Eine Person im Schutzanzug mit einem Teststäbchen in der Hand.
Eine neu entwickelte Technologie könnte bald PCR-Tests ersetzen und hat das Potenzial, die medizinische Diagnostik zu revolutionieren © dusanpetkovic / iStock / Getty Images Plus

Test | Technologie

REVOLUTION FÜR DIE DIAGNOSTIK?

Die Fragen „Bin ich mit SARS-CoV-2 infiziert?“, „Handelt es sich um das Ursprungsvirus oder eine gefährlichere Mutation?“ mit einem einzigen effizienten Testverfahren beantworten zu können, kann für den weiteren Krankheitsverlauf und die Therapie entscheidend sein.

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Wissenschaftler*innen vom Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) und der Julius-Maximilians-Universität (JMU) in Würzburg haben jetzt mit LEOPARD den Weg für eine gänzlich neue Diagnostikplattform bereitet. Dabei handelt es sich um ein CRISPR-basiertes Verfahren, das multiplexfähig ist. Das bedeutet: Es kann potenziell eine Vielzahl an krankheitsbezogenen Biomarkern in nur einem Test nachweisen.

CRISPR/Cas
CRISPR (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) sind Abschnitte sich wiederholender DNA im Erbgut vieler Bakterien. Infizieren Viren ein solches Bakterium, lagert das Bakterium zwischen diesen CRISPR-Abschnitten Teile des Virus-Genoms ein. Das dient der Immunantwort. Cas-Proteine sind am Zerschneiden der Bakterien-DNA beteiligt, um das Virus-Erbgut einzufügen. Mit der CRISPR/Cas-Methode können Molekularbiologen Gene in DNA einfügen, herausschneiden oder ausschalten.

Die meisten herkömmlichen molekularbiologischen Diagnostikverfahren – so auch PCR-Tests – weisen in der Regel nur einen einzelnen krankheitsbezogenen Biomarker nach: Zum Beispiel eine bestimmte Sequenz von SARS-CoV-2. Solche sogenannten Singleplex-Verfahren liefern sehr zuverlässige Ergebnisse, da sie auf ein einziges Testmerkmal geeicht sind. Doch das reicht nicht aus, um zu erkennen, ob ein Patient womöglich mit einer neuen Variante des Coronavirus oder mit einem anderen Erreger infiziert ist. Dafür müssen viele verschiedene Faktoren überprüft werden.

In einer im Magazin „Science“ erschienenen Studie haben die Forschenden vom HIRI und der JMU ihre neuen CRISPR-Erkenntnisse und die darauf basierende Diagnostiktechnologie LEOPARD vorgestellt.

Das ist LEOPARD
LEOPARD bedeutet „Leveraging Engineered tracrRNAs and On-target DNAs for PArallel RNA Detection“. Es beruht auf der Erkenntnis, dass bestimmte Ribonukleinsäuren (RNA) programmierbar sind. Die CRISPR-Technologie kann dann zum gezielten Nachweis von zellulärer RNA eingesetzt werden. So können RNA-Fragmente von Viren oder anderen Krankheitserregern in einer Probe nachgewiesen werden. Chase Beisel, Professor an der JMU und Forschungsgruppenleiter am HIRI, freut sich über die Studienergebnisse:

„Mit LEOPARD ist es uns gelungen, RNA-Fragmente von neun verschiedenen Viren nachzuweisen. Wir konnten außerdem SARS-CoV-2 und eine Variante in einer Patientenprobe differenzieren und zugleich bestätigen, dass die Probe korrekt erfasst wurde.“

LEOPARD basiert auf einer Entdeckung in der Grundlagenforschung zur RNA-Biologie von Mikroorganismen. Cynthia Sharma, Leiterin des Lehrstuhls für Molekulare Infektionsbiologie II am Institut für Molekulare Infektionsbiologie (IMIB) und Sprecherin des Zentrums für Infektionsforschung (ZINF) der JMU erklärt:

„Als wir im Labor in unserem Modellorganismus Campylobacter nach RNA- Molekülen gesucht haben, die von Cas9 gebunden werden, waren wir sehr überrascht, dass wir nicht nur die crRNAs des bakteriellen Immunsystems detektieren konnten, sondern auch andere zelluläre RNA-Fragmente, die wie crRNAs aussahen. Diese neuartigen crRNAs waren offenbar von anderen Transkripten in der Zelle wie beispielsweise Boten-RNAs abgeleitet.“

crRNA steht für CRISPR-RNA. Das ist ein Erbgutabschnitt, der dem CRISPR/Cas-Komplex hilft, am Virus-Erbgut die richtige Stelle zum Zerschneiden zu finden.

Die Diagnostikplattform LEOPARD ist, so Beisel, sehr schnell und effizient. Die Leistungsfähigkeit von LEOPARD könnte künftig selbst multiplexfähige PCR-Tests und andere Methoden in den Schatten stellen. Laut Professor Oliver Kurzai, Vorstand des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie der JMU, hat die Technologie nicht nur das Potenzial, die medizinische Diagnostik von Infektionskrankheiten und Resistenzen zu revolutionieren, sondern auch von Krebs und seltenen genetischen Erkrankungen.

Quelle: Deutsches Gesundheitsportal

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