Heilpflanzen

„ROS MARINUS“, DER TAU DES MEERES

Die Blätter der Lieblingspflanze von Sebastian Kneipp sind bei uns als Gewürz sehr beliebt und werden auch als Wein angeboten.

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Rosmarin zählt zu den Ätherisch-Öl-Drogen. Das durch Wasserdampfdestillation aus den blühenden oberirdischen Teilen von Rosmarinus officinalis L. gewonnene ätherische Öl hat als Rosmarini aetheroleum wie auch das ganze, getrocknete Laubblatt als Rosmarini folium (Rosmarinblätter) Eingang ins Europäische Arzneibuch gefunden. Wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe des in den Blättern enthaltenen ätherischen Öls sind 1,8 Cineol, alpha-Pinen, Kampfer und Borneol. Des Weiteren finden sich Diterpen-Bitterstoffe, Flavonoide und Rosmarinsäure als Lamiaceen-Gerbstoff.

Typische Mittelmeerpflanze Rosmarin ist im Mittelmeergebiet auf sonnigen, steinigen Standorten beheimatet und dort weit verbreitet. In unseren Breitengraden ist der etwa ein bis zwei Meter hohe immergrüne Strauch aus der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) nicht winterhart und wird daher in Kübeln gehalten. Die aufrechten, verholzten Zweige tragen sitzende, schmallanzettförmige, ledrig feste Blätter, die stark auf der Oberseite glänzen und auf der Unterseite behaart sind. Ihre Blattränder sind nach unten umgerollt, sodass sie nadelförmig erscheinen.

Zur Namensgebung Die hellblauen Blüten, die praktisch das ganze Jahr über erscheinen, sollen der Heilpflanze den Namen Rosmarin (von lat. ros marinus = Tau des Meeres) verliehen haben. Die Bezeichnung nimmt darauf Bezug, dass die Pflanze an den Meeresküsten wächst und sich nachts der Tau in den Blüten sammelt. Eine andere Deutung geht auf den griechischen Begriff rhops myrinos = wohlriechender Strauch zurück, der auf den aromatisch-würzigen Geruch der Pflanze verweist.

Symbolischer Gebrauch In der Antike kannte man die Pflanze zwar, doch wurde sie nicht zu Heilzwecken verwendet. Vielmehr repräsentierte sie die Liebe und das Glück, aber auch Tod und Unheil. Die Griechen weihten Rosmarin der Aphrodite, der Göttin der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit. Daneben diente die Pflanze der Braut als Schmuck. Zudem wurden Kränze als Glücksbringer getragen. Zugleich gedachte man im antiken Griechenland und Rom sowie im Mittelalter mit Rosmarin den Toten. Zweige, Sträuße oder Kränze wurden nicht nur den Verstorbenen ins Grab gelegt, auch die Sargträger und Trauergäste trugen Rosmarin. Noch heute werden Rosmarinsträuße für feierliche Anlässe wie Hochzeiten und Beerdigungen gebunden.

Erste heilkundliche Verwendung Mit den Benediktinern gelangte Rosmarin über die Alpen nach Mitteleuropa. Der Arzt und Alchemist Arnoldus Villanovanus gewann im 13. Jahrhundert das ätherische Öl und verwendete es erstmals als Heilmittel gegen vielfältige Beschwerden. Im Mittelalter erhielt die cholagoge (gallenflussfördernde) Wirkung eine besondere Bedeutung. Auch tonisierende Effekte auf den Kreislauf und die Durchblutung sowie wundheilungsfördernde Eigenschaften wurden angepriesen. Sebastian Kneipp schätzte im 19. Jahrhundert die Heilpflanze bei Magen- und Herzbeschwerden sowie für die Rekonvaleszenz und erkor Rosmarin zu seiner Lieblingspflanze.

TIPP
Während der Schwangerschaft sollen Zubereitungen aus Rosmarinblättern oder das ätherische Öl nicht eingenommen werden, da Rosmarin in großen Mengen die Gebärmutter stimuliert. Eine Verwendung als Gewürz ist hingegen möglich.

Heutige Indikationen Noch heute ist Rosmarin als Karminativum und Stomachikum bei Verdauungsstörungen wie Blähungen, Völlegefühl oder Krämpfen des Magen-Darm-Traktes beliebt. Neben der spasmolytischen Wirkung werden auch die appetitanregenden und gallenflussfördernden Eigenschaften geschätzt. Besonders häufig wird das Gewächs als Tee getrunken, volksmedizinisch ist aber auch Rosmarinwein als Kreislauftonikum bekannt.

Zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit werden Herzsalben mit Rosmarin in der Herzgegend einmassiert. Umschläge kommen bei schlecht heilenden Wunden, Verstauchungen, Quetschungen und Ausschlägen zum Einsatz. Die hautreizende und durchblutungsfördernde Wirkung äußerlicher Rosmarinzubereitungen wird besonders zur unterstützenden Therapie bei Muskel- und Gelenkrheumatismus ausgenutzt. Außerdem erhöhen Rosmarinbäder niedrigen Blutdruck und stimulieren den Kreislauf.

Eine Bestätigung der Anwendungsvielfalt des Rosmarins findet sich durch positive Beurteilung der Heilpflanze von der Kommission E des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes und der ESCOP (European Scientific Cooperative On Phytotherapy). Sie sehen in ihren Monografien die innere Anwendung bei dyspeptischen Beschwerden sowie Funktionsstörungen der Leber und Galle und die äußerliche Applikation zur unterstützenden Behandlung rheumatischer Erkrankungen sowie als Kreislauftonikum vor.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/11 ab Seite 26.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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