mehrere verschiedene vegane Milchdrinks in Gläsern
Alternativen gibt es viele - probieren und vergleichen lohnt sich, denn die Drinks unterscheiden sich untereinander stark in Geschmack und Konsistenz. © vaaseenaa / iStock / Getty Images Plus

Vegane Ernährung

PFLANZENMILCH: BELIEBTE ALTERNATIVE

Hafer, Dinkel, Reis, Soja oder Mandel – pflanzliche Milch-Alternativen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Ihre Verwender wollen mit dem Verzicht auf Kuhmilch das Klima schonen und sich gegen Massentierhaltung einsetzen.

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Sojamilch kennt inzwischen jeder, Supermärkte führen das Produkt, fast jedes Café bietet seine Milchgetränke gegen Aufpreis auch mit Sojamilch an. In Asien wird der Pflanzendrink bereits seit 1940 industriell hergestellt. Doch der Markt hat sich in den letzten Jahren stark erweitert, mittlerweile kann man Drinks aus allen möglichen Nüssen, Samen oder Hülsenfrüchten herstellen und kaufen. Zusätzlich hat man meist noch die Wahl zwischen einer gesüßten und einer ungesüßten Form, verschiedenen Geschmacksvarianten oder dem Zusatz von Mineralstoffen und Vitaminen. Trotz aller Beliebtheit gilt: Milch dürfen sich die Erzeugnisse aus lebensmittelrechtlicher Sicht nicht nennen. Das dürfen nur tierische Produkte wie Kuh-, Schafs- oder Ziegenmilch. Auch die Zusammensetzung weicht vom tierischen Produkt ab. Das hat zum einen Einfluss auf die Konsistenz und den Geschmack, zum anderen auf den Nährwert. Laut Definition handelt es sich um „wässrige Extrakte von Hülsenfrüchten, (Pseudo-)Getreide oder Nüssen beziehungsweise Ölsaaten, die in Konsistenz, Farbe und Verwendungsmöglichkeit Kuhmilch ähneln“. Doch die Produkte haben mehr zu bieten, als es diese Definition vermuten lässt.

Kritik an Kuhmilch
Milch besteht zu über 85 Prozent aus Wasser, den Rest bilden Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate. Im Wasseranteil finden sich die Vitamine C, B1, B2, B6 und B12, im Fettanteil alle fettlöslichen Vitamine (A, D, E, K). Die Mineralstoffe Calcium, Eisen, Natrium, Kalium und Magnesium finden sich ebenfalls. Und das alles bei 64 Kilokalorien pro 100 Milliliter Vollmilch. Milch und Milchprodukte sind daher wichtige Nährstofflieferanten und machen einen großen Teil der europäischen Ernährung aus. Auf der anderen Seite stehen ungefähr 15 Prozent der europäischen Bevölkerung, die keine Lactose vertragen, auch auf das Milcheiweiß reagieren immer mehr Menschen mit Unverträglichkeiten. Angeheizt durch die mediale Diskussion wird immer häufiger der Verdacht geäußert, dass Milch Krebs auslösen kann. Anlass zu den Vermutungen geben beispielsweise Beobachtungsstudien, die zeigten, dass in Ländern mit hohem Milch- und Rindfleischkonsum auch hohe Darmkrebsraten auftreten. Der Medizin-Nobelpreisträger Harald zu Hausen publizierte zudem Entdeckungen zu bislang unbekannten Erregern in Milch, die chronische Entzündungen auslösen und dadurch das Risiko für Darm-, Brust- oder Prostatakrebs steigen lassen sollen. Mehr dazu finden Sie in unserem Praxis-Artikel.
Damit eine Kuh aber erst einmal Milch gibt, muss sie vorher kalben. Denn wie menschliche Milch auch, dient Kuhmilch in erster Linie der Ernährung des neugeborenen Kälbchens. Damit der Milchfluss nicht wieder abfällt, wird die Kuh nach drei Monaten erneut trächtig. Dieses Prozedere wird so lange fortgesetzt, bis das Tier nach etwa vier bis fünf Jahren durch eine neue Kuh an der Melkmaschine ersetzt wird. Vegan lebende Menschen verzichten daher häufig zum Wohl des Tieres auf Kuhmilch und ziehen pflanzliche Produkte vor. Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der erhöhten Klimabelastung durch exzessive Tierhaltung zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse – und damit auch von Milch. Die Herstellung von einem Liter Kuhmilch entspricht in Europa circa 1,3 Kilogramm Kohlendioxid, ohne Berücksichtigung von Transport, Verarbeitung und Lagerung. So viel CO2 wie auch in etwa durch die Verbrennung eines halben Liters Benzin frei wird.

Ökobilanz der Pflanzendrinks
Gemessen an Kuhmilch zeigen beispielsweise Soja- oder Hafermilch geringere Umweltwirkungen in Bezug auf Landverbrauch, Produktion von Treibhausgasen oder Energieverbrauch. Wer allerdings zur Mandelmilch aus kalifornischen Mandeln greift, tut der Umwelt auch nur bedingt Gutes: Zwar setzt die Produktion von einem Liter Mandelmilch im Vergleich zur Kuhmilch nur ein Zehntel der Menge an Treibhausgasen frei, doch wird für den Anbau der Nussbäume 17 Mal mehr Wasser benötigt. Bei Exoten lohnt sich also der Blick aufs Etikett, ebenso bei Soja: In Europa angebautes Soja sollte der Nachhaltigkeit zuliebe bevorzugt werden, gleiches gilt für Haselnüsse. Cashew- und Kokosnussdrinks stammen selten aus Nüssen heimischen Anbaus, sondern fast ausschließlich aus den Tropen. Hanf- und Hafermilch können hier mit Heimvorteil punkten, sie werden selten außerhalb Europas kultiviert. Reismilch stammt zwar auch häufig aus Europa, die Ökobilanz ist allerdings aufgrund des hohen Wasserverbrauchs weniger gut als bei den anderen pflanzlichen Alternativen.

Ausblick: Milch aus dem Labor?
Forscher versuchen schon länger, Fleisch in der Petrischale zu erzeugen – mit dem Ziel der industriellen Nutzung. Denn im Labor funktioniert dies bereits mit Hilfe von Muskelstammzellen von Rindern. Ähnliche Bemühungen gibt es auch im Bereich der Milch und Milchprodukte. Ein kalifornisches Startup-Unternehmen versucht beispielsweise Milch aus Rinder-DNA, Pflanzennährstoffen und Hefe zu brauen – vergleichbar mit dem Bierbrauverfahren. Dabei entstehen Kuhmilch-Proteine, frei von Lactose, Hormonen oder anderen chemischen Zusätzen. Auch andere Unternehmen investieren in die Forschung nach „geschmacksechten Alternativen“. Denn eines ist klar: Geschmack und Konsistenz der Pflanzendrinks sind nicht identisch mit denen der Kuhmilch und übrigens auch nicht untereinander. Das sollte man beim Austausch – egal ob pur, im Müsli, beim Kochen der Backen – im Hinterkopf behalten.

Was steckt drin in den Drinks?
Auch wenn sie geschmacklich variieren, die Herstellung aller Sorten ist ähnlich. Körner und Sojabohnen werden grob gemahlen (Soja geschält und nach dem Einweichen erst gemahlen), eingeweicht, gekocht und fermentiert. Dabei wird die Stärke zu Mehrfachzuckern umgebaut, wodurch ein süßlicher Geschmack entsteht. Bei Nüssen ist es etwas anders: Sie werden geschält, geröstet und anschließend erst gemahlen und verkocht. Dadurch entsteht ein stärkeres nussiges Aroma. Dieses „Ausgangsmus“ wird gefiltert – die Feststoffe können als Tierfutter genutzt oder in eine Biogasanlage geleitet werden – und je nach Produkt formuliert. Das bedeutet, je nach Hersteller können Öle, Emulgatoren, Verdickungsmittel, Salz, Süßungsmittel, Aromen hinzugefügt, sowie das Produkt mit Nährstoffen (z.B. Calcium, Vitamin D, C, B12) angereichert werden. Im Anschluss wird alles homogenisiert und haltbar gemacht, beispielsweise durch Ultrahocherhitzung oder Pasteurisierung. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe lohnt sich also, unter Umständen landen in dem Pflanzendrink ein hoher Anteil Zucker und Zusatzstoffe. Es existieren aber natürlich genügend Vertreter auf dem deutschen Markt, die mit wenigen oder ganz ohne Zusatzstoffe auskommen. Im Schnitt liegt Pflanzenmilch unter dem Energiegehalt von Kuhmilch (3,5 %), weist also weniger Kalorien auf. Nussmilch verfügt über einen ähnlichen Fettgehalt wie Kuhmilch, andere pflanzliche Alternativen liegen im Schnitt darunter, wobei der Anteil ungesättigter Fettsäuren höher ist; natürlich findet sich nur im tierischen Produkt Cholesterin. Beim Proteingehalt kann nur Sojamilch mit der tierischen Variante mithalten. Reis- und Haferdrinks besitzen einen höheren Kohlenhydrate-Anteil als Kuhmilch, Mandel- und Sojamilch liegen darunter. Wer Geld sparen möchte und genau wissen will, was in seinem Pflanzendrink so alles drin ist, kann den Milch-Ersatz auch zuhause selbst herstellen:

Pflanzenmilch-Basic-Rezept
50 Gramm Dinkel-, Hafer- oder Reisflocken mit einem Liter leicht gesalzenem Wasser in einem Topf aufkochen und etwa 20 Minuten köcheln lassen. Nach dem Abkühlen die Masse pürieren und durch ein mit einem Küchenhandtuch ausgelegten Sieb passieren. Das Filtrat hält sich im Kühlschrank etwa drei Tage. Mandeln oder Haselnüsse sollten vorher gemahlen werden. Das übrig gebliebene Nussmehl kann übrigens weiterverwendet werden, zum Beispiel zu einem Nusskuchen. Dazu einfach die abgefilterten Bestandteile gut trocknen lassen.

Farina Haase,
Apothekerin, Ernährungsberaterin/Redaktion

Quellen:

utopia.de/ratgeber/pflanzenmilch-milchersatz-pflanzliche-alternativen-zu-kuhmilch/


ecodemy.de/magazin/pflanzenmilch-pflanzendrinks-pflanzliche-milchalternativen-kaffee/albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/oekobilanz-pflanzenmilch  


https://www.n-tv.de/wissen/Kann-Kuhmilch-Krebs-verursachen-article21059128.html
https://www.br.de/puls/themen/leben/tierfreie-milch-kalifornien-100.html
dpa 
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