© Die PTA in der Apotheke
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Ein weibliches Thema

VAGINALMYKOSEN

Pilzerkrankungen im Intimbereich gehören zu den häufigsten Genitalerkrankungen. Drei Viertel aller Frauen leiden mindestens einmal im Leben darunter. Was ist bei der Beratung in der Selbstmedikation zu beachten?

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Nicht jede Frau kann klar unterscheiden, ob ihre Beschwerden im Schambereich auf eine Candida- Infektion in der Vagina oder eine bakterielle Ursache zurückzuführen sind. Seitdem die Therapie des Vaginalpilzes zum Großteil ohne vorherigen Arztbesuch stattfindet, ist die Bedeutung der ausführlichen Beratung in der Apotheke umso wichtiger. Auch wenn Vaginalmykosen zu den tabuisierten Themen gehören, können PTA oder Apotheker durch gezielte Fragen die wichtigsten Informationen ermitteln, um zu entscheiden, ob ein Arztbesuch angezeigt ist.

Typisch Pilz Klassischerweise äußert sich eine Pilzinfektion im Vaginalbereich in Form eines stark juckenden und brennenden Gefühls. Zusätzlich klagen Betroffene über vermehrten gelb-weißlichen, krümeligen Ausfluss. Dieser ist geruchlos, während der Fluor bei bakteriellen Infektionen als unangenehm riechend beschrieben wird. Die Schamlippen sind gerötet und geschwollen.

Selten verläuft eine Vulvovaginalmykose ohne diese typischen Beschwerden. Normalerweise sind die Symptome so charakteristisch, dass eine Frau sie bei wiederholtem Krankheitsgeschehen wiedererkennt. Dennoch hat eine Studie gezeigt, dass nur ein Drittel von 95 Frauen, die Antimykotika ohne Verordnung gekauft haben, tatsächlich eine Candidainfektion hatte. Die Auslöser für bakterielle Entzündungen sind häufig Staphylokokken oder Streptokokken des Typs A.

Scheidenbewohner Die Scheidenschleimhaut ist dicht besiedelt. Eine Vielzahl von Mikroorganismen lebt in einer fein austarierten Balance. Hauptbewohner sind die Milchsäurebakterien, auch Laktobazillen genannt. Sie bauen das von der Schleimhaut gebildete Glykogen zu Milchsäure ab und regulieren so den pH-Wert des Scheidenmilieus auf pH 4 bis 4,4.

Auslöser der Vaginalmykosen sind so genannte Candidakulturen, die auf jeder gesunden Haut vorkommen. Zusammen mit der vaginalen Mikroflora leben sie so lange friedlich nebeneinander, bis begünstigende Faktoren das Gleichgewicht stören. Entscheidend für den Ausbruch einer Pilzinfektion ist der Wechsel des pH-Werts des Scheidenmilieus. Verschiebt sich der pH-Wert durch eine Abwehrschwäche oder das Absterben der Laktobazillen aufgrund einer Antibiotikatherapie in den neutralen bzw. basischen Bereich, haben Candidakulturen ein leichtes Spiel.

Risikogruppen Eine Reihe von Medikamenten können Auslöser für eine Vaginalmykose sein. Dazu gehören Immunsuppressiva, orale Glukokortikoide und Antibiotika. Gerade wenn eine Patientin unter wiederkehrenden Beschwerden leidet, sollte ein Blick auf die Begleitmedikation der letzten Wochen gerichtet werden. Der Glukosegehalt in der Scheide ist ebenfalls ein entscheidender Faktor für eine Besiedlung mit Candidakeimen. Unter dem Einfluss von Estrogen steigt dieser an, sodass viele Infektionen prämenstruell oder während der Schwangerschaft auftreten und Mädchen vor der Menarche nur selten erkranken.

WANN ZUM ARZT?
Grundsätzlich empfiehlt die Leitlinie zur Behandlung der Vulvovaginalcandidose in folgenden Fällen per se den Gang zum Arzt:
+ Die Symptome treten zum ersten Mal auf.
+ Die Patientin ist unter 18 Jahre alt.
+ Die Symptome sind wiederkehrend, bereits öfter als viermal pro Jahr.
+ Die Patientin ist schwanger.
+ Die Symptome sind unklar, die Betroffen ist sich selbst nicht sicher, ob die Diagnose eindeutig ist.

Die Vermehrung der Erreger wird auch durch ständig erhöhte Blutzuckerwerte begünstigt, wie bei Diabetikerinnen. Äußere Faktoren fördern wiederkehrende Infekte: Das Tragen von String-Tangas reizt die Vaginalschleimhaut und transportiert Darmkeime in die Scheide. Übertriebene Genitalhygiene bringt immer wieder das natürliche Gleichgewicht der Scheidenflora durcheinander. Intimpiercings bieten Erregern Nischen, die nur schwer von antimykotischen Cremes erreicht werden. Seit kurzem ist in der Diskussion, ob Intrauterinspiralen, an denen Candida albicans adhärente Biofilme bildet, ebenfalls ein Risiko für wiederkehrende Hefepilzinfektionen der Scheide sind.

Pilze hat jeder Entgegen der landläufigen Befürchtung, eine Vaginalmykose sei ansteckend, sind Infektionen mit dem Hauptvertreter Candida albicans über äußere Kontakte, beispielsweise die Toilette, nicht möglich. Dieser Hefepilzstamm kommt auf der Haut vor und die Ansteckung erfolgt in der Regel über die eigenen Keime aus dem Magen-Darm-Trakt. Auch das Sperma des Partners kann mit dem gleichen Hefepilzstamm befallen sein.

Klinische Symptome treten aber erst bei einer Störung der Balance im Scheidenmilieu auf. Etwa jede zehnte Frau leidet unter rezidivierenden Erkrankungen, die mehr als vier Mal pro Jahr belasten. Bei diesen Formen ist oftmals nicht Candida albicans, sondern Candida glabrata oder Candida krusei der Übeltäter. Problematisch ist dabei die Therapie, da häufig bereits Resistenzen gegen die üblichen Antimykotika wie Triazole bestehen. Festgelegte Behandlungsschemata gegen diese Keime existieren bisher nicht.

Ovula, Vaginaltabletten, Cremes Für die Behandlung des unkomplizierten Scheidenpilzes werden Imidazole und Polyene in der Selbstmedikation angeboten. Polyene wie Nystatin oder Ciclopiroxolamin zeigen eine gute Wirksamkeit gegen Hefepilze, indem sie die Durchlässigkeit der Zellwand verändern und so wichtige Zellfunktionen stören. Sinnvoll ist die zweimal tägliche Anwendung von Vaginaltabletten oder -salbe über drei bis sechs Tage.

Zu den Imidazolen zählen Clotrimazol und Miconazol. Die Breitbandantimykotika hemmen das Pilzwachstum und die Vermehrung durch Einbau in die Zellmembran. Die ein- oder dreitägige Anwendung von Vaginaltabletten oder -cremes ist in der Regel effektiv und gut verträglich. Nach vaginaler Anwendung sind nur etwa drei Prozent der verabreichten Menge im gesamten Körper wirksam.

Oft wird von Patientinnen hinterfragt, ob die Ein-Tages-Therapie mit Clotrimazol tatsächlich genauso effektiv ist wie die Drei-Tages-Therapie. Studien belegen, dass sowohl in Wirksamkeit als auch Verträglichkeit keine Unterschiede bestehen. Bei dem Ein-Tages-Präparat wurde eine besondere galenische Formulierung verwendet. Eingearbeitete Milchsäure beschleunigt die Freisetzung von Clotrimazol, das sein Wirkoptimum im Sauren hat. Außerdem begünstigt ein saures Milieu den Übergang des Pilzes in die Myzelphase, in der Clotrimazol besonders gut angreifen kann. Das Ein-Tages-Clotrimazol führt mit der höheren Dosierung von 500 Milligramm zum Aufbau eines intravaginalen Wirkstoffdepots, das mindestens drei Tage ausreicht.

HINWEISE FÜR IHRE KUNDEN
+ Scheidenpilz hat nichts mit mangelnder Hygiene zu tun!
+ Scheidenpilz ist keine Geschlechtskrankheit!
+ Achten Sie auf eine schonende Intimhygiene ohne reizende Reinigungsmittel, die den pH-Wert des Scheidenmilieus verändern können.
+ Benutzen Sie spezielle Intimwaschlotionen.
+ Wischen Sie nach dem Toilettengang von vorne nach hinten.
+ Wechseln Sie täglich Waschlappen, Unterwäsche und Handtücher.
+ Waschen Sie Ihre Unterwäsche bei 60 Grad oder mit Hygienespüler.
+ Meiden Sie Synthetikunterwäsche, String-Tangas, eng anliegende Kleidung und Slipeinlagen mit Kunststoffbeschichtung.
+ Meiden Sie stark gechlorte Schwimmbäder.
+ Stärken Sie Ihr Immunsystem.
+ Wenden Sie Salben oder Vaginaltabletten am besten im Liegen an, damit der Wirkstoff nicht ausgeschwemmt werden kann.

Gut beratenAuch bei schwierigen Themen haben Apothekenmitarbeiter einen Beratungsauftrag. Um die notwendigen Informationen zu sammeln, können gezielte geschlossene Fragen, die die Kundin mit „ja“ oder „nein“ beantwortet, gestellt werden. Wichtig ist, die Richtigkeit der Eigendiagnose und die Grenzen der Selbstmedikation abzuklären und dann zum ausgewählten Produkt zu beraten. Zusätzliche Hinweise und Verhaltensmaßnahmen können auch über die Abgabe eines Informationsflyers unkompliziert weitergegeben werden.

Ein Beratungsbeispiel: Eine junge Frau, etwa 20 Jahre alt, verlangt eine Pilzcreme. Die PTA vergewissert sich, dass die Creme für die Kundin selbst sein soll. Dann bittet sie diese an einen etwas abgeschirmten freien Handverkaufstisch. Für die PTA ist es nun wichtig, die Eigendiagnose zu hinterfragen. „Gegen welche Art von Pilzinfektion wollen Sie die Creme anwenden?“ Die Kundin antwortet etwas leiser:„Ich glaube, ich habe einen Scheidenpilz.“ Die PTA erkundigt sich weiter: „Kennen Sie die Beschwerden? Hatten Sie schon einmal damit zu tun?“

Die Kundin zögert. Um der jungen Frau die genaue Beschreibung der Symptome zu ersparen, hakt die PTA nach: „Äußern sich die Beschwerden in Form von Jucken, Brennen und geruchlosem Ausfluss?“ „Ja“, nickt die Angesprochene dankbar. Die PTA fragt die Kundin weiter: „Wie lange haben Sie die Beschwerden schon? Haben Sie bereits ein Arzneimittel angewendet?“ „Seit ein paar Tagen, ich dachte, wenn ich mich gut da unten wasche, geht es schon wieder weg“, antwortet die Kundin.

Auf weiteres Nachfragen stellt sich heraus, dass die Patientin vor einer Woche mit einem Antibiotikum behandelt wurde. Die PTA zieht daraus den Schluss, dass eine Pilzinfektion besteht. „Da haben Sie sich vermutlich eine Pilzinfektion eingefangen. Unter einer Antibiotikatherapie können sich die Hefepilze auf der Haut stärker ausbreiten und führen zu den von Ihnen beschriebenen Beschwerden. Aber keine Sorge, das lässt sich gut behandeln.“

Bevor die PTA ein antimykotisches Kombinationspräparat auswählt, fragt sie: „Gibt es noch irgendetwas was ich wissen sollte, um Sie optimal zu beraten? Zum Beispiel eine Unverträglichkeit, andere Medikamente oder Vorerkrankungen?“ Die Kundin schüttelt den Kopf. „Ich gebe Ihnen hier zur Drei-Tages-Behandlung eine Creme und Zäpfchen. Letztere führen Sie abends vor dem Schlafengehen, am besten im Liegen, in die Scheide ein. Mit der Creme behandeln Sie den äußerlichen Bereich. Wenn die Beschwerden nach der Behandlung nicht zurückgehen, sollten Sie den Arzt aufsuchen. Wichtig ist, dass Sie die Scheide durch Duschcremes nicht zu sehr reizen. Benutzen Sie besser spezielle Intimwaschlotionen.

Tragen Sie jetzt möglichst keine Synthetikunterwäsche und waschen Sie die Unterbekleidung bei 60 Grad, damit die Keime bei Ihnen keine Chance haben. Außerdem gebe ich Ihnen hier noch ein Beratungsblatt mit, auf dem noch einige Tipps beschrieben sind. Sie können zum Beispiel nach dem Abklingen der Infektion mit einem Präparat, das Milchsäurebakterien enthält, Ihre Scheidenflora schnell wieder aufbauen. Ach ja, eines hätte ich ja fast vergessen. Ihr Partner sollte sich natürlich auch mit der Creme behandeln, damit Sie sich nicht wieder erneut anstecken.“

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/11 ab Seite 60.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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