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PTA-Fortbildung 03/16

NUR NICHT AUSSITZEN

Juckreiz und Bluten am Po können Anzeichen für ein Hämorridalleiden sein. Leichte Beschwerden werden mit Salben und Zäpfchen behandelt. In schweren Fällen wird der Arzt die Gefäßpolster veröden, abbinden oder operieren.

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Hämorridalleiden gehören in den Industrienationen zu den häufigsten Erkrankungen. Man spricht mit Recht von einer Volkskrankheit. Während man früher davon ausging, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland im Laufe des Lebens Erfahrungen mit Hämorriden macht, liegen neuere Schätzungen weit höher. Vermutlich werden bis zu 80 Prozent der Bevölkerung irgendwann in ihrem Leben mit hämorridalen Komplikationen konfrontiert.

Am Beginn der Erkrankung steht meist ein von langem Pressen begleitetes Stuhlentleerungsverhalten, wie man es von der chronischen Obstipation kennt, oder ein falsches Stuhlverhalten mit unnötigem Nachpressen. Übergewicht und überwiegend sitzende Tätigkeiten verstärken das Problem, sind aber nicht ursächlich verantwortlich. Eine genetische Veranlagung spielt vermutlich auch eine Rolle. Auch wenn die Häufigkeit der Hämorriden mit steigendem Alter zunimmt, schützt Jugend allein nicht vor deren Entstehung.

Junge Menschen, die an Hämorriden leiden, weisen meist mehrere Risikofaktoren wie Fehlernährung, Übergewicht und Bewegungsarmut auf. Eine ballaststoffarme Kost kann der Anfang der Krankheitsentstehung sein. Die Fehlernährung führt zu langen Sitzungen auf der Toilette, das Pressen bedingt die Entstehung der Hämorriden und das Übergewicht verstärkt die Problematik durch Überlastung der Beckenbodenmuskulatur. Auch in der Schwangerschaft tritt das Problem durch das größere Blutvolumen, die Gewichtszunahme und den dadurch erhöhten Druck im Beckenbereich, vermehrt auf.

Nach der Geburt heilen die Hämorriden in aller Regel spontan wieder ab. Die Bereitschaft der Menschen mit dieser Erkrankung einen Arzt oder die Apotheke aufzusuchen und darüber zu reden, ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Dennoch ist es noch immer vielen Betroffenen peinlich. Fragen Sie Ihre Kunden, die nach Hämorridensalbe oder -zäpfchen verlangen, ob es sich um eine Eigendiagnose handelt oder ob sie schon mal mit ihrem Arzt darüber gesprochen haben. Manchmal können sich hinter den vermeintlich typischen Symptomen andere Krankheiten verbergen, die vom Arzt ausgeschlossen werden müssen. So können Blutauflagerungen auf dem Stuhl in seltenen Fällen ein Hinweis auf Darmkrebs sein. Dann ist eine frühzeitige Diagnose unter Umständen lebensrettend.

Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt, er kann gegebenenfalls zum Spezialisten, dem Proktologen, überweisen. Die Untersuchung wird als Proktoskopie bezeichnet und ist bei korrekter Durchführung nicht schmerzhaft. Nur wenn andere Erkrankungen, wie beispielsweise Analfissuren, bestehen, kann die Untersuchung mit Schmerzen verbunden sein. Eine Darmspiegelung ist selbstverständlich auch nicht nötig, denn die Untersuchung findet im Bereich der letzten Zentimeter des Dickdarmes statt.
 

SIND HÄMORRIDEN SCHMERZHAFT?
Schmerzen sind in den Stadien I bis III eines Hämorridalleidens eher selten, denn die Darmschleimhaut enthält keine Nerven und ist dadurch schmerzunempfindlich. Wenn es weh tut, ist dies meist auf eine zusätzlich bestehende Fissur zurückzuführen, die auch tiefere Hautschichten erfasst. Solche Fissuren findet man bei der Mehrzahl der Hämorriden zweiten oder höheren Grades. Im Stadium IV, wenn die Gefäßpolster dauerhaft in den Analkanal eingetreten und dort eingeklemmt sind, sind Schmerzen allerdings keine Seltenheit.
 

Jeder Mensch hat sie Der Analkanal, der sich von der Analöffnung ausgehend etwa zwei bis fünf Zentimeter weit erstreckt, wird nach außen von zwei konzentrischen Muskeln umschlossen. Über den inneren stülpt sich der äußere Schließmuskel, der aus der Beckenbodenmuskulatur hervorgeht. Er kann kurzfristig oder länger anhaltend kontrahiert werden. Dies wird reflektorisch gesteuert, kann aber auch willentlich beeinflusst werden. Der innere Schließmuskel hält einen Dauertonus aufrecht und entspannt sich nur durch zunehmende Füllung des Rektums.

Zusätzlich befindet sich unter der Darmschleimhaut ein ringförmig angelegtes arteriovenöses System von Schwellkörpern, das sind die Hämorriden. Jeder Mensch hat sie und braucht dieses Gefäßpolster, denn es dient der Feinabdichtung des Darms nach außen. Bei angespanntem innerem Schließmuskel sind die Schwellkörper mit Blut gefüllt und verhindern so, dass Stuhlgang passieren kann. Das Bedürfnis, die Toilette aufzusuchen, macht sich erst bemerkbar, wenn die Nervenenden im Mastdarm dem Gehirn signalisieren, dass genügend Stuhl vorhanden ist. Der innere Schließmuskel erhält dann das Signal zu erschlaffen.

Das Blut fließt aus dem Hämorridalpolster ab, der Verschluss entfällt und der Stuhl kann nach draußen gelangen. Hämorriden sind also nichts krankhaftes, sondern sie erfüllen eine wichtige Funktion. Erst wenn diese Gefäße durch die genannten Ursachen anschwellen und sich knotenartig verdicken, entsteht das, was man umgangssprachlich als Hämorriden bezeichnet. Treten damit verbunden Beschwerden auf, handelt es sich um ein Hämorridalleiden.

Vier Stadien Man teilt das Hämorridalleiden in verschiedene Schweregrade oder Stadien ein. Werden Hämorriden nicht rechtzeitig und richtig behandelt, schreitet das Leiden fort. Zu Beginn der Erkrankung, in Stadium I, sind die Gefäßkissen leicht vergrößert und wölben sich in den Analkanal vor. Der Betroffene kann Juckreiz oder Brennen verspüren. Der Arzt kann die Hämorriden in diesem Zustand bei einer rektal-digitalen Untersuchung noch nicht ertasten. Sie sind nur proktoskopisch, also im Rahmen einer Analspiegelung, zu sehen.

Dabei zeigen sich die Hämorriden als knotige, prallelastische Wülste. Durch die übermäßige Füllung können Hämorriden in diesem frühen Stadium aber bereits einreißen. Dies passiert meist während des Stuhlgangs oder direkt danach. Dann findet sich hellrotes Blut auf dem Toilettenpapier oder aufgelagert auf dem Stuhl. Die Blutung muss nicht bei jedem Stuhlgang auftreten. Hämorriden zweiten Grades prolabieren beim Pressen, das bedeutet, sie fallen in den Analkanal vor. Manchmal sind die prolabierenden Hämorriden von außen sichtbar, dann spricht man von einem Analprolaps. Anschließend ziehen sie sich jedoch von alleine wieder zurück. Man bezeichnet dies als spontane Reposition.

Im Stadium II verlieren die Hämorriden bereits ihre Funktion für den Feinverschluss des Anus. Dann gehen immer wieder kleine Mengen Flüssigkeit, Schleim oder Stuhl ab, die als Verunreinigung in der Wäsche zu sehen sind. Die Sekrete reizen aber auch die empfindliche Haut im Analbereich, was Juckreiz auslösen kann. Hämorriden dritten Grades unterscheiden sich von denen zweiten Grades nur dadurch, dass sie sich nach der Defäkation nicht spontan zurückziehen. Sie müssen von Hand reponiert werden. Auch nach starker körperlicher Anstrengung können sie in den Analkanal vorfallen. Sie erzeugen häufig das Gefühl einer unvollständigen Entleerung.

Durch die chronische Reizung im prolabierten Zustand können an der Oberfläche schmerzhafte Zellveränderungen entstehen. Hämorriden vierten Grades sind nicht mehr zu reponieren. Hier haben sich die Hämorrhoiden so stark vergrößert, dass sie die gesamte Innenauskleidung des Afters nach außen schieben. Es sind wulstige Knoten, die fast immer von Schleimfluss und Stuhlschmieren begleitet werden und die Analhygiene erschweren. Die Beschwerden sind allerdings nicht unbedingt von der Größe der Hämorriden abhängig. Es muss auch nicht zwangsläufig zur Blutung kommen. Ohne Reizung bluten selbst sehr stark vergrößerte Hämorriden nicht. Gereizte oder blutende Hämorriden sind allerdings auch ein Infektionsrisiko.
 

»Nicht langes Sitzen, sondern langes Sitzen auf der Toilette ist die Ursache des Hämorridalleidens.«
 

Differenzialdiagnosen Unter diesem Begriff versteht man Erkrankungen mit identischen oder ähnlichen Symptomen, die ausgeschlossen werden müssen. Wenn es im Afterbereich schmerzt, juckt oder blutet, müssen nicht immer Hämorriden die Ursache sein. Die Haut rund um den Darmausgang ist sehr empfindlich. Es kann leicht zu Reizungen, Verletzungen oder Entzündungen anderer Ursache kommen. So können am Afterrand oder auch im Analkanal Analvenenthrombosen, auch Perianalthrombosen genannt, entstehen.

Dabei entsteht ein Blutgerinnsel, das innerhalb weniger Stunden zu einer hochschmerzhaften Schwellung bis Pflaumengröße heranwachsen kann. Eine inzwischen veraltete Bezeichnung dafür ist „äußere Hämorriden“. Heute weiß man, dass sich das Geschehen gar nicht in den Gefäßpolstern, also den eigentlichen Hämorriden, abspielt. Als Auslöser für eine Analvenenthrombose gilt überwiegend sitzende Tätigkeit, starkes Pressen bei der Defäkation, aber auch allgemein große körperliche Anstrengung, wie schweres Heben, exzessives Fahrradfahren oder Joggen. Meist sind Männer betroffen. Diese Form der Thrombose ist zwar sehr schmerzhaft, aber ungefährlich. Sie ist nicht zu vergleichen mit der oft lebensbedrohlichen tiefen Beinvenenthrombose.

Salben und Zäpfchen mit Lokalanästhetika, wie sie auch bei Hämorriden eingesetzt werden, lindern die Schmerzen. Das geronnene Blut wird auch ohne Therapie langsam resorbiert und die Schwellung geht zurück. Es kann eine kleine Hautfalte, eine Mariske, zurückbleiben Größere Blutgerinnsel kann der Arzt unter lokaler Betäubung entfernen.

Marisken sind schlaffe, hautfarbene Läppchen oder Knoten direkt an der Afteröffnung. Sie können einzeln oder zu mehreren vorkommen und treten mit zunehmendem Alter immer häufiger auf. Ihre Größe variiert, von stecknadelkopfgroßen Erhebungen bis zu kirschgroßen Hautzipfeln. Bei der Defäkation können sie durch starkes Pressen wie Hämorriden zu prallen Knoten anschwellen, weshalb man auch sie früher als äußere Hämorriden bezeichnet hat. Dies ist jedoch ebenso irreführend wie bei den Analvenenthrombosen, es besteht kein Zusammenhang zu den Gefäßpolstern im Inneren des Analkanals.

Solange Marisken keine Beschwerden verursachen, ist auch keine Behandlung notwendig. Ab einer gewissen Größe werden sie jedoch als störend empfunden und erschweren die Analhygiene. Durch zu intensive Hygienemaßnahmen können sie sich zudem entzünden und dann brennen oder jucken. Dann sollten Sie entfernt werden. Nicht wenige Menschen haben beides, Hämorriden und Marisken.

Unter einer Analfissur versteht man einen Einriss in der sehr empfindlichen Haut des Analkanals. Der Einriss und die anschließende Geschwürbildung rufen starke Schmerzen hervor, besonders beim Stuhlgang. Auch hier findet sich hellrotes Blut auf dem Toilettenpapier. Die Ursachen der Analfissur sind nicht genau bekannt. Man weiß jedoch, dass die Einrisse durch Obstipation und starkes Pressen bei der Defäkation begünstigt werden. Auch anhaltender Durchfall und ein Hämorridalleiden fördern die Erkrankung.

Manchmal ist die Analfissur auch die Folge einer Grunderkrankung, wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Neben den spontanauftretenden Fissuren und den auf anderen Erkrankungen basierenden (sekundäre) unterscheidet man akute und chronische Formen. Akute Fissuren heilen meist innerhalb weniger Tage bis Wochen wieder ab, insbesondere wenn die Betroffenen auf eine gute Analhygiene achten und viel trinken sowie genügend Ballaststoffe zu sich nehmen, um ihren Stuhlgang weich zu halten.

Heilt der Riss nicht vollständig ab und bildet sich gleichzeitig eine Narbe, kommt es zur chronischen Fissur. Die Narbe kann sehr wulstig werden und muss unter Umständen operiert werden. Analpolypen bilden sich aus den Analpapillen, das sind kleine Erhöhungen, die sich am Übergang zwischen Analkanal und Mastdarm befinden. Ursache sind entzündliche Prozesse in der Umgebung der Analpapillen. Auch Analfissuren oder Hämorriden können die Auslöser sein. Die Polypen können so groß werden, dass sie beim Stuhlgang prolabieren.

Beschwerden machen sie in der Regel nicht, sie können aber die Verschlussfunktion des Afters beeinträchtigen. Werden sie dabei eingeklemmt, kann dies starke Schmerzen verursachen und zu häufigem Stuhldrang führen. Analpolypen müssen unbedingt behandelt werden, weil es sonst zu Abszessen und zur Fistelbildung kommen kann. Es werden entzündungshemmende Salben und Zäpfchen eingesetzt. Vergrößerte Polypen müssen operativ abgetragen werden. Eine Analfistel ist ein röhrenförmiger Kanal, der meist zwei Öffnungen hat, eine primäre Öffnung im Analkanal und eine sekundäre in der Haut.

Ist die Fistel akut entzündet, so tritt eitrig-seröses Sekret oder Blut aus. Meist ist die Analfistel die Folge eines nicht abgeheilten Abszesses im Analbereich. Darmdivertikel sind Ausstülpungen der Darmschleimhaut. Sie treten vor allem an strukturell schwachen Stellen auf, das können beispielsweise Gefäßlücken in der Darmwand sein. Etwa 90 Prozent findet man in den unteren Dickdarmabschnitten. Normalerweise machen Divertikel keine Probleme, sie können sich jedoch entzünden, bluten und starke Schmerzen verursachen. Sind zahlreiche solcher Darmdivertikel vorhanden, spricht man von einer Divertikulose. Entzünden sie sich, handelt es sich um eine Divertikulitis.

Feigwarzen oder Kondylome sind kleine, stecknadelkopfbis mehrere Zentimeter große, gutartige Gewebswucherungen. Manchmal können sie auch zu blumenkohlartigen Gebilden zusammenwachsen. Häufige Begleiterscheinungen sind Juckreiz und Nässen. Feigwarzen werden durch eine Infektion mit humanen Papillomaviren hervorgerufen. Man findet sie meist in großer Zahl an den Geschlechtsteilen, am After und im Enddarm. Sie gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten. Bestimmte HPV-Typen können zu Krebs der Geschlechtsorgane und des Afters führen.

Das Analkarzinom ist ein bösartiger Tumor im Analkanal. Es kann durch humane Papillomaviren ausgelöst werden oder die Folge anderer sexuell übertragbarer Krankheiten, wie AIDS oder Genitalherpes sein. Risikofaktoren sind die chronisch- entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Analkarzinome neigen zu frühzeitiger Metastasierung.
 

HÄMORRIDENFREUNDLICHE ERNÄHRUNG
Weisen Sie Ihre Kunden darauf hin, wie wichtig es ist, ballaststoffreich zu essen und auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Reicht eine Ernährungsumstellung alleine nicht aus, können Sie die tägliche Einnahme von Quellmitteln, wie Flohsamen oder Leinsamen, empfehlen. Dies sorgt für einen regelmäßigeren Stuhlgang und hält den Stuhl weich. Eine ausreichende Menge weichen Stuhls im Rektum bewirkt durch die reflektorische Abnahme des Tonus des inneren Schließmuskels eine Senkung des Ruhedrucks im Analkanal. Dadurch wird der Blutabfluss aus den Hämorriden erleichtert.
 

Jedes Stadium ist therapierbar Hämorriden der ersten beiden Stadien lassen sich gut im Rahmen der Selbstmedikation mit geeigneten Salben und Zäpfchen und zusätzlich diätetisch behandeln. So kann das weitere Fortschreiten der Erkrankung zumindest verlangsamt werden. Operiert werden üblicherweise nur die Stadien III und IV. Selbst nach einer Operation ist das Ernährungsverhalten wichtig, sonst kann das Leiden erneut auftreten.

Die Basis jeder Hämorridentherapie ist allerdings richtiges Stuhlverhalten und eine gute Analhygiene. Lange Sitzungen auf der Toilette mit starkem Pressen sollten unbedingt vermieden werden, denn dies führt zu einem erhöhten Druck auf die Hämorriden. Unterstützen kann man dies durch Bewegung und sportliche Betätigung. Übergewichtige sollten versuchen, ihr Normalgewicht zu erreichen, auch dies vermindert den Druck auf die Hämorriden. Daneben ist eine sorgfältige Hygiene in der Analregion wichtig.

Nach dem Stuhlgang sollte der After mit lauwarmem Wasser ohne Seife gereinigt und vorsichtig trocken getupft werden. Das Toilettenpapier darf nicht zu hart sein, sonst reizt es die Afterregion. Angefeuchtete Einmalwaschlappen sind gut geeignet, sogenannte Feuchttücher können durch enthaltene Hilfsstoffe zu Reizungen führen. Zu flüssiger Stuhl hat übrigens ebenfalls einen ungünstigen Einfluss. Er führt zu Schleimhautirritationen und kann die Symptome eines bestehenden Hämorridalleidens verstärken.

Topische Behandlung Wenn Sie in der Apotheke Kunden zum Thema Hämorriden beraten, ist es wichtig, dieses Thema mit viel Fingerspitzengefühl anzugehen. Manche Kunden möchten gar nicht darüber reden, andere sind verunsichert, weil sie vielleicht Blut in der Wäsche, auf dem Toilettenpapier oder auf dem Stuhl entdeckt haben. Sie befürchten vielleicht, an Darmkrebs erkrankt zu sein. Raten Sie zum Arztbesuch, aber erklären Sie ihnen, dass hellrote Blutauflagerungen in den meisten Fällen von Hämorriden oder Analfissuren stammen.

Schwarzer Stuhl deutet auf eine Blutung im oberen Magen-Darm-Trakt hin, beispielsweise auf ein Magengeschwür. In jedem Fall ist es notwendig, vom Kunden wichtige Informationen zu erhalten, um die richtigen Empfehlungen geben zu können. Wenn der Betroffene noch nicht beim Arzt war, dürfen Sie ihm zwar etwas zur Linderung der Beschwerden mitgeben, müssen ihn aber darauf hinweisen, dass er möglichst bald zu Untersuchtung gehen soll. Generell stehen Salben, Cremes, Zäpfchen und Zäpfchen mit Mulleinlage zur Verfügung.

Die apothekenpflichtigen Hämorridenmittel enthalten als Wirkstoffe Lokalanästhetika wie Lidocain und Quinisocain oder entzündungshemmende und adstringierende Substanzen wie Hamamelisextrakt oder basisches Bismutgallat. Auch Rosskastanienextrakt und Zinkoxid werden eingesetzt. Lidocain gilt als Wirkstoff der ersten Wahl in der Selbstmedikation. Es wirkt schmerzlindernd sowie juckreizstillend und dient der schnellen Hilfe bei akuten Beschwerden. Die Wirkung tritt innerhalb weniger Minuten ein.

Lidocain steht in Form von Salben oder Zäpfchen zur Verfügung und eignet sich für die Behandlung akuter Beschwerden von Hämorridalleiden ersten und zweiten Grades. Die adstringierenden Substanzen haben keine schmerz- und juckreizstillende Wirkung. Sie wirken jedoch blutstillend und entzündungshemmend. Verschreibungspflichtige Präparate enthalten das Lokalanästhetikum Cinchocain oder eines der entzündungshemmend wirkenden Glukokortikoide Hydrokortisonacetat, Prednisolonacetat, Flucortolonpivalat und Fluocinonid. Cinchocain wird wegen seiner starken Wirkung gerne nach Operationen verordnet. Es zeichnet sich durch einen raschen Wirkungseintritt und eine lang anhaltende Wirkung aus.

Die Glukokortikoide hemmen die Entzündung und wirken auf diese Weise auch sehr gut juckreizstillend. Sie werden sowohl in Salben als auch Zäpfchen häufig mit Lidocain kombiniert. Hämorridensalben werden äußerlich mit der Hand auf das entzündete und juckende Areal aufgetragen und/oder mithilfe eines Applikators in den Analkanal eingebracht. Zäpfchen mit Mulleinlage haben im Vergleich zu normalen Zäpfchen den Vorteil, dass der Wirkstoff kontinuierlich über Stunden direkt am Ort der Erkrankung freigesetzt wird.

Durch die Mulleinlage kann ein verrutschtes Zäpfchen auch wieder richtig platziert werden. Hämorridensalben oder -zäpfchen werden generell ein- bis drei Mal täglich bevorzugt nach dem Stuhlgang angewendet. Vorher sollte der Afterbereich vorsichtig gereinigt werden. Sinnvoll ist es auch, beschwerdefreie Zeiten oder die Phase nach einer Operation in die Behandlung mit einzubeziehen. Wenn die Analregion mit einem geeigneten Präparat gepflegt wird, erhöhen sich die Elastizität und die Widerstandsfähigkeit der empfindlichen Haut. So kann sich zum Beispiel ein Hautschutzkomplex aus Jojobawachs, gelbem Bienenwachs und Cetylstearylisononanoat über die erkrankte Region legen und vor erneuter Reizung, schützen.

Auch Analvorlagen sind geeignet zur umfassenden Analhygiene und gegen Verschmutzungen der Wäsche. Früher wurden häufig Analdehner verordnet, um vergrößerte Hämorriden zu behandeln. Heute weiß man, dass sie nichts gegen die Vergrößerung der Gefäßpolster ausrichten können. Sie kommen bei Hämorriden höchstens begleitend zum Einsatz. Sinnvoll sind sie dann, wenn sich der Schließmuskel verengt hat, beispielsweise bei ständig zu flüssigem Stuhl.

Auch bei einem Schließmuskelkrampf, wie er zum Beispiel bei einer Analfissur durch den ständigen Schmerz auftreten kann, eignet sich ein Analdehner. Denn sonst kann daraus ein Teufelskreis entstehen. Durch den verkrampften Schließmuskel ist stärkeres Pressen nötig, was wiederum den Riss vergrößern kann und zu stärkeren Schmerzen führt. Mit dem Analdehner kann auch Salbe in den After eingebracht werden.
 

WELCHER SPORT IST GEEIGNET?
Wandern, Schwimmen, Radfahren und Gymnastik belasten den Beckenboden nicht wesentlich und wirken vorbeugend gegen Hämorriden. Tennis, Joggen, Aerobic und Krafttraining sind dagegen Sportarten, die sich auf vergrößerte Hämorriden ungünstig auswirken, da der Druck auf den Beckenboden deutlich verstärkt wird. Vermeiden sollte man auch das Heben und Tragen schwerer Gegenstände im Alltag.
 

Veröden oder Abbinden Kleine und mittelgroße Hämorriden der Stadien I bis II können vom Arzt verödet werden. Bei dieser als Sklerotherapie bezeichneten Methode werden gewebeirritierende Arzneistoffe, beispielsweise Polidocanol- oder Zinkchloridlösung, unter die Schleimhaut gespritzt. Dies erzeugt eine lokale Entzündung mit nachfolgender Gewebeschrumpfung. So wird die Blutzufuhr gedrosselt und das Hämorridalpolster verkleinert sich. Komplikationen sind selten und meist die Folge einer falschen Injektionstechnik.

Bei Hämorriden ersten und zweiten Grades liegt die Erfolgsquote bei 50 bis 75 Prozent. Die Komplikationsrate ist mit weniger als einem Prozent gering, die Rezidivquote nach drei Jahren mit 68 Prozent jedoch hoch. Hämorriden dritten Grades lassen sich nicht mehr veröden, da sich die Gefäßknoten jetzt nach außen wölben und die Darmschleimhaut aus dem After austritt.

Die Gummibandligatur ist wahrscheinlich das älteste Behandlungsverfahren des Hämorridalleidens und in einfacherer Form schon aus dem Mittelalter bekannt. Dabei wird die Analschleimhaut an der Basis des Hämorridalknotens mit einer Pinzette oder mittels Vakuum in einen Applikator gesaugt und mit einem Gummiring abgebunden. So wird die Blutzufuhr unterbrochen und das Gewebestück stirbt ab. Nach etwa zehn Tagen wird der inzwischen nekrotische Knoten, meist mit etwas Blut, abgestoßen. Das zurückbleibende Geschwür heilt innerhalb weniger Wochen ab.

Richtig durchgeführt ist die Methode schmerzarm, der Patient verspürt nur ein leichtes Kneifen. Schmerzen können aber auftreten, wenn zusätzlich zur Schleimhaut darunter liegende Muskulatur mitabgebunden wird. Indiziert ist die Gummibandligatur vor allem bei Hämorriden ersten und zweiten Grades. Bei höhergradigen Hämorriden, die bereits aus dem After austreten, bleibt meist nur die Operation. Es besteht sonst die Gefahr, dass sich das Gewebe infiziert und ein Abszess oder eine Fistel entsteht.

Die Erfolgsquote der Gummibandligatur beträgt bei Hämorriden zweiten Grades nach fünf Jahren etwa 77 Prozent. Allerdings bleiben häufig hygienisch störende Marisken zurück, die bei Bedarf chirurgisch entfernt werden können.

Linderung zum Einnehmen Neu ist orales Therapeutikum aus 300 Milligramm pulverisierten roten Weinrebenblättern in Hartkapseln. Die Polyphenole des Weinlaubs haben eine entzündungshemmende und gefäßabdichtende Wirkung. Sie können alleine oder in Kombination mit Externa angewendet werden und sollen bei regelmäßiger Einnahme zu längerer Beschwerdefreiheit führen.

Operationen Bei der als Hämorridektomie bezeichneten Operation entfernt man unter Vollnarkose den Hämorridalknoten entweder mit oder ohne die darüber liegende Schleimhaut. Notwendig ist die Hämorridektomie bei Hämorriden dritten und vierten Grades sowie bei problematischen Hämorriden zweiten Grades. Eine Kontraindikation ist wegen der hohen Komplikationsrate Morbus Crohn.

Vier verschiedene Operationstechniken stehen heute im Vordergrund: Bei der Segment-Entfernung entfernt der Chirurg einzelne vorfallende Hämorriden. Man kann damit Hämorriden dritten und vierten Grades entfernen, wenn sie nicht zu groß sind. Es kommt zu relativ starken postoperativen Schmerzen. Das am weitesten verbreitete Verfahren ist die Stapler-Methode nach Longo. Dabei werden mit einem Spezialgerät, dem sogenannten Stapler, die Hämorriden mitsamt der überschüssigen Schleimhaut im Bereich des unteren Mastdarms ringförmig abgetrennt, zusammengerafft und vernäht.

Das Verfahren gilt als schonend und schmerzarm und kann als einziges auch ambulant durchgeführt werden. Zwar bleiben häufig störende Marisken zurück, Langzeitnachkontrollen zeigen jedoch eine hohe Zufriedenheit. Infektionen nach einer Operation sind selten. Bei der Afterkanal-Plastik schneidet der Chirurg Gewebe, das komplett nach außen gerutscht ist, aus und näht es wieder an seine ursprüngliche Stelle zurück. Der Eingriff ist sehr aufwändig und wird nur bei ausgeprägten Hämorriden eingesetzt. Die Komplikationsrate ist hoch.

Die HAL-Methode oder Hämorriden-Arterien-Ligatur ist eine relativ neue Technik. Weil zu hoher Druck einer Arterie die Hämorride verursacht, bindet man dieses Gefäß von oben ab. Dazu ortet man per Ultraschall den Hauptast der Arterie, schlingt mit einer gebogenen Nadel einen Faden eng um sie und zieht sie damit zusammen. So wird die Hämorride nur noch von den Seitenästen der Arterie versorgt. Der zu hohe Innendruck sinkt, die Hämorride schrumpft. Diese Technik eignet sich aber nur für kleinere Hämorriden bis zum zweiten Grad.

Durch die Dehnung des Anus während der Operation ist die Feinkontinenz in den ersten zwei Wochen bei allen Verfahren gestört. Über dauerhafte Probleme mit der Feinkontinenz berichten je nach Operationsmethode fünf bis 25 Prozent der Patienten. Ein häufigeres Problem ist die Stuhlverhaltung aufgrund der Angst vor postoperativen Schmerzen. Ambulant Operierte, die anschließend mit einem Opioid nach Hause entlassen werden, leiden hierunter wegen der obstipierenden Wirkung des Opioids häufiger als Patienten, die stationär in der Klinik bleiben und anders behandelt werden.

Therapiebedürftige Rezidive sind nach einer korrekt durchgeführten Entfernung der Hämorriden selten. Nicht komplett entfernte Hämorriden können sich jedoch rasch wieder vergrößern und einen weiteren Eingriff notwendig machen.

Sabine Breuer, Apothekerin / Redaktion

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