Mutter mit Kind KOpf an Kopf lachen gemeinsam© DenKuvaiev / iStock / Getty Images Plus
Bei einer Trisomie 21 ist das Risiko, in jungen Jahren eine AML zu entwickeln, erhöht.

Schlüsselgen erkannt

LEUKÄMIE BEI TRISOMIE 21

Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt, ist die am häufigsten vorkommende Generkrankung. Eins von 700 Kindern wird damit geboren. Viele von ihnen erkranken schon in den ersten Lebensjahren an Akuter Myeloischer Leukämie (AML). Die Ursache hierfür scheint nun gefunden.

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Am Universitätsklinikum in Frankfurt am Main hat eine Forschungsgruppe in Zusammenarbeit mit anderen Kliniken entscheidende Fortschritte in der Erforschung der Down-Syndrom-assoziierten AML (DS-AML) erzielt. Eine wichtige Rolle spielt ein einzelnes Gen.

Die Wissenschaftler*innen um Professor Dr. med. Klusmann fanden heraus, dass eines der 218 Gene auf dem Chromosom 21 für die Krankheitsentstehung zentrale Bedeutung hat. Aus RUNX1, so der Name des Gens, werden drei verschiedene Formen eines sogenannten Transkriptionsfaktors gebildet. Überwiegt eine bestimmte davon, entsteht AML.

Komplexe Regulierung

Transkriptionsfaktoren sind entscheidend in allen Bereichen des Körpers, denn sie steuern die Bildung von Proteinen aus der DNA. Die menschliche Blutbildung im Knochenmark ist ein sehr komplizierter Prozess, der in besonderem Maße von solchen Transkriptionsfaktoren beeinflusst wird. In gesunden menschlichen Zellen sind die drei Formen des von RUNX1 codierten Transkriptionsfaktors im Gleichgewicht miteinander und steuern gemeinsam wichtige Prozesse in der Blutbildung.

Was ist AML?
Im Knochenmark werden zunächst Vorläuferzellen gebildet, aus denen sich dann die verschiedenen Blutzellen wie Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten entwickeln. Bei AML, einer Art von Blutkrebs, ist die Differenzierung der Zellen gestört. Das bedeutet, es entstehen große Mengen an Vorläuferzellen, aber diese werden unreif ins Blut abgegeben. Somit können sie ihre Funktion nicht ausüben, lebenswichtige Abläufe wie Immunabwehr, Blutgerinnung und Sauerstofftransport kommen letztlich zum Erliegen. Die Heilungschancen bei AML sind gering. Bisher besteht die einzige Therapie in einer Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Knochenmarkstransplantation. Diese Prozedur stellt für die Patienten eine große Belastung dar.

Gestörtes Gleichgewicht

Diejenige Form, die in gesunden Zellen nur in geringer Menge vorkommt, heißt RUNX1A und verstärkt die Bildung der Vorläuferzellen im Knochenmark. Bei AML wird sie durch eine Mutation im Gen RUNX1 überproduziert und verdrängt RUNX1C, welches für die Zelldifferenzierung verantwortlich ist und gewöhnlich überwiegt.

Das Team in Frankfurt konnte nachweisen, dass das Verhältnis von RUNX1A und RUNX1C zueinander entscheidend für die Entstehung von Leukämie ist. Nicht nur bei DS-AML, sondern auch bei anderen Formen der AML. In Zellkulturen gelang es, die Krankheit aufzuhalten, indem das normale Mengenverhältnis beider RUNX1-Produkte wiederhergestellt wurde.

Neue Therapien in Sicht?

Ihre Erkenntnisse bezeichnen die Forschenden selbst in ihrer Arbeit als zentral für die Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten für AML. Durch ihre Forschung wissen sie nun genau, wie die Genvariante die Blutzellen verändert. Hinzu kommt, dass RUNX1A nach den Ergebnissen aus Frankfurt auch die Wirkung von anderen, bereits bekannten Onkogenen verstärkt oder erst ermöglicht. Somit kommt dem Gen RUNX1 eine Schlüsselrolle in der Entstehung der AML zu.

Weiter konnten die Forschenden die durch zu hohe Mengen RUNX1A ausgelöste Signalkaskade durch die Gabe gezielter Hemmstoffe unterbrechen. An diesen Substanzen wird nun weiter geforscht, um hoffentlich bald bessere Therapien für AML entwickeln zu können.

Quellen:
Innovations Report
https://doi.org/10.1182/blood.2022017619 

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