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Ayurveda

SO WERTVOLL

Kümmern wir uns eigentlich genug um unsere Leber? Oder lassen wir sie nur Tag für Tag unsere „Abfälle“ verstoffwechseln? Und was können wir konkret für sie tun, damit sie sich wohl fühlt?

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die Leber ist im Ayurveda eines der zentralen Organe des Verdauungsfeuers Agni. Wenn unser Agni geschwächt ist, dann entsteht Ama. Das sind Stoffwechselrückstände, was wiederum im Ayurveda als eine Basis aller Krankheiten gilt. Und auch in der westlichen Schulmedizin gilt die Leber als zentrales Entgiftungsorgan. Sie entscheidet mit über die Gesundheit aller anderen Organe und ob der Körper als Ganzes funktioniert.

Wir wissen, dass unsere Leber Alkohol abbauen kann und dass sie eingenommene Arzneistoffe so metabolisiert, dass sie ausgeschieden werden können. Nahrungsmittel werden von ihr umgewandelt und anschließend entweder unserem Organismus wieder in neuer Form zugeführt oder über den Darm ausgeschieden. Unsere Leber will aber auch

Aufbau Die Leber ist das größte unserer inneren Organe. Neben dem Herzen ist sie das einzige Organ, welches in zwei Blutkreisläufe eingebunden ist. Circa 2000 Liter Blut fließen täglich durch sie hindurch. Bei einem Erwachsenen wiegt sie sie circa 1500 bis 2000 Gramm. Wenn sie gesund ist, ist sie dunkelbraun, weich und elastisch. Sie besteht aus zwei großen und zwei kleineren Leberlappen. Der rechte große Leberlappen befindet sich direkt unter dem Zwerchfell im rechten Oberbauch. Der linke ist deutlich kleiner, reicht aber bis in den linken Oberbauch.

Stress für die Leber Was den meisten als erstes einfällt, wenn man auf die Gesundheit der Leber zu sprechen kommt, ist der Alkoholkonsum. Von Kunden in der Apotheke kommt da öfter ein Satz wie zum Beispiel „Ich trinke keinen Alkohol oder kaum. Meiner Leber muss es demnach gut gehen.“ Aber die Leber ist weitaus komplexer und bedarf auch einer gewissen Pflege und Fürsorge, sowohl körperlich als auch emotional. Denn auch zu viel Fett oder Zucker, allgemein ungesundes Essen, wenig Bewegung oder ungenügender Schlaf belasten und schwächen unsere Leber.

Früher nahmen die Menschen mehr Bitterstoffe zu sich. Sie aßen das saisonale Gemüse, weil auch kein anderes zur Verfügung stand. Und Bitterstoffe tun der Leber gut. Heute werden einige Gemüsesorten und Salate so gezüchtet, dass sie weniger Bitterstoffe enthalten, um sie schmackhafter zu machen. Zum Beispiel schmeckte die Aubergine früher bitter, heutzutage jedoch meist mild.

Und auch Radicchio und Endivien enthielten früher noch mehr Bitterstoffe. Unserer Gesundheit tut diese Veränderung letztendlich nicht gut. Deshalb ist der derzeitige Trend sich wieder mehr saisonal und regional zu versorgen, neben dem Nutzen für die Umwelt auch ein Geschenk an unsere Leber.

Erste Anzeichen Wie merkt man bei sich selbst oder auch beim Kunden, ob ein Ungleichgewicht der Leber vorliegt? Wenn die Leber überlastet ist, kann sich dies durch ständige Müdigkeit, Erschöpfung, Verdauungsbeschwerden oder Reaktionen der Haut, wie Akne oder Ausschläge, bemerkbar machen. Es kann sich auch durch Schlafstörungen, besonders zwischen 1 und 3 Uhr nachts zeigen, dass die Leber in irgendeiner Form überfordert ist. Denn diese Zeit wird laut chinesischer Organuhr der Leber zugeordnet.

So sagt man, dass jedem Organ immer eine Zeitspanne von zwei Stunden zugeordnet werden kann. Laut TCM, der Traditionellen Chinesischen Medizin, befindet sich dann die meiste Energie in dem entsprechenden Organ. Exakt zwölf Stunden später befindet sich der jeweilige Meridian dann in der Ruhephase. Das heißt die Leber „ruht“ demnach zwischen 13 und 15 Uhr. Deshalb ist das die ideale Zeit für einen Leberwickel.

Leberwickel Wie geht das genau? Wichtig ist die feuchte Wärme. Es funktioniert bereits mit einem ganz einfachen Leinen- oder Küchentuch, das mit kochendem Wasser übergossen wird. Achtung nicht verbrennen! Warten Sie so lange, bis sie das Tuch anfassen können, dann erst kurz auswringen. Legen Sie sich ein weiteres trockenes Handtuch, eine Wolldecke und eine gefüllte Wärmflasche bereit. Legen Sie sich auf den Rücken. Schauen Sie, dass Sie nun die nächsten 30 Minuten nicht gestört werden können.

Das feuchtwarme Leinentuch wird nun der Länge nach auf die rechte Bauchseite direkt unterhalb der Rippen gelegt und rechts herum bis zur Wirbelsäule gewickelt. So dass die rechte Körperseite sowohl vorne als auch hinten bedeckt ist. Das trockene Handtuch darüber wickeln, Wärmflasche auf die rechte Bauchseite legen und abschließend die Wolldecke darüber.

20 bis 30 Minuten ruhen. Durch die feuchte Wärme wird die Durchblutung der Leber angeregt und die Entgiftung gefördert. Diese Anwendung sorgt für eine bessere Durchblutung im gesamten Bauchraum und kann somit auch Darmkrämpfen vorbeugen. Auf diese Weise können auch Emotionen, Zorn, Wut, Aggression und Ärger abgebaut werden. Dies ist wichtig, damit sich diese Emotionen nicht auf körperlicher Ebene manifestieren.

Ayurvedisch Vata, Pitta oder Kapha? Die Leber ist ein Pitta-Organ. Im Bereich Leber und Galle sind besonders Pitta, das Umwandlungsprinzip und Kapha, das Aufbauprinzip beteiligt. Pitta ist besonders anfällig gegenüber jeder Art von Toxinen aus Lebensmitteln und der Umwelt. Pitta und Kaphatypen unterscheiden sich sehr, was den Leberstoffwechsel angeht. Pitta hat eine schwächere Leberfunktion, neigt jedoch zu einer stärkeren Gallebildung. Kapha hat einen stabilen Leberstoffwechsel, hat jedoch einen schwächeren Gallefluss.

Beide Typen sollten auf ihren Fettkonsum achten. Hier gilt wieder die Hauptmahlzeit mittags einzunehmen, wenn der Gallefluss am stärksten ist. Abends besser nichts schwer Verdauliches zu sich nehmen, also zum Beispiel nichts Gebratenes oder Frittiertes. Und es ist wichtig vor Mitternacht, bestenfalls gegen 22 Uhr zu Bett zu gehen, damit die Leber ihrer Regenerationsphase nachkommen kann. Geben Sie der Leber Zeit ihre Aufgaben erfüllen zu können.

Empfehlung Bereits Hildegard von Bingen hat um die Wichtigkeit der Leber gewusst. Es gibt einen Wermuttrunk, der von Mai bis Oktober jeden dritten Tag zu sich genommen wird. Er soll Erschöpfung und Müdigkeit vertreiben. Greifen Sie zu Endiviensalat, Radicchio, Chicorée, Rucola, Artischocken, Sellerie, Karotten, Rote Bete und Schwarzem Rettich. Ihre Leber wird es Ihnen danken. Stilles Wasser und Kräutertees zum Beispiel aus Süßholz, Löwenzahn, Schafgarbe, Mariendistel, Melisse, Kamille und Minze sind eine Wohltat für die Leber.

Gewürze wie Fenchel und Kurkuma unterstützen die Leber. Wichtig ist, dass die Nahrungsmittel wenig verarbeitet und keine Zusatzprodukte enthalten. Oft werden Bitterstoffe nur noch in Genussmitteln wie Bier oder Kaffee toleriert, weil wir es einfach nicht mehr so sehr gewohnt sind Bitterstoffe zu uns zu nehmen. Dabei tut unserer Leber und letztendlich uns genau das so gut. Denken wir öfter mal an unsere Leber und greifen bewusst zu Bitterstoffen, die wieder alles in Fluss bringen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 05/2022 ab Seite 126.

Stefanie Berhausen, Apothekerin, Ayurveda-Gesundheitsberaterin, Meditations- und Yogalehrerin, www.vedawelt.de

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