Wasserkuppe@ Rhön GmbH /CC-BY Arnulf Müller

Schon mal da gewesen?

RAUF AUF DIE SCHARFE KUPPE

Die hessische Rhön ist kein bundesweit bekanntes Tourismus-Highlight. Dabei bieten schon Wasserkuppe plus Umgebung viel: als Wintersportgebiet, Wiege des Segelflugs und Wanderregion.

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Mitte Dezember überkommt es uns: Sollen wir bald mal freimachen und in die Natur fahren? Vielleicht auf die Wasserkuppe? Die Webcam-Bilder vom verschneiten Berg sind vielversprechend: Schnee und Rodel gut, finden wir. Paradiso-Abfahrt, Zuckerfeld-Lift, Panorama-Piste, das alles lockt. Aber auch für den Aufenthalt auf dem Hochplateau (950 m) in der hesssischen Rhön gelten vermutlich Pandemieregeln. Anruf bei der Verwaltung der Ski- und Rodelarena Wasserkuppe. „Wir wollen am Wochenende aufmachen. Aber wir tüfteln noch wegen der Bedingungen“, heißt es. Bald wird es hoffentlich wieder einfacher. Und dann hat man bei rund 100 Schneetagen im Jahr, mit denen die Region wirbt, allein eine Schwierigkeit: Was mach ich bloß hier oben alles? Abfahrt? Rodeln? Snowboarden? Snowkiten? Winterwandern?

Die Wasserkuppe nahe Fulda und das sie umgebende Biosphärenreservat sind ein besonderes Gebiet. Vermutlich bedeutete der Name ursprünglich scharfe Kuppe. Die Gegend ist tatsächlich eher rauh. Es pfeift oft ein ordentlicher Wind. Doch was den einen unangenehm ist, gibt den anderen Auftrieb. Die Wasserkuppe gilt als Wiege des Segelflugs. Darmstädter Studenten begannen 1910 mit Flugversuchen, 1920 wurde der erste Segelflugwettbewerb veranstaltet. Noch heute befinden sich auf der Wasserkuppe ein Segelflugzentrum sowie ein Segelflugmuseum.

Wenn nicht genug Schnee auf den Pisten liegt, kann man die Region wandernd erkunden: Zum Pferdskopf laufen, ums Rote Moor herum, zur Ruine der Milseburg. In der warmen Jahreszeit blüht und sprießt es rund um die Wasserkuppe. Hier liegen die für die Gegend typischen Borstgraswiesen, hier wachsen seltene Pflanzen wie Seidelbast oder Türkenbundlilie. Das Biosphärenreservat Rhön gehört zu den 30 Hotspots biologischer Vielfalt. Wer dort seinen Durst mit einem regionalen Getränk löschen will, greift zu Bionade. Das Rezept der zuckerarmen Limo stammt nämlich aus der Rhön, aus dem bayerischen Teil. Der ist ebenso einen Besuch wert wie die Homepage der ehemaligen Getränketüftler.

Da werden ihre Anfänge – inklusive erster Versuchsreihen im Bad und dem Segen eines Lottogewinns – unterhaltsam ausgebreitet. Zurück zur Wasserkuppe. Dort kann man ein Relikt aus dem Kalten Krieg besuchen: Die Radarkuppel „Radom Wasserkuppe“. Der Berg wurde früher auch militärisch genutzt. Die US-Streitkräfte errichteten nach dem Zweiten Weltkrieg eine mobile Radarstation. Von hier wurden während der Berlin-Blockade (1948/49) „Rosinenbomber“ geleitet. Danach wurde von dort aus der Luftraum des Warschauer Pakts überwacht. Von ehemals fünf Radarkuppeln ist noch eine vorhanden und wird von der Radom Flug GmbH erhalten. Draußen kann man auf einer Aussichtsplattform weit übers Land schauen, drinnen der Vergangenheit nachspüren oder auf die Zukunft anstoßen: Das Radom ist Hessens höchstes Standesamt.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 01/2022 auf Seite 110.

Sabine Rieser, freie Journalistin

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