Wickel

SANFT HEILEN

Die Ägypter füllten sie mit heißem Nilschlamm, die Römer mit Kohl: Wickel halfen schon im Altertum gegen allerlei Zipperlein.

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Wickel helfen bei so unterschiedlichen Beschwerden wie Fieber, Gelenkschmerzen oder Durchfall. Sie sind schnell gemacht, und fast alles, was man braucht, haben Ihre Kunden zuhause. Fertige Wickel haben den Vorteil, dass sie hygienisch verpackt und die Inhaltsstoffe genau aufeinander abgestimmt sind. Möchte Ihr Kunde allerdings die Wickel selbst zuhause herstellen, dann helfen Ihnen die folgenden Tipps, ihn richtig zu beraten, was die Technik und die verwendeten Wickelzutaten wie zum Beispiel Heilerde, Heublumen oder Leinöl betrifft – diese sollten Sie natürlich vorrätig haben.

Wickel können vieles … Hierzulande wurden Wickel im 19. Jahrhundert durch Naturheiler wie Vinzenz Priessnitz und Sebastian Kneipp populär. Wickel sind eine ganzheitliche Therapie, die sich positiv auf Körper und Geist auswirkt. Allerdings sollte man zum Beispiel nie verschiedene kombinieren, da man hierdurch den Organismus großem Stress aussetzt. Wickel sollten stets in ruhiger, entspannter Atmosphäre angelegt werden, wobei der Patient nicht hungrig sein oder gerade gegessen haben sollte. Auch Alkohol, Zigaretten, Tee oder Kaffee sind vor der Anwendung tabu, da sie die Wirkung von Wickeln durch ihren gefäßverengenden Effekt beeinflussen.

 … aber nicht alles Bessern sich die Beschwerden nach ein bis zwei Tagen nicht oder verschlimmern sie sich, sollte ein Arzt konsultiert werden. Kontraindiziert sind Wickel bei offenen Wunden, Empfindungsoder Durchblutungsstörungen, Lähmungen und Herz-Kreislauferkrankungen. Bei den Zusatzsubstanzen sollten Ihre Kunden auf Allergien und Unverträglichkeiten achten. Für schwerkranke Menschen, Säuglinge, oder Personen, die sich nicht artikulieren können, sind Wickel grundsätzlich nicht geeignet.

Kalt, warm oder feucht-heiß? Wickel bestehen immer aus drei Lagen: einem feuchten Innentuch, einem trockenen Zwischentuch und einem wärmenden Außentuch, die nur aus Naturfasern wie Baumwolle, Leinen oder Wolle bestehen dürfen. Das innere Tuch kann zusätzlich mit Substanzen wie Heilerde oder Quark bestrichen werden, deren Wirkstoffe so über die Haut aufgenommen werden können. Der Wickel wirkt zunächst über die Temperatur des feuchten Innentuchs, die einen physikalischen Reiz auslöst. Kalt: Die Gefäße verengen sich – der Wickel verschafft Kühlung. Warm: Die Gefäße erweitern sich, was die Durchblutung anregt. Feucht-heiß: Starker, kurzer gefäßerweiternder Reiz, der Verkrampfungen und Verspannungen löst.

Richtige Vorbereitung Geeignet sind Geschirr- oder Taschentücher aus Baumwolle für die innere Lage, Frottee- oder Flanelltücher für die Zwischenlage und dickere Frotteehandtücher oder Wolldecken als Außentuch. Wärmflaschen und Kirschkernkissen können helfen, die Wärme nach Bedarf zu erhöhen. Temperaturen für heiße Wickel misst man am besten am eigenen Unterarm, wo er sich noch angenehm anfühlen muss. Die drei Tücher werden nacheinander um die betreffende Körperstelle gewickelt, wo sie zwischen 10 und 30 Minuten verbleiben. Anschließend folgt immer eine 30-minütige Ruhephase.

WELCHE WICKEL FÜR WAS?
Husten:
feucht-heiße Brustwickel mit Thymian, Zitrone; warmer Brustwickel mit Quark
Halsschmerzen: warmer Halswickel mit Kartoffel, Polenta oder Zitrone
Gelenkschmerzen: zimmerwarmer Quark- oder Kohlwickel
Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall: warmer Leibwickel mit Kamille, feucht-heißer Leibwickel

Wadenwickel gegen Fieber: Bei Fieber sollte man Wickel erst ab einer Temperatur von 39 Grad anwenden, sodass man nicht zu früh in diesen natürlichen Abwehrmechanismus gegen Krankheiterreger eingreift. Wichtig ist, dass der Patient vor der Anwendung warme Füße hat. Für den Wickel Geschirrhandtücher rollen und in Wasser tauchen, dessen Temperatur höchstens fünf Grad unter der des Patienten liegt. Die ausgewrungenen Tücher dann locker um die Waden wickeln, darüber ein trockenes Handtuch und schließlich die Bettdecke schlagen. Der Wickel soll nicht zu straff sein, damit die Verdunstungskälte die Temperatur zusätzlich senken kann. Sind die Innentücher körperwarm geworden, wird die Prozedur in der nächsten halben Stunde zwei- bis dreimal wiederholt, worauf die Ruhephase folgt. Nach der Anwendung sollte das Fieber um etwa ein halbes Grad sinken.

Zwiebelwickel gegen Ohrenschmerzen: Die ätherischen Öle der Zwiebel wirken wie ein natürliches Antibiotikum, wobei das ebenfalls enthaltene Quercetin sogar Viren bekämpft. Für den Wickel eine Zwiebel vierteln, die Schichten voneinander trennen und mit der Wölbung nach oben auf ein Baumwolltuch legen. Das Tuch falten, wobei nur eine Stoffschicht die Unterseite der Zwiebel bedecken darf. Dann mit der Hand die Zwiebel leicht auspressen, das Ganze in Folie wickeln und zum Erwärmen zwischen zwei Wärmflaschen legen. Dann die Folie abnehmen, das Päckchen mit der Unterseite aufs Ohr legen und 20 Minuten wirken lassen.

Thymianwickel gegen Erkältung: Feucht-heiße Wickel wirken durch ihre Dämpfe. Mit ätherischen Ölen versetzt, bekämpfen sie wirksam Erkältungskrankheiten. Für den Wickel das Innentuch mit Thymiantee übergießen, auswringen und in ein Waffelpikeetuch einschlagen, das die Wärme des Wasserdampfes gut in seiner Wabenstruktur speichert. Die nicht zu heiße Thymiankompresse auf die Brust legen und mit einem Schal umwickeln. Feucht-heiße Wickel sollten nach etwa zehn Minuten abgenommen werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 ab Seite 76.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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