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Tipps bei Harninkontinenz

SCHLUSS MIT TRÖPFELN

Jede dritte Frau und jeder siebte Mann im Alter von über 65 Jahren leiden an unerwünschtem Urinabgang. Mit Maßnahmen aus der Verhaltens-, Physio- und der Pharmakotherapie kann Betroffenen geholfen werden.

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Die International Continence Society (ICS) definiert Harninkontinenz als jeglichen Urinverlust, der objektiv nachweisbar ist, unwillkürlich auftritt und mit sozialen und hygienischen Problemen einhergeht. Die Störung kann für Betroffene und deren Angehörige sehr belastend sein, wird häufig verschwiegen und ist mit Scham- und Ekelgefühlen besetzt. Kunden mit Harninkontinenz leiden nicht selten unter seelischen Problemen wie Depressionen oder unter Hautproblemen wie der inkontinenzassoziierten Dermatitis.

Verschiedene Formen Man unterscheidet fünf Arten der Urininkontinenz: Die Belastungsharninkontinenz zeigt sich beim Husten, Niesen sowie bei körperlicher Aktivität. Für eine Dranginkontinenz ist hingegen ein verstärkter Harndrang mit oder ohne Miktionsfrequenzsteigerung sowie eine vermehrte nächtliche Urinausscheidung typisch. Weitere Varianten sind die Mischinkontinenz, das nächtliche Einnässen und das sogenannte Nachträufeln.

Einfache Verfahren Zu Therapiebeginn stehen konservative Maßnahmen wie Biofeedback, Elektrostimulation oder die Veränderung von Lebensgewohnheiten (zum Beispiel Toilettengänge nach Zeitplan, Gewichtsreduktion, das Aufstellen von Trinkprotokollen) im Vordergrund. Betroffene, die unter der Anleitung eines Physiotherapeuten an einem professionellen Beckenbodentraining teilnehmen, erzielen häufig schnelle und gute Erfolge.

Zusätzlich bieten moderne absorbierende Hygieneprodukte Sicherheit im Alltag und ermöglichen Patienten ein relativ normales Leben, denn mit Einlagen, Vorlagen, Inkontinenzslips (Windelhosen) oder Pants (Inkontinenzhosen) können sie dem Harnverlust Paroli bieten. Manchmal genügt der Einsatz dünner Inkontinenzeinlagen, die im Slip fixiert werden, bei größeren Urinverlusten empfehlen sich saugstärkere Vorlagen. Für starke Inkontinenz, auch in Kombination mit Bettlägerigkeit, gibt es Slips oder Pants. Wichtig ist eine gute Beratung, um das passende Produkt zu finden.

Medikamentöse Behandlung Ist die verminderte Kontrolle über die Harnausscheidung auf eine Prostataver- größerung zurückzuführen, lindern Phytopharmaka mit Brenn- nesselwurzeln, Sägepalmenfrüchten oder Kürbissamen die Beschwerden. Außerdem kann die Kombination aus einem Anticholinergikum sowie einem alpha-Blocker oder einem 5-​alpha-Reduktasehemmer bei Männern, die unter einer benignen Prostatahyperplasie zusammen mit einer Dranginkontinenz leiden, helfen. Bei einer Dranginkontinenz verordnen Ärzte häufig Anticholinergika wie etwa Oxybutynin, Propiverin oder Fesoterodin zur Entspannung des Blasenmuskels.

Auch das Parasympatholytikum Trospiumchlorid kommt bei der Dranginkontinenz zum Einsatz. Der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Duloxetin stellt eine Behandlungsoption bei Belastungsinkonti- nenz dar, wobei die Kombination mit Beckenbodentraining der alleinigen medikamentösen Behandlung überlegen ist. Der Wirkstoff Desmopressin gleicht dem körpereigenen, antidiuretischen Hormon Vasopressin und wirkt sich regulierend aus. Postmenopausale Frauen mit Belastungsinkontinenz verbessern die Symptomatik meist durch eine Estrogentherapie.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 26.

Martina Görz, PTA, Psychologin und Fachjournalistin,

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