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Giftpflanzen

ROTE ZAUNRÜBE - KLETTERFREUDIGE KNOLLE

Auf das giftige Potenzial der Roten Zaunrübe verweisen bereits die alten volkstümlichen Namen Teufelskirschen oder Tollrübe. Dennoch schätzte man sie früher als Heilpflanze.

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Bryonia dioica ist eine in Europa weit verbreitete Pflanze aus der Familie der Kürbisgewächse , die vor allem an Hecken, Gebüschen, Mauern oder Zäunen zu finden ist. Sie benötigt stickstoffhaltige Lehmböden und bevorzugt warme Standorte. Doch hat sich das Kürbisgewächs erst einmal eingefunden, dann klettert es überall, wo es mit seinen Ranken Halt findet, entlang. Dabei schafft es die Rote Zaunrübe spielend, drei bis vier Meter emporzusteigen.

Schnellwüchsiger Kletterkünstler Da die Ranken sehr schnell wachsen, kann die Kletterpflanze in kurzer Zeit andere Pflanzen vollständig überwuchern. In den Weinbergen ist sie deshalb ein gefürchtetes Unkraut. Das überaus schnelle Wachstum kommt auch im Gattungsnamen Bryonia zum Ausdruck. Dieser entstammt aus dem griechischen Wort bryo = sprossen und wurde von dem antiken Naturforscher Plinius für alle schnell wachsenden Kletterpflanzen verwendet.

Der Artname dioica bedeutet zweihäusig und nimmt darauf Bezug, dass auf einer Pflanze entweder nur männliche oder nur weibliche Blüten existieren. Während die männlichen Blüten grünweiß sind und in langstieligen Trauben wachsen, stehen die weiblichen Blüten in kleinen Büscheln
direkt in den Blattachseln und haben eine gelblich-weiße Farbe. Nur aus den weiblichen Blüten entwickeln sich die im Reifezustand scharlachroten, erbsengroßen Beeren, die der Roten Zaunrübe ihren deutschen Namen gegeben haben.

Wurzel mit Wirkung Die Rote Zaunrübe hat eine dicke, rübenartige Wurzel, die ihr wie das bevorzugte Wachsen an Zäunen, ebenfalls zu ihrem Namen verholfen hat. Auch ihr Synonym Heckenrübe nimmt auf den Standort Bezug. Aufgrund des widerlichen Geruchs der Wurzel, wurde sie früher auch Faulrübe genannt. Andere volkstümliche Namen verweisen auf ihre Wirkung.

Bryonia im Aberglauben
Die Rote Zaunrübe war früher nicht nur ein Heilmittel, sondern galt auch als Zauberpflanze. Aufgrund der besonderen Form der Wurzel, die mit Fantasie an eine Menschengestalt erinnert, wurde sie im Mittelalter als zauberkräftige Alraune, dem Allheilmittel der damaligen Zeit, gehandelt. Zudem wurden daraus Figuren geschnitzt, die Glück bringen oder Hexen vertreiben sollten.

Die Zaunrübe ist eine alte Heilpflanze, die seit dem Altertum Verwendung findet und in vielen Kräuterbüchern des Mittelalters beschrieben ist. Der Saft der Wurzel wurde als starkes Abführmittel sowie bei Gicht eingesetzt, weshalb man sie auch Scheißwurz oder Gichtrübe nannte. Darüber hinaus wurde sie als Emetikum empfohlen, äußerlich zur Behandlung von Geschwüren und Ekzemen genutzt und bei Erkältungen, Lungenentzündungen oder Tuberkulose geschätzt.

Homöopathisches Mittel Doch da die beabsichtigten Effekte häufig mit schweren Nebenwirkungen wie heftigen, schmerzhaften Darmentleerungen und starken Schleimhautreizungen mit teilweise tödlichem Ausgang einhergingen, sieht man heute von der Verwendung der Zaunrübe in der Allopathie ab. Lediglich in der Homöopathie kommt sie noch zum Einsatz, wo Bryonia ein klassisches Mittel gegen seröse Entzündungen der Schleimhäute, entzündliche Schwellungen der Gelenke und bei grippalen Infekten ist.

Giftiges Kürbisgewächs Die unerwünschten Effekte sind Ausdruck der Giftwirkung des Kürbisgewächses. Bei leichten Vergiftungen kommt es nach Verzehr zu Magenbeschwerden, die sich mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall bemerkbar machen. Schwere Intoxikationen äußern sich mit Blutungen, tetanus-artigen Krämpfen, Störungen des Nervensystems, Nierenschäden und Herzrasen bis hin zum Tod durch Atemlähmung. Aber auch schon das Anfassen der Pflanze führt zu schmerzhaften Reizungen und Entzündungen der Haut mit Blasenbildung.

Toxische Bitterstoffe Die Zaunrübe zählt zu den sehr giftigen Pflanzen. Alle Teile sind giftig, besonders die Wurzel, Beeren und Samen. Bereits der Genuss von sechs bis acht Beeren löst beim Erwachsenen mehrmaliges Erbrechen aus. Als tödlich gelten beim Erwachsenen 40 und beim Kind 25 Beeren. Da die Früchte allerdings sehr scharf und bitter schmecken, reizen sie nicht zum Verzehr und Vergiftungsfälle sind relativ selten.

Der bittere Geschmack ist auf giftige Bitterstoffe, den Curcurbitacinen, zurückzuführen. Dabei handelt es sich um ein Gemisch bitter schmeckender C30-Steroide in Form tetrazyklisch aufgebauter Triterpenverbindungen. Die Rote Zaunrübe enthält über 20 verschiedene Cucurbitacine, die meistens als Glykoside vorliegen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/13 ab Seite 106.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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