Kaffeebohnen © sabine hürdler / fotolia.com
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Kaffee

SCHWARZ MACHT MUNTER

Das Image von Kaffee hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Heute gilt das rabenschwarze Getränk nicht nur als Kult – sondern auch als gesundheitsfördernd!

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Zumindest, wenn es in Maßen getrunken wird. Dann, so belegen zahlreiche Studien, schützt sein Genuss vor vielen Krankheiten. Dazu gehören Diabetes vom Typ 2, Arteriosklerose, Darm- und Prostatakrebs und sogar Hirntumore. Auch Alzheimer soll er verhindern oder verzögern. Doch wie kommt es, dass sein Genuss jahrelang verpönt war? Vielleicht weil er beides ist: Von positiver Wirkung, wenn vier bis fünf Tassen nicht überschritten werden.

Von potenziell negativer Beeinflussung, da er unbestreitbar die Frequenz des Herzschlages erhöht und das Lumen der peripheren Blut- und Bronchialgefäße erweitert, das der zentralen Blutgefäße aber verengt. Kaffee erhöht den Blutdruck und die Körpertemperatur, regt Verdauung und Diurese an. Kurz gesagt: Kaffee stimuliert das zentrale Nervensystem.

Am liebsten morgens Chemisch geschieht das folgendermaßen: Das Koffein im Kaffee besetzt Rezeptoren, die eigentlich für das müde machende Adenosin vorgesehen sind. Somit verhindert es – übrigens mit einer halben Stunde Verzögerung –, dass wir schlapp bleiben und wirkt deshalb auch nur, wenn wir müde sind. Kein Wunder, dass seine aufputschende Wirkung besonders morgens sehr beliebt ist. Im Übermaß genossen, verursacht Kaffee Händezittern, Herzrasen, Bluthochdruck und Schlaflosigkeit.

Da auch Forscher gern Kaffee trinken, erfreut sich der schwarze Saft in der Studienlandschaft aus aller Welt großer Beliebtheit. Es ist unmöglich, sie hier alle aufzuzählen, nur so viel: Mittlerweile gibt es Forschungsgruppen, die einfach nur Studien sammeln und daraus Querschnitte und Verallgemeinerungen ableiten.

Eine ist folgende: Inhaltsstoffe des Kaffees setzen einen Reinigungsprozess innerhalb der Zelle in Gang. Dieser Prozess, „Autophagie“ genannt, beseitige Zellschrott, befanden der Molekularbiologe Frank Madeo und der Mediziner Guido Kroemer von den Universitäten Graz und Paris – jedenfalls bei Mäusen. Das funktioniere aber nur, wenn der Kaffee ohne Milch getrunken wird – denn das Eiweiß in der Kuhmilch enthalte eine Aminosäure, die den Aufräumprozess behindere.

Ganz neu ist auch eine Studie der Technischen Universität Kaiserslautern, nach der Kaffee Strangbrüche in der DNA verhindert. Diese führen zur Zellalterung und im schlimmsten Fall zu Krebstumoren. Die Forschergruppe gab das Fazit ab: „Regelmäßiger Kaffeegenuss trägt zur Instandhaltung der DNA bei“.

Köstliche AromenEs muss einen Grund haben, dass Kaffee nach Wasser das beliebteste Getränk auf Erden ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass er alle Sinne anspricht: Schon der Geruch einer frisch gebrühten Tasse weckt unsere Lebensgeister, und wer einmal in einer Kaffeerösterei gewesen ist, der vergisst dieses Füllhorn aromatischer Düfte nie wieder. Denn durch das Rösten entfaltet die im Rohzustand unscheinbare, grau-grüne Kaffeebohne erst ihr volles Potential.

»Das Koffein im Kaffee besetzt Rezeptoren, die eigentlich für das müde machende Adenosin vorgesehen sind.«

„Es gibt einen großen Unterschied zwischen industriell hergestelltem Kaffee und dem aus einer kleinen Rösterei“, sagt die Coffeologin Inge Lauel aus dem hessischen Herborn. „Während bei den großen Herstellern die Röstzeit nur vier Minuten beträgt, können das bei den kleinen schon mal zwanzig Minuten sein.“ Das wirkt sich nicht nur auf den Geschmack aus, sondern auch auf die Bekömmlichkeit: Erst nach zwölf Minuten verflüchtigt sich die Chlorogensäure, die dafür verantwortlich ist, dass manchen Menschen ihr Kaffee auf den Magen schlägt.

Der Bestandteil, den die Menschen hingegen am meisten schätzen, ist das Alkaloid Koffein: zwischen 0,8 und 2,5 Prozent beträgt sein Anteil. Insgesamt hat Kaffee an die 1000 verschiedene Inhaltsstoffe, darunter viele Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien.

Anspruchsvolle Pflanze Doch wie gelangte Kaffee überhaupt in den Status eines allgemeinen Genussmittels? Denn immerhin ist seine Herstellung ja nicht ganz einfach: Zum einen wachsen Kaffeebäume in den Sorten Arabica und Robusta (Coffea Canephora) nur im sogenannten „Kaffeegürtel“ links und rechts vom Äquator. Sie mögen keinen Frost, sie mögen nicht zuviel Wasser, aber auch nicht zu wenig. Sie brauchen Wind und reichlich Sonne, aber bitte nicht im Übermaß! Sie haben gern ein leicht saures Milieu im Boden.

Alles Gründe, warum der Kaffeebaum hier überhaupt nicht gedeiht. Die reifen, roten Kaffeefrüchte werden meist mit der Maschine geerntet, seltener mit der Hand. Sie müssen getrocknet werden, danach entpulpt – also gequetscht, damit das Fruchtfleisch verschwindet. Auch das Silberhäutchen um die Bohne muss weg, dann kann die abschließende Reinigung und Sortierung stattfinden. Jetzt erst sind die Kaffeebohnen bereit für den Weitertransport rund um den Globus.

Die perfekte Tasse Für die Zubereitung des fertigen Getränkes braucht man übrigens keine sündhaft teuren Maschinen. Kenner schwören auf die „French Press“, also jene preiswerten Stempeldruckkannen, in die der gemahlene Kaffee eingefüllt und mit beinahe kochendem Wasser übergossen wird. Die Coffeologin empfiehlt zudem die „Karlsbader Kanne“, die der Zubereitung im Porzellan-Filter am nächsten kommt. Als Faustregel gilt: Fünfzig Gramm Kaffee in mittelfeiner Mahlung auf ein Liter Wasser, das 95 Grad haben sollte, wenn es auf das Kaffeemehl trifft (Tipp: Nach dem Aufkochen zehn Sekunden warten.)

Und wie die Welt zum Kaffee kam? Daran ist der Hirte Kaldi schuld. Er lebte zwischen dem 6. Und 9. Jahrhundert im abessinischen Hochland und wunderte sich, dass seine Ziegen nach dem Knabbern an einem Strauch mit roten Früchten so munter herumsprangen. Die Mönche des nahegelegenen Klosters warfen die Früchte als Teufelswerk ins Feuer – und holten sie schnell wieder heraus, weil sie verteufelt gut rochen …

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/15 ab Seite 108.

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

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