Eine Skizze zeigt verschiedene Bakterienarten im Magen-Darm-Trakt.
Das Darmmikrobiom wird zunehmend besser erforscht. Eine Studie zeigt nun, dass gewisse Stämme das Risiko für Adipositas erhöhen - und dass Statine dieses Ungleichgewicht beheben könnten. © TLFurrer / iStock / Getty Images Plus

Statine | Darmflora

RISIKOFAKTOR BAKTERIEN: MACHEN MANCHE STÄMME DICK?

Verbessern Statine die Darmflora bei adipösen Patienten? Dieses Ergebnis legen zwei Studien nahe, die im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht wurden.

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Unsere Darmflora findet in den letzten Jahren zunehmend Beachtung, denn sie scheint für ein reibungsloses Funktionieren aller Systeme unabdingbar. Ist die Zusammensetzung des Bakterienteppichs im Darm verschoben oder gestört, bringt man mittlerweile verschiedene Krankheitsbilder wie Hauterkrankungen, Typ-2-Diabetes, chronisch entzündliche Darmerkrankungen und gar Depressionen damit in Zusammenhang.

Medikamente können die Zusammensetzung der Darmflora ändern. Bestes Negativ-Beispiel sind dafür die Protonenpumpenhemmer (PPI). Statine hingegen – und das ist die Überraschung – scheinen einen positiven Einfluss auf die Darmflora zu besitzen.

Diese wird von jeher in drei Entero-Gruppen unterteilt. Eine davon, Bact2 genannt, geht mit einem häufigen Vorhandensein von Bacteroides-Arten einher. Dieses nützliche kleine Bakterium futtert für sein Leben gern Kohlenhydrate und zerlegt sie infolge seines Heißhungers besonders schnell; infolgedessen könnte es zu einer verstärkten Resorption von Einfachzuckern kommen. Je nachdem, wie viele dieser Kolonien ein Mensch beherbergt, könnte es erklären, warum manche eher zu Adipositas neigen.

Die Forscher stellten in einer Metastudie fest, dass der Body-Mass-Index (BMI) Einfluss auf den Enterotypen besitzt: Adipöse Teilnehmer mit einem BMI über 30 zählten in 17,73 Prozent der Fälle zum Enterotypen Bact2 – bei Menschen mit normalen BMI waren es nur 3,9 Prozent. Und noch ein weiteres Detail fiel den Wissenschaftlern auf: Patienten, die mit Statinen zur Cholesterinsenkung behandelt wurden, hatten auch eine andere Darmflora. Adipöse Teilnehmer mit dieser Medikation hatten nur zu 5,88 Prozent den Enterotyp Bact 2 – und damit beinahe so häufig wie Normalgewichtige.

So ganz verstanden hat man den Mechanismus noch nicht. Entweder haben die Statine einen direkten Einfluss auf die Bakterien, mindern indirekt die Entzündungsreaktion im Körper oder diese Patienten haben insgesamt ihr Ernährungsverhalten zugunsten weniger cholesterinhaltiger Nahrung geändert.

Cholesterinsenker sind Standard in der Therapie zur Senkung von Blutfettwerten: Simvastatin, Atorvastatin und Pravastatin sind dabei die Dauerbrenner in der Apotheke. Die Medikamente hemmen kompetitiv das Enzym HMG-CoA-Reduktase in der Leber. In der Folge wird ein Großteil des im Blut schwimmenden schädlichen Fetts in die Zellen verschoben. Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Statine zählen neben Kopfschmerzen und Müdigkeit vor allen Magen-Darm-Beschwerden und Veränderungen im Blutbild. Außerdem wird bei einer Langzeittherapie ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, diskutiert.

Bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie oder atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen müssen oft andere Geschütze aufgefahren werden. Mit Evolocumab und Alirocumab stehen monoklonale Antikörper zur Verfügung, die alle zwei bis vier Wochen per Spritze verabreicht werden müssen.

Hier lässt eine Neuentwicklung hoffen, die den großen Vorteil bietet, dass sie nur alle halbe Jahr injiziert wird: Inclisiran, ein modifiziertes RNA-Molekül. In den Zellen ahmt es einen natürlichen Abwehrmechanismus nach – es verhindert gezielt die Umsetzung von Genen in Proteine, in deren Folge es deren Synthese in der Leber hemmt – was zu einer deutlichen Senkung des Cholesterinwertes führt. Erste Zulassungsanträge für das neue Medikament laufen bereits in den USA und Europa.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: apotheke adhoc

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