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Tipps für die Beratung

SONNE – LICHT- UND SCHATTENSEITEN

Die ersten Sonnentage nach dem Winter sind einfach nur wunderbar. Aber nach der ersten Euphorie schleicht sich wieder die Frage ein, wie viel Sonne wirklich gesund ist. Auch Ihre Kunden werden sich mit dieser Frage wieder an Sie wenden und um fachkundigen Rat bitten.

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Die Sonne ist ein Lebenselixier, das steht schon mal fest. Über die Wintermonate bekommen die Menschen in Mittel- und Nordeuropa zu wenig Sonne ab, wodurch der UV-B-Anteil des Sonnenlichtes für die körpereigene Vitamin-D-Bildung nicht ausreicht. Dabei kommt es auf den Winkel der Sonnenstrahlen an, so ist nur südlich des 37. Breitengrades, also südlich der Höhe von Athen und Sizilien, der UV-B-Gehalt der Sonne ganzjährig für die körpereigene Vitamin-D-Produktion ausreichend.

Außerdem kommt im Winterhalbjahr nur wenig Haut mit Tageslicht in Kontakt und das bei den meisten Menschen nur für einen Bruchteil des Tages. Zwar kann der Körper Vitamin D als fettlösliches Vitamin für einige Zeit speichern, aber trotzdem sind viele Menschen nach dem Winter unterversorgt. Durch Blutuntersuchungen kann man dies feststellen lassen.

Liegt ein Mangel vor, so kann er durch Einnahme von Vitamin D als Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel behoben werden. Die Konzentration wird dabei aus historischen Gründen in Internationalen Einheiten (I.E.) angegeben. Dabei entspricht 1 I.E. = 0,025 µg. Üblich ist eine tägliche Dosis von 1000 oder 2000 I.E., aber auch eine Dosierung von wöchentlich 20.000 I.E. wird oft gegeben, diese ist allerdings verschreibungspflichtig und darf natürlich nur auf Rezept vom pharmazeutischen Personal abgegeben werden.

Die Bedeutung von Vitamin DDass es eine Rolle im Calciumhaushalt und somit für die Knochen spielt, ist bereits 1919, also vor genau 100 Jahren, erkannt worden. Inzwischen sind weitere Funktionen bekannt, wie zum Beispiel der Einfluss auf das Immunsystem. Andere Aspekte sind Gegenstand weiterer Forschungsarbeiten. Da es sich, wie gesagt, um ein fettlösliches Vitamin handelt, sollten Sie Ihre Kunden allerdings vor unkritischem Umgang mit hohen Dosierungen warnen, denn ein Zuviel ist ebenfalls ungesund. Für die körpereigene Vitamin-D-Produktion ist außerdem die Stärke der Hautpigmentierung entscheidend.

Umso heller der Hauttyp, desto leichter ist die eigene Vitamin-D-Produktion bei gleicher Sonneneinstrahlung. Der Hauttyp hat sich demnach im Lauf der Menschheitsgeschichte optimal an die Gegebenheiten angepasst, mit Ausnahme der Inuits, die selber nicht viel Vitamin D produzieren und ihren Bedarf mit fettem Fisch decken. Dadurch kommt es aber bei stärker pigmentierten Menschen in Mittel- und Nordeuropa, also Gebieten mit weniger Sonne, vermehrt zu Mangelerscheinungen, was zusätzlich noch durch einen Kleidungsstil begünstigt werden kann, der den Großteil des Körpers bedeckt.

Wie viel Sonne muss sein?Um genug Vitamin D zu bilden, reichen recht kurze, aber intensive Sonnenexpositionen. Dazu muss man die Zeit der eigenen Haut im Freien bis zur Entstehung von Rötungen, also die Eigenschutzzeit, einschätzen können. Von diesem Zeitraum soll nur ein Drittel bis die Hälfte in der Sonne verbracht werden und dabei mindestens eine Fläche von der Größe von Kopf, Unterarmen und Händen der Sonne ausgesetzt sein. Eine längere Zeit bringt keine weitere Vitamin-D-Bildung.

Das gilt allerdings nicht für Säuglinge und Babys unter einem Jahr, denn diese müssen vor direkten Sonnenstrahlen komplett geschützt werden. Wird nicht gestillt, kann Vitamin D in einer vom Kinderarzt empfohlenen Konzentration zugeführt werden. Außerdem muss die Intensität der Sonne beachtet werden. Je näher man sich am Äquator befindet, desto geringer ist die Eigenschutzzeit. Im Zweifelsfall raten Sie immer zu Sonnenschutz und dazu, Vitamin D aus der Nahrung aufzunehmen. Besonders bei Vegetariern und Veganern kann ein Vitamin-D-Präparat aus der Apotheke hilfreich sein.

Wie viel Sonne darf sein?Leider hat die Sonne auch ihre Schattenseiten. Um den Aufenthalt im Freien sorglos genießen zu können, benötigt jede Haut früher oder später ein Sonnenschutzpräparat. Die Eigenschutzzeit beträgt in unseren Breiten bei Menschen mit rötlichen Haaren und heller Haut keine zehn Minuten und sogar bei schnell bräunenden Dunkelhaarigen kaum mehr als eine halbe Stunde. Im Zweifelsfall gehen Sie bei Ihrer Beratung für die Auswahl des Lichtschutzfaktors von einem kürzeren Zeitraum aus, denn auch der aktuelle UV-Index ist mitentscheidend.

Dieser ist ein von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingeführtes Maß für die sonnenbrandwirksame Strahlung zur strahlenintensivsten Tageszeit. Es handelt sich um Zahlen ohne Einheit mit einem Bereich von 0 bis 11, wobei 11 die höchste Strahlung angibt. Die aktuellen Werte werden oft beim Wetterbericht mitangegeben oder können auf der Homepage des Deutschen Wetterdienstes nachgeschaut werden. Der Lichtschutzfaktor (abgekürzt LSF; auch SPF für Sun-​Protection-Factor) sagt aus, wie viel mal länger man sich mit dem aufgetragenen Sonnenschutzprodukt bis zur Entstehung eines Sonnenbrandes in der Sonne aufhalten kann.

Ein Beispiel: Wenn sich die Haut bei einem Menschen ungeschützt nach zehn Minuten rötet, so verlängert sich die Zeit durch ein Präparat mit Faktor 20 im günstigsten Fall um das 20-Fache. Das sind rein rechnerisch 200 Minuten, also gut drei Stunden. Allerdings wird empfohlen, bereits nach etwa zwei Dritteln der Zeit den Schatten aufzusuchen, im Fall des Beispiels also nach zwei Stunden. Denn ab dieser Zeit sind die hauteigenen Reparaturmechanismen überlastet und es ist mit chronischen Hautschäden, wie vorzeitiger Hautalterung, zu rechnen.

UV-A- oder UV-B-Filter?Ein gutes Produkt muss sowohl vor UV-A-Strahlen als auch vor UV-B-Strahlen schützen. UV-A-Strahlen sind die etwas energieärmeren Strahlen des ultravioletten (UV) Bereichs des Sonnenlichtes. Ihre Wirkung lässt sich leicht merken: UV-A bewirkt Mallorca-Akne und vorzeitige Haut-Alterung. Die noch energiereicheren UV-B-Strahlen wiederum machen Sonnen-Brand und können Haut-Krebs auslösen. Der Lichtschutzfaktor bezieht sich streng genommen nur auf die UV-B-Strahlung. Aber nach den allgemein anerkannten Standards der Europäischen Union muss ein Sonnenschutzpräparat mindestens ein Drittel der Filterkapazität auch im UV-A-Bereich besitzen. Das bedeutet bei einem Produkt mit Lichtschutzfaktor 30 muss der Schutzfaktor für den UV-A-Bereich mindestens 10 betragen.

Lieber chemische oder physikalische (= mineralische) Filter?Chemische Filter sind Substanzen, die die UV-Strahlung des Lichtes in Wärme umwandeln können. Leider dringen sie in tiefere Hautschichten ein und können dort durch Veränderung von Molekülen Allergien auslösen. Bei physikalischen Filtern handelt es sich um feinste Mineralien, die auf der Haut wie allerkleinste Spiegelchen funktionieren und das gesamte UV-Spektrum reflektieren können. Dadurch, dass sie nicht in tiefere Hautschichten eindringen, kommt es durch sie auch nicht zu Allergien; ein großer Pluspunkt. Allerdings hinterlassen sie auf der Haut einen mehr oder weniger ausgeprägten Film. Sie sind bei Produkten für Kinder besonders beliebt, zumal Kinder meistens noch nicht eitel sind und ein möglicher Film dann weniger stört.

Auf was kommt es bei Ihrer Empfehlung noch an?Das hängt natürlich von den Hauteigenschaften Ihrer Kunden oder auch deren Hobbies und Reisezielen ab, nach denen Sie sich erkundigen sollten. Für Kinder sind meistens wasserfeste Produkte zu bevorzugen, da die meisten Kinder gerne im oder mit Wasser spielen. Dabei sollten Sie die Eltern darauf hinweisen, dass sie das Kind zwischendurch erneut eincremen müssen, weil durch den Kontakt mit Wasser leider ein Teil des Sonnenschutzes verloren geht. Und auch ein optimal eingecremtes Kind wird besser zusätzlich durch UV-absorbierende Kleider und eine kindgerechte Kopfbedeckung geschützt und sollte besonders die Mittagshitze lieber im Schatten verbringen.

Bei Allergie-Kunden raten Sie zu Produkten ohne Emulgatoren, weil diese häufig der Auslöser von Hautreaktionen sind und niemand dies riskieren will, vor allem nicht im Urlaub. Die meisten Sonnengele kleben längst nicht mehr unangenehm und hinterlassen auch keinen lästigen Film. Auch für Teenager oder Erwachsene mit unreiner Haut oder Akne sind Gele Mittel der Wahl. Männern mit lichter werdendem Haar können Sie zu fettfreiem Spray raten. Es ist leicht anzuwenden und fettet weder Kopfhaut noch Haare. Auch für den Oberkörper kann es mitbenutzt werden.

Für besonders trockene Hautbereiche, wie zum Beispiel die Schienbeine, eignen sich Emulsionen vom Wasser-in-Öl-Typ. Das Eincremen dauert zwar länger, aber die Haut wird es durch weniger Spannungsgefühl und Juckreiz danken. Für extrem empfindliche Hautbereiche wie Narben eignen sich Sticks mit sehr hohem LSF. Dieser lässt sich leicht mitnehmen, sodass er bei unerwartet schönem Wetter sofort parat ist und jederzeit nachgecremt werden kann. Auch Wintersportlern können Sie ihn empfehlen, denn der Schnee reflektiert die Strahlen und das Produkt schützt die Haut zusätzlich vor Kälte.

Für Ihre Kunden noch einen Tipp zum Abschluss!Leider hinterlassen viele Sonnenschutzpräparate störende, leicht gelbliche Verfärbungen auf der Kleidung, die sich nicht immer gut auswaschen lassen. Geben Sie den Rat, nach dem Auftragen das Produkt etwas einziehen und trocknen zu lassen, bevor die Kleidung übergezogen wird. Und wenn Sie sich jetzt für die Beantwortung der Fragen in die Sonne setzen, dann ist Ihr Vitamin-D-Speicher für heute wieder aufgetankt!

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 93.

Ute Kropp, Apothekerin und PKA-Lehrerin

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