Eine Schublade eines Aktenschranks ist aufgezogen. In ihr hängen viele Akten in beigen Papierordnern.© Ralf Geithe / iStock / Getty Images Plus
Patientenakten sollen digitaler werden. Die ePA hat noch nicht viele Nutzer, soll dieses Jahr aber neue Funktionen erhalten.

Telematik

DAS SOLL DIE ELEKTRONISCHE PATIENTENAKTE 2022 DAZULERNEN

Nach langem Gezerre soll das Gesundheitswesen digitaler werden, und zwar ganz praktisch. Vor einem Jahr startete eine elektronische Akte fürs Handy. Kommt sie 2022 mit einigen Neuerungen stärker auf Touren?

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Röntgenbilder, Arztbefunde, Medikamentenlisten: Seit einem Jahr können Versicherte Gesundheitsdaten digital parat haben - auf elektronischen Patientenakten (ePA), abrufbar per Smartphone. Sie sollen 2022 mehr Funktionen dazubekommen. Verbraucherschützer und Krankenkassen setzen überhaupt auf noch deutlich mehr digitalen Schub.

Darauf zielen auch Pläne der neuen Bundesregierung aus SPD, FDP und Grünen. Für die freiwillige Nutzung der E-Akten soll laut Koalitionsvertrag künftig das Prinzip „Opt out“ gelten – also, dass man aktiv widersprechen muss, wenn man sie nicht verwenden möchte.

Lebenslange Gesundheitshistorie, ganz automatisch

Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sagte: „Um die Akzeptanz zu steigern, ist es ein richtiger Schritt, dass jeder Versicherte die Akte künftig automatisch bei der Geburt bekommt und sich eine lebenslange Gesundheitshistorie aufbaut. Wer das nicht möchte, kann jederzeit widersprechen.“

Das jetzige „Opt in“-Prinzip lege Nutzern durch mehrstufige Zustimmungsverfahren unnötig Steine in den Weg. „Entscheidend ist dann aber, dass die Ärzte die Akte auch befüllen“, sagte Baas. Und Voraussetzung dafür sei, dass alle Praxen und Kliniken technisch dazu in der Lage seien.

ePA hapert an der Technik

Noch gibt es bei der vorgesehenen flächendeckenden Vernetzung der ePA aber Verzögerungen wegen teils fehlender Ausstattung. So brauchen Praxen Updates für ihren Konnektor zur geschützten Datenautobahn des Gesundheitswesens, wie das Bundesministerium erläutert. Die seien nach Herstellerangaben nunmehr „zum großen Teil“ erfolgt. Für nötige Updates der Praxisverwaltungssysteme hätten aber einige Hersteller die Entwicklung „nicht zeitgerecht abgeschlossen“. Ähnliche Schwierigkeiten hatte es mit dem E-Rezept gegeben.

Es gibt bei der flächendeckenden Vernetzung der ePA Verzögerungen wegen teils fehlender Ausstattung.

Bislang erst wenige, junge Nutzer

Die E-Akte als freiwilliges Angebot für die 73 Millionen gesetzlich Versicherten war am 1. Januar 2021 mit einer Testphase gestartet. „Die bisherigen Nutzerzahlen haben noch ganz viel Luft nach oben“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. Viele Anwendungen seien damit effizienter auf den Weg zu bringen, im Interesse der Patienten, aber auch des Gesundheitswesens - etwa Interaktionschecks für Arzneimittel. Das von SPD, Grünen und FDP geplante Opt-out-Prinzip sei in dieser Konstellation in Ordnung, da es die Möglichkeit gebe, selbstbestimmt zu entscheiden.

Bei der Techniker Krankenkasse nutzen ein Jahr nach dem Start 230 000 Versicherte die E-Akte, wie das Unternehmen mitteilte. Am stärksten ist die Verwendung demnach unter 26- bis 35-Jährigen mit 28 Prozent. Besonders beliebt seien Erinnerungen etwa an Vorsorgeuntersuchungen oder das Herunterladen vorhandener Daten über Impfungen, verordnete Medikamente und Arztbesuche, um nicht mit leerer Akte zu starten.

Beliebte Funktionen sind Erinnerungen an Vorsorgeuntersuchungen oder das Herunterladen vorhandener Daten über Impfungen, verordnete Medikamente und Arztbesuche - um nicht mit leerer Akte zu starten.

Patient braucht Kontrolle über seine Daten

Verbraucherschützer Müller betonte generell, die Patienten müssten Herren ihrer Daten bleiben. Zudem müsse das System sicher sein. „Niemandem geht etwas an, unter welchen Allergien ich leide, welche Krankengeschichte ich habe.“ Wichtig sei, dass man entscheiden könne, welche Daten man welchem Arzt zur Verfügung stelle. Ab dem neuen Jahr sollen Patienten das nun auch in verfeinerter Form für jedes einzelne Dokument festlegen können. Datenschützer hatten dies angemahnt.

Neue ePA-Funktionen 2022

„Der Nutzen für die Patienten muss jetzt endlich in den Vordergrund rücken“, sagte Müller. Kommen sollen dafür 2022 auch neue Funktionen der ePA:

  • der Mutterpass
  • das gelbe Untersuchungsheft für Kinder
  • das Zahn-Bonusheft
  • der Impfpass

Die vorgesehene zweite Ausbaustufe der App soll seit 1. Januar erfolgen, kündigte das Ministerium im Dezember an. Auch dafür müssen Praxen aber technische Voraussetzungen erfüllen.

Quelle: dpa

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