erbrechen oder Fieber begleitet.
+ Auch vegetative Begleiterscheinungen, wie Schwitzen, Schwindel oder erhöhter Puls, sprechen
   für ein ernst zu nehmendes Geschehen, wie eine Bauchspeicheldrüsenentzündung oder ein
   Blinddarmdurchbruch.
+ Die Bauchschmerzen halten über längere Zeit an, verschlimmern sich oder treten immer wieder 
   auf.

Auch der Morbus Crohn verläuft schubweise, kann jedoch den ganzen Gastrointestinaltrakt, von Mund bis Anus, betreffen. Die Entzündungen treten meist in einzelnen Abschnitten des Darmes auf und betreffen alle Schichten der Darmwand. Symptome sind kolikartige Schmerzen, Durchfall und leichtes Fieber. Mögliche Komplikationen sind Fisteln und Abszesse im Darm sowie auch hier, ein erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Die Behandlung von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn gehört in die Hände des Arztes, der den akuten Schub mit Glukokortikoiden oder ggf. mit Immunsuppressiva und nach Abklingen der Symptome mit Aminosalizylaten (Mesalazin und Sulfasalazin) behandelt.

Das Reizdarmsyndrom(RDS) oder irritable bowel syndrome (IBS) ist die am häufigsten diagnostizierte funktionelle Magen- Darm-Erkrankung. Leitsymptome sind Bauchschmerzen, Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten. Manche Patienten leiden eher an Durchfällen, andere an Verstopfung, bei einer dritten Gruppe kommt beides abwechselnd vor. Ein Wechsel zwischen diesen drei Formen ist möglich. Es kann auch zu Schleimauflagerungen auf dem Stuhl und einem sichtbar aufgeblähten Bauch kommen. Die Beschwerden verschlimmern sich oftmals nach den Mahlzeiten und bessern sich nach dem Stuhlgang. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Die Ursache des RDS ist nicht genau geklärt. Es scheinen mehrere Mechanismen daran beteiligt zu sein. Interessant ist die viszerale Hypersensitivitätshypothese, nach der RDS-Patienten empfindlicher als Gesunde auf normale Verdauungsvorgänge reagieren. Dies könnte die Folge einer Entzündung sein, die „schlafende“ Schmerzrezeptoren aktiviert. Diese werden dann, auch nach Abklingen der Entzündung, bereits durch normale physiologische Reize, wie beispielsweise die Dehnung der Darmwand, gereizt.

Das Ausmaß der Beschwerden kann sehr unterschiedlich sein, sodass eine große Zahl Betroffener damit gar nicht zum Arzt geht. Sinnvoll ist ein Arztbesuch dennoch, denn er kann andere mögliche Erkrankungen ausschließen. Je nach Beschwerden werden Laxanzien, Antidiarrhoika und Spasmolytika, manchmal auch kombiniert mit Schmerzmitteln, eingesetzt. Der Arzt kann in schwereren Fällen trizyklische Antidepressiva oder Serotonin-Wiederaufnahme- Hemmer verordnen. Sie wirken nicht nur auf das Gehirn psychomotorisch dämpfend, sondern beim Reizdarmsyndrom auch auf den Darm beruhigend und schmerzstillend.

Eine Blinddarmentzündung oder genauer gesagt die Entzündung des kleinen Wurmfortsatzes des Blinddarmes (Appendizitis) äußert sich in den meisten Fällen durch Bauchschmerzen, die im rechten Unterbauch zu spüren sind. Häufig steigt die Temperatur auf etwa 39 °C. Der Schmerz verstärkt sich beim Gehen, besonders wenn das rechte Bein angehoben wird. Die Blinddarmentzündung kann in jedem Alter vorkommen und erfordert eine rasche Behandlung im Krankenhaus.

Gefahr im Pankreas Die Bauchspeicheldrüse hat nicht nur eine endokrine Funktion, nämlich die Produktion von Insulin und Glukagon, sie hat auch exokrine Aufgaben. In den pankreatischen Azinuszellen werden stärke- und fett- sowie eiweißspaltende Enzyme gebildet, letztere als inaktive Vorstufen, die dann erst im Darm durch Enterokinasen aktiviert werden. Der vom Pankreas sezernierte Saft besteht zu etwa 90 Prozent aus diesen Verdauungsenzymen, wobei die proteolytischen Enzyme den größten Anteil ausmachen. An schmerzhaften Erkrankungen des Pankreas ist vor allem die Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die Pankreatitis, bekannt. Man unterscheidet auch hier eine akute und eine chronische Form.

Bei der akuten Pankreatitis werden die proteolytischen Enzyme vorzeitig, nämlich noch in den Azinuszellen, aktiviert. Das Pankreasgewebe verdaut sich dadurch selbst. In den meisten Fällen ist eine Abflussbehinderung, beispielsweise durch einen Gallenstein, in der gemeinsamen Mündung von Ductus choledochus (Hauptgallengang) und Ductus pankreaticus (Pankreasausführungsgang) die Ursache.

Um der Ursache für Bauchschmerzen auf die Spur zu kommen, ist eine gezielte Ursachenforschung nötig. Foto: © Tomaz Levstek / www.iStockphoto.com

Auch ein akuter extremer Alkoholkonsum kann zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit zur Schädigung von Pankreaszellen führen und dadurch eine akute Pankreatitis auslösen. Die Entzündung verursacht starke Oberbauchschmerzen. Eines der proteolytischen Enzyme, das Trypsin, kann gefäßaktive Substanzen freisetzen, die die Gefäßpermeabilität erheblich steigern. Dadurch können aktivierte Verdauungsenzyme in Lunge und Niere gelangen. Es kann zu lebensbedrohlichen Verläufen mit Nierenversagen, Atmungsinsuffizienz, Blutdruckabfall und Schockzuständen kommen.

Die chronische Pankreatitis wird vor allem durch langjährigen Alkoholmissbrauch hervorgerufen. Ethanol und seine Abbauprodukte schädigen die Azinuszellen direkt. Gleichzeitig wird aber auch eine Veränderung der Sekretzusammensetzung diskutiert, die ähnlich wie bei der akuten Pankreatitis den Abfluss des Pankreassaftes behindert. Es ist aber bei weitem nicht jeder, der an einer chronischen Pankreatitis erkrankt, ein Alkoholiker. Bei etwa 25 Prozent der Erkrankten können genetische Faktoren, eine Autoimmunerkrankung oder unbekannte Ursachen zugrunde liegen. Die restlichen 75 Prozent sind tatsächlich auf chronischen Alkoholabusus zurück zu führen.

Umgekehrt erleiden nur etwa zwei bis drei Prozent der Menschen mit einem Konsum von 60 bis 80 Gramm reinem Alkohol pro Tag dieses Schicksal. Die Erkrankung verläuft schubweise und bleibt nicht selten über lange Zeit unerkannt. Typisch sind die rezidivierenden Oberbauchschmerzen. Durch die Schädigung der Azinuszellen kommt es zur Pankreasinsuffizienz. Vor allem die Fettverdauung ist gestört. Es kommt zu Gewichtsverlust und Fettstühlen. Erst bei fortgeschrittener Schädigung, wenn das Pankreasgewebe zu mehr als 90 Prozent zerstört ist, tritt auch ein Diabetes mellitus auf. Bei der Therapie muss zunächst die zugrunde liegende Erkrankung berücksichtigt werden.

Im Falle der alkoholischen Pankreatitis muss auf Alkohol verzichtet werden. Dennoch kann sich die Bauchspeicheldrüse im fortgeschrittenen Stadium nicht wieder vollständig regenerieren. Der Arzt wird bei einer exokrinen Pankreasinsuffizienz, wenn nötig, Verdauungsenzyme verordnen. Sie enthalten Lipasen, Amylasen und Proteasen. Da jedoch Kohlenhydrate und Eiweiße auch von im Darm lokalisierten Enzymen gespalten werden können, liegt der Schwerpunkt auf den Lipasen. Die Enzyme müssen zu den Mahlzeiten eingenommen werden. Eine fettarme Ernährung soll heute nicht mehr empfohlen werden, da es den Gewichtverlust begünstigt.

Steine in der Galle Die Leber produziert unter anderem täglich einen halben bis eineinhalb Liter Gallenflüssigkeit, auch einfach nur Galle genannt. Diese Flüssigkeit besteht aus Wasser, Gallensäuren, Kaliumsalzen, Phospholipiden, Cholesterol und Bilirubin, dem Abbauprodukt des Blutfarbstoffes Hämoglobin.

Die Leber selbst ist nicht schmerzempfindlich, die Gallenblase dagegen schon. Hierhin wird die Gallenflüssigkeit von der Leber aus geleitet. Die Gallenblase hat eine Reservoirfunktion und entzieht der Galle Wasser, sodass sie auf etwa zehn bis 20 Prozent ihres ursprünglichen Volumens eingedickt wird. Die Galle dient der Fettverdauung. Durch die Gallensäuren werden die Fette in der Nahrung zu kleinen Tröpfchen mit entsprechend großer Oberfläche emulgiert und damit für die wasserlöslichen Lipasen überhaupt erst angreifbar. Die häufigste Erkrankung der Gallenblase ist das Gallensteinleiden, die Cholelithiasis. In den westlichen Industrieländern entwickeln etwa zehn bis 15 Prozent der Erwachsenen Gallensteine. Frauen sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Mit zunehmendem Alter, vor allem ab dem 40. Lebensjahr, steigt die Gefahr daran zu erkranken. Weitere Risikofaktoren sind Adipositas, cholesterinreiche Ernährung, Schwangerschaft, Diabetes mellitus und eine genetische Disposition. Der Großteil der Gallensteine besteht aus Cholesterin, ein kleiner Teil aus Bilirubin. Die Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit bewegt sich normalerweise in sehr engen Grenzen. Steigt der Cholesterinanteil und/oder vermindert sich der Anteil an Gallensäuren, dann stimmt das Mischungsverhältnis nicht mehr. Die Galle ist mit Cholesterin übersättigt und es kristallisiert aus.

Die Steine können sich in der Gallenblase oder im Gallengang bilden. In den meisten Fällen verläuft dies zunächst symptomlos oder es kommt zu geringfügigen Schmerzen, nur bei etwa einem Viertel der Betroffenen kommt es zu kolikartigen Schmerzen im rechten Oberbauch. Meist geschieht dies nach fettreichem Essen oder über Nacht. Klemmen sich die Gallensteine jedoch ein und behindern den Abfluss der Galle, kann es jederzeit zu heftigen Koliken, also krampfartigen Schmerzen, und auch zu Entzündungen kommen. Die Schmerzen strahlen manchmal bis in den Rücken oder die rechte Schulter aus. Sie dauern mindestens 15 Minuten, können aber auch mehrere Stunden anhalten.

Typisch sind auch Schmerzen auf Druck im rechten Oberbauch, ein allgemeines Krankheitsgefühl, Übelkeit und Erbrechen, eventuell Gelbsucht, heller Stuhl und erhöhte Leberwerte. Gallensteine, die keine Probleme verursachen, bedürfen auch keiner Behandlung. Bei einer Kolik besteht die Therapie aus Nahrungskarenz, Schmerzmitteln und Spasmolytika. Solche Infektionen stellen nach dem reinen Gallensteinleiden die zweitfäufigste Form von Erkrankungen des Gallensystems dar.

Die Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) entsteht zu etwa 90 Prozent durch eine Verlegung der Gallenwege durch Gallensteine oder Gallengries. Die mechanische Reizung der Gallenblasenwand und die gleichzeitige chemische Schädigung durch aufgestaute Gallensäuren erleichtern das Eindringen von Keimen. In diesen Fällen sind zusätzlich Antibiotika indiziert.

Unverträglichkeiten im Magen-Darm-Trakt Manchmal sind es auch Lebensmittel, die nicht vertragen werden und zu Bauchschmerzen führen. So handelt es sich bei der Laktoseintoleranz um eine Milchzuckerunverträglichkeit. Zugrunde liegt ein Mangel des Enzyms Laktase, das für die Spaltung des Disaccharids Laktose in Glukose und Galaktose benötigt wird. Bei der häufigsten Form des primären Laktasemangels, dem physiologischen Laktasemangel, geht die Fähigkeit, das Enzym zu bilden, irgendwann nach dem Abstillen ganz oder teilweise verloren.Dies ist eigentlich ganz normal, denn die Natur hat es nicht vorgesehen, dass erwachsene Säugetiere Milch trinken. Daher sind fast alle Menschenrassen davon betroffen. Lediglich der größte Teil der Bevölkerung Europas und Nordamerikas behält diese Fähigkeit.

Der sekundäre Laktasemangel tritt als Begleiterscheinung einer anderen Darmerkrankung auf. Ohne Laktase bleibt der Milchzucker im Darm und lässt osmotisch bedingt Wasser ins Darmlumen einströmen. Es kommt zur osmotischen Diarrhö mit Übelkeit, Bauchschmerzen oder sogar Koliken. Ein Teil der Laktose kann aber auch durch Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren, Kohlendioxid und Wasser gespalten werden. Dies verursacht Völlegefühl und Blähungen. Die Beschwerden treten kurz nach dem Genuss von Milch oder Milchprodukten auf. Je nach Schweregrad werden fermentierte Milchprodukte, die nur wenig Laktose enthalten, wie Jogurt, Kefir oder Quark, relativ gut vertragen, ebenso Butter und gereifter Käse. Die Therapie liegt in einer laktosearmen oder -freien Diät. Es kann auch das Enzym Laktase zu den Mahlzeiten eingenommen werden.

Bei der Glutenenteropathie liegt eine Unverträglichkeit gegenüber dem Kleberprotein Gluten vor, das in einigen Getreidesorten, wie Weizen, Gerste, Roggen und Hafer, vorkommt. Bei Kindern spricht man von Zöliakie, bei Erwachsenen von Sprue. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der der Darm auf Gluten mit einer Atrophie der Darmzotten reagiert. Dadurch verringert sich die Oberfläche des Darmes. Es kommt zu Malabsorption, das heißt, aus der Nahrung kann weniger resorbiert werden. Die Folge sind Mangelzustände, chronische Durchfälle, Übelkeit, Erbrechen, fehlender Appetit und Bauchschmerzen. Bei einer Glutenenteropathie muss lebenslang auf glutenhaltige Nahrungsmittel verzichtet werden.

AKUTES ABDOMEN
Heftige, akut auftretende Bauchschmerzen mit Spannung der Bauchmuskulatur und Anzeichen eines Schocks werden vom Arzt als akutes Abdomen bezeichnet. Sie weisen stets auf eine lebensbedrohliche akute Erkrankung im Bauchraum hin.

Nur bei Frauen Ist es eine Kundin, die über Bauchschmerzen klagt, so kann es sich auch um eine Erkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane handeln. Am häufigsten sind es die krampfartigen Unterbauchschmerzen, die während der Menstruationsblutung auftreten. Man bezeichnet sie als Dismenorrhö. Uterusfehlbildungen oder psychische Faktoren, wie unerfüllter Kinderwunsch oder Konfliktsituationen in der Partnerschaft, können zugrunde liegen. Häufig ist jedoch keine konkrete Ursache auszumachen.

Bei etwa zehn Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter findet man eine Endometriose. Dabei kommt es zur Bildung von Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter. Dies kann zu chronischen Unterbauchschmerzen, aber vor allem zu schmerzhaften Regelblutungen führen, denn die verstreute Schleimhaut reagiert genauso auf den Hormonabfall und beginnt ebenfalls zu bluten. Die Therapie der Dismenorrhö richtet sich nach der Ursache. Gegen die Schmerzen helfen krampflösende Analgetika. Einen Versuch wert ist außerdem die „Heiße Sieben“ der Schüßler Salze.

Akute Bauchschmerzen können durch Ovarialzysten ausgelöst werden. Es sind sackartige, meist mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume an den Eierstöcken, die in der Regel gutartig sind. Reißt die Zyste ein, kommt es zu einem heftigen und einseitigen Unterbauchschmerz, der langsam abklingt. Der Gynäkologe entscheidet, ob die Zyste entfernt werden muss oder ob man deren Resorption abwarten kann.

Bauchschmerzen bei Kindern Sie gehören zu den häufigsten Beschwerden. Man schätzt, dass zehn bis 30 Prozent aller Schulkinder gelegentlich daran leiden. Meist treten die Schmerzen phasenweise auf, dazwischen sind die Kinder beschwerdefrei. Über die Ursachen der Bauchschmerzen ist wenig bekannt. Nur in etwa 10 Prozent der Fälle ist eine organische Ursache, wie beispielsweise eine Entzündung, zu finden. Offenbar spielen auch psychische Faktoren, wie Ängstlichkeit, Alltagsstress, Depressivität oder negative Ereignisse, eine Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung dieser Schmerzen. Wenn organische Erkrankungen ausgeschlossen werden können, sollte der Arzt versuchen, im Gespräch individuelle Ursachen zu ermitteln. In vielen Fällen ohne erkennbare körperliche oder psychische Ursache hat sich die Umstellung auf eine Ernährung mit hohem Ballaststoffanteil bewährt.

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/11 ab Seite 30.

Sabine Bender, Apothekerin, Redaktion

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