Filmklappe © Fernando Gregory / 123rf.com
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Kino – Schon gesehen?

SHUTTER ISLAND

Der Psychothriller des Regisseurs Martin Scorsese von 2010 spielt im Jahr 1954 und erzählt die Geschichte eines US-Marshalls, der auf einer Gefängnisinsel für psychisch kranke Straftäter ermittelt.

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Die kleine Insel Shutter Island befindet sich vor der Küste Massachusetts und ist kaum bewohnt, lediglich das Ashcliffe Hospital für psychisch gestörte Schwerverbrecher ist dort stationiert. Es soll so gut geschützt sein, dass es als ausbruchssicher gilt. Dennoch gelingt es der mehrfachen Kindesmörderin Rachel Solando , aus dem Hochsicherheitsgefängnis zu entkommen.

Fieberhaft wird nach der gefährlichen Frau gesucht, doch sie scheint spurlos verschwunden. Um die Patientin zu finden, setzt US-Marshall Edward Daniels (Leonardo DiCaprio) von Boston nach Shutter Island über und ist emsig dabei, mit seinem neuen Partner Chuck Aule (Mark Ruffalo) den rätselhaften Fall Rachel Solando aufzudecken. Außerdem vermutet Daniels, dass sich Andrew Laeddis, der Mörder seiner Frau Dolores (Michelle Williams), auf der Insel aufhält. Sie war bei einem Brand in Daniels Wohnung, den Laeddis gelegt haben soll, ums Leben gekommen.

Daniels Ermittlungen stehen jedoch unter keinem guten Stern: Als die beiden Beamten den Verbleib der Geflohenen zu klären versuchen, stoßen sie in der Anstalt auf eine Mauer des Schweigens. Dr. Cawley (Ben Kingsley), ärztlicher Leiter, verweigert den Agenten die Akteneinsicht und auch seine Angestellten verhalten sich in den Gesprächen mit den Cops nicht gerade kooperativ.

Die Nachforschungen liefern schließlich Hinweise darauf, dass es neben den 66 inhaftierten Patienten eine weitere Person geben muss, die inkognito auf Shutter Island lebt. Daniels glaubt, dass es sich hierbei um den Mörder seiner Frau handeln könnte. Allmählich erhärtet sich der Verdacht, dass hier irgendetwas nicht stimmt und Daniels vermutet, dass das Institut illegale Experimente an den geisteskranken Häftlingen durchführt. Ihn selbst plagen seit geraumer Zeit Erinnerungen an sein Dasein als US-Soldat im Zweiten Weltkrieg, wo er bei der blutigen Befreiung des Konzentrationslagers Dachau mitwirken musste. Neben Albträumen und Halluzinationen leidet er zunehmend unter körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Angstattacken, sodass er sich schließlich fragt, ob man ihn auf der Insel festhalten und in den Wahnsinn treiben möchte.

Als Solando plötzlich wieder auftaucht, gilt der Fall eigentlich als abgeschlossen. Dessen ungeachtet möchte Daniels das Geheimnis der Insel unbedingt entschlüsseln und beschließt, seinen Hinweisen im Alleingang weiter nachzugehen.

Während seiner Ermittlungen trifft er auf eine Frau, die sich in einer Höhle versteckt und vorgibt, die echte Rachel Solando zu sein. Sie erzählt ihm, dass sie einst als Ärztin in der Anstalt tätig war, jedoch zur Patientin degradiert wurde, als sie zu viele Fragen zum Ablauf in der Klinik stellte. Mithilfe von Psychopharmaka, Gehirnwäsche und durch Praktiken der Neurochirurgie verwandle man im Ashcliffe Hospital Menschen in hemmungslose Wesen, um sie unter anderem als Agenten im Kalten Krieg einzusetzen. Auch Daniels Halluzinationen könnten mit Vergiftungen durch Psychopharmaka, die man ihm zum Beispiel in Getränke gemischt habe, zusammenhängen.

ÜBERBLICK
In unserer Serie „Kino – Schon gesehen?“ stellen wir Ihnen demnächst folgende verfilmte Krankheitsthemen vor:
+ Love Story (Leukämie)
+ Marias letzte Reise (Krebs)
+ Benny & Joon (Neurose)
+ Durchgeknallt (Borderline)
+ Vertigo (Höhenangst)
+ Reine Nervensache (Panikattacken)

Weil er schließlich der Meinung ist, das Geheimnis von Shutter Island gelüftet zu haben, sucht Daniels nach seinem verschwundenen Partner und stürmt einen Leuchtturm, in dem er die Durchführung der Experimente vermutet. Hier trifft er sowohl auf den Chefarzt als auch auf seinen verschollenen Kollegen, der sich plötzlich als Dr. Sheehan vorstellt. Beide erklären Daniels, dass er selbst der extrem gefährliche, mysteriöse Patient 67 sei und an einer Dissoziativen Identitätsstörung leide. Er sei nicht der Agent Daniels, sondern der Mörder Andrew Laeddis und befinde sich bereits seit zwei Jahren auf Shutter Island.

Der Grund dafür sei, dass er seine Ehefrau Dolores erschossen habe, nachdem diese ihre drei gemeinsamen Kinder ertränkte. Die Geschichte mit dem Brand sei schlicht erfunden und die Erschießung seiner Frau sowie die Entdeckung der Leichen seiner Kinder habe er in seiner Erinnerung nach Dachau verlegt. Auch die Begegnung mit der Frau in der Höhle sei nicht wirklich gewesen, sondern resultiere aus seinen Halluzinationen. Schließlich bricht Daniels/Laeddis bewusstlos zusammen und erkennt später in seinem Krankenzimmer die Darstellungen der Ärzte als wahr an.

Ihnen zufolge habe er damit einen entscheidenden Schritt in Richtung seiner Entlassung getan, sollte er jedoch wieder in seine Wahnvorstellungen zurückfallen, sei eine Lobotomie bei ihm notwendig. Schon am nächsten Tag spricht er Dr. Sheehan wieder als seinen Partner an. Er realisiert den Blickkontakte der Ärzte, entdeckt die chirurgischen Instrumente in ihren Händen und fragt Dr. Sheehan: „Was ist schlimmer? Leben wie ein Monster oder sterben als guter Mann?“ Das Ende des Films bleibt offen und die Erklärung letztlich jedem Zuschauer selbst überlassen.

Hintergrund Bei der dissoziativen Identitätsstörung oder multiplen Persönlichkeitsstörung sind Wahrnehmung, Erinnerung sowie das Erleben der Identität beeinträchtigt. Typisch für diese seltene Erkrankung ist das Vorhandensein von mindestens zwei Persönlichkeiten bei einem Individuum, die jedoch nicht zeitgleich sichtbar sind. Jede „Gestalt“ besitzt ihre eigene Biografie und ihre Verhaltensweisen, wobei eine der beiden Charaktere meist dominant ist und auf die Inhalte der anderen Identität keinen Zugriff hat.

Beim ersten Mal vollzieht sich ein Wechsel in der Regel plötzlich und steht oft im Zusammenhang mit traumatischen Erlebnissen. Später kann der Wandel durch belastende Ereignisse oder durch Maßnahmen eines Therapeuten (z. B. mittels Entspannungstechniken oder Hypnose) hervorgerufen werden. Die Begegnung von Daniels mit der Frau in der Höhle scheint möglicherweise eine Halluzination gewesen zu sein. Darunter versteht man eine Wahrnehmung eines bestimmten Sinnesgebietes, ohne dass eine Reizgrundlage vorliegt.

Die Situation in der Höhle zählt zu den optischen Halluzinationen, bei denen nicht vorhandene Objekte gesehen oder komplette Szenen erlebt werden. Bei akustischen Halluzinationen hingegen hören Betroffene Stimmen, die beispielsweise Befehle geben oder die Person beschimpfen. Halluzinationen können sich außerdem auf den Geruch (olfaktorisch) oder den Geschmack (gustatorisch) beziehen und werden etwa von Patienten mit Vergiftungsängsten erlebt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/14 ab Seite 90.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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