© Alexandra GI / fotolia.com

Reizdarm

STOP & GO

Stress und Konflikte können buchstäblich auf den Darm schlagen. Die andauernden Probleme beeinträchtigen die Lebensqualität dann enorm. Zudem bestimmt die Verdauung oft den Tagesablauf.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Entstehen nach dem Genuss von Speisen krampfartige Bauchschmerzen, Druckempfindungen im Unterbauch, Völlegefühle oder Blähungen, kann es sich um ein Reizdarmsyndrom , einer relativ häufigen Funktionsstörung des Darms, handeln. Man bezeichnet diese Erkrankung auch als spastisches Kolon oder Reizkolon. Etwa die Hälfte der Personen mit Magen-Darm-Beschwerden leidet darunter, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.

Unruhe im Bauch Das RDS wird als Kombination von chronischen oder gelegentlich auftretenden Symptomen im Darmtrakt von mindestens zwölf Wochen Dauer beschrieben. Völlegefühle, Flatulenz, Diarrhö oder Obstipation sind charakteristisch. Meist treten die Beschwerden plötzlich und unerwartet auf. Jedoch können sie auch aus einer Magen-Darm-Infektion resultieren. Die Symptome reduzieren sich in der Regel nach der Defäkation.

Häufig ist die Stuhlfrequenz und -konsistenz der Patienten verändert. Zudem verbleibt ein Gefühl der unvollständigen Entleerung. Die Erkrankung kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen, was von Häufigkeit und Intensität des Unwohlseins abhängt. Bei leichter Symptomatik hält sich die Belastung für die Betroffenen meist in Grenzen.

Diagnose durch Ausschlussverfahren Betroffene, die über einen Zeitraum von mehreren Wochen über Symptome klagen, sollten einen Arzt konsultieren. Obwohl das RDS häufig vorkommt, ist es nicht leicht zu diagnostizieren. Zunächst erhebt der Mediziner eine ausführliche Anamnese, in der sowohl die Schmerzintensitäten als auch die charakteristischen Eigenschaften der Erkrankung erfragt werden. Über das Blutbild lassen sich entzündliche Prozesse ausschließen.

Eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes gibt Klarheit darüber, ob eine vermehrte Gasbildung im Darmbereich vorliegt. Ein Stuhltest liefert Hinweise darauf, ob sich Blut im Darm befindet. Sind diese Verfahren zur Diagnosestellung nicht ausreichend, wird eine Darmspiegelung (Koloskopie) durchgeführt. Sie dient der Abgrenzung von entzündlichen Prozessen zum Reizdarmsyndrom. Ist der Verdacht auf andere Darmerkrankungen ausgeräumt, ist ein RDS wahrscheinlich.

Vielfältige Ursachen Auslöser des RDS kann ein überempfindlicher Darm sein. Auch eine gestörte Darmperistaltik, Infektionen oder Nahrungsmittelallergien werden als Ursprung in Erwägung gezogen. In der Diskussion stehen ferner psychosomatische Faktoren. Betroffene haben im Darmbereich eine stark erniedrigte Schmerzschwelle. Die genauen Gründe für diese verminderte Schmerztoleranz sind noch unklar. Ein weiterer Einflussfaktor ist Stress, der die Symptome gegebenenfalls hervorruft oder verschlimmert.

Beschwerden behandeln Eine ursächliche Therapie des RDS steht nicht zur Verfügung, daher ist eine Heilung ausgeschlossen. Stattdessen lassen sich die Krankheitsanzeichen abschwächen. Die Therapie basiert auf drei Säulen: Neben den Allgemeinmaßnahmen (z. B. Ernährungsberatung) gehören psychotherapeutische Methoden und die medikamentöse Begleitung zu den Elementen der Behandlung.

TIPPS
+ Besonders Gymnastik, welche die Bauchmuskeln trainiert, bringt den Darm in Schwung. Auch Wandern, Radfahren oder Schwimmen sind geeignet.
+ Faserreiche Kost mit viel Gemüse und Obst. Auch Prä- und Probiotika scheinen sich beim RDS positiv auszuwirken.
+ Mahlzeiten langsam und gut kauen. Hektik vermeiden.
+ Es empfiehlt sich, mindestens zwei Liter bevorzugt in Form von Mineralwasser, Saftschorle oder Tee zu trinken.
+ Alkohol nur in Maßen.
+ Verzicht auf blähungsfördernde Lebensmittel wie Zwiebeln oder Bohnen.

Bei Blähungen und Völlegefühl können physikalisch wirksame Substanzen wie Simeticon oder Dimeticon eingesetzt werden. Fencheltee in Kombination mit pflanzlichen Karminativa führt zu einer Verbesserung der Symptome. Bei Bauchschmerzen wirken krampflösende Mittel wie Butylscopolamin, Mebeverin oder Pfefferminzöl. Laxanzien regulieren Verstopfungen. Bei Durchfällen fungieren Antidiarrhoika wie Loperamid oder Hefekulturen als effektive Hilfe. Antidepressiva in sehr niedrigen Dosierungen haben sich bei hartnäckigen Bauchschmerzen bewährt, da ausgeprägte Symptome häufig mit depressiven Verstimmungen einhergehen.

Prognose Obwohl das RDS nicht heilbar ist, gibt es gute Aussichten, es in den Griff zu bekommen. Zusätzlich zur medikamentösen Therapie stattfindende Behandlungsformen wie Psychotherapie oder Ernährungsberatung sind oft erfolgreich. Entgegen vieler Befürchtungen, das RDS würde Darmkrebs auslösen, ist dieses Risiko nicht erhöht. Es besteht keine Präventionsmöglichkeit. Jedoch ist eine gesunde Lebensführung gesundheitsförderlich.

Neues Medikament Linaclotid mildert Obstipationen bei Reizdarm. Der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäische Arzneimittelagentur EMA hat für die Zulassung dieses Wirkstoffs zur Behandlung des Reizdarmsyndroms mit Verstopfung grünes Licht gegeben. Die Substanz hat in klinischen Studien die Stuhlfrequenz gesteigert und die abdominalen Beschwerden reduziert. Sollte die Europäische Kommission eine positive Entscheidung treffen, wird Linaclotid unter Vorbehalt als Constella® von Almirall eingeführt. Es wäre das erste speziell bei Reizdarm zugelassene Medikament.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/12 auf Seite 116.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

×