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MEDIKAMENTENNEBENWIRKUNGEN DIE SIE KENNEN SOLLTEN

Spezielle Nebenwirkungen zu einem Arzneistoff kann man im Beipackzettel und in der ABDA-Datenbank nachlesen. Aber die Klassiker sollte man im Kopf haben, nicht nur, weil dies beliebte Prüfungsfragen sind.

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Das Symptom Husten tritt häufig und meist im Rahmen eines Atemweginfektes auf. Bei unerklärlichem Husten sollten Sie aber auch an eine mögliche Medikamentennebenwirkung denken, denn er ist eine ganz typische unerwünschte Arzneimittelwirkung der Gruppe der ACE-Hemmer.

Alle enden auf –pril ACE-Hemmer, wie Captopril, Enalapril, Lisinopril oder Ramipril, werden hauptsächlich bei Bluthochdruck und chronischer Herzinsuffizienz eingesetzt. Sie senken den Blutdruck und können das Voranschreiten der Herzschwäche verzögern. Außerdem lindern sie unangenehme Begleitsymptome der genannten Erkrankungen, wie zum Beispiel die Atemnot und die Leistungsminderung. Bei einer beginnenden Herzinsuffizienz gleicht der Körper die schwache Pumpleistung des Herzens durch verschiedene Kompensationsmechanismen aus. Eine sehr effektive Möglichkeit ist die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS). Renin wird in der Niere gebildet und entsteht, wenn der Blutdruck abfällt.

Es wandelt das in der Leber produzierte Protein Angiotensinogen durch Abspaltung von Aminosäuren in Angiotensin I um. Über eine Reihe weiterer enzymatischer Spaltungen entsteht Aldosteron. Dabei handelt es sich um ein Mineralocorticoid, das die Ausscheidung von Natrium und Wasser über die Niere steuert. Eine Aktivierung des RAAS führt zu einem höheren Aldosteron-Spiegel, wodurch mehr Natrium und Wasser in der Niere zurückresorbiert werden. Dadurch steigt das Blutvolumen und entsprechend erhöht sich auch der Blutdruck. Dies führt zunächst zu einer besseren Versorgung des Herzens und anderer Organe.

Über längere Zeit ist ein erhöhter Blutdruck jedoch schädlich und die Herzschwäche schreitet voran. Auch die Zwischenstufe Angiotensin II lässt den Blutdruck ansteigen, und zwar, indem sie die Blutgefäße verengt. ACE steht für: Angiotensin, Converting, Enzyme (also Angiotensin-Umwandlungs- Enzym). Es ist eines der Enzyme des RAAS und katalysiert die Umwandlung von Angiotensin I in Angiotensin II. Die Arzneistoffe aus der Gruppe der ACE-Hemmer sind Inhibitoren dieses Angiotensin-konvertierenden Enzyms. Wird das System durch eine dieser Substanzen gebremst, entsteht weniger Angiotensin II und auch weniger Aldosteron. Der Blutdruck sinkt also wieder. Dadurch nimmt der Gefäßwiderstand ab, sodass das Herz weniger Pumpleistung erbringen muss. Das ist der therapeutisch erwünschte Effekt.

Es liegt am Bradykinin Darüber hinaus wird das Enzym ACE aber auch zum Abbau des Gewebshormons Bradykinin benötigt. Bradykinin besteht aus neun Aminosäuren und ist in vielerlei Hinsicht dem Histamin ähnlich. So ist es auch an allergischen und anaphylaktischen Reaktionen sowie an der Schmerzerzeugung beteiligt, steigert die Gefäßpermeabilität und ist ein Mediator von Entzündungen. Außerdem – und genau darum geht es hier – führt es zur Kontraktion der Bronchialmuskulatur und kann die Hustenrezeptoren reizen. Das Enzym ACE wandelt nicht nur Angiotensin I in Angiotensin II um, es inaktiviert auch das Bradykinin. Nimmt man einen ACE-Hemmer ein, so reichert sich das Gewebshormon im Körper an und kann bei empfindlichen Personen Hustenreiz auslösen.

Meist schon in der ersten Woche 15 bis 20 Prozent der mit ACE-Hemmern Behandelten entwickeln innerhalb der ersten ein bis zwei Wochen, selten erst innerhalb von sechs Monaten nach Therapiebeginn einen unangenehmen Reizhusten. Frauen trifft es ungefähr doppelt so oft wie Männer. Asthmatiker sind nicht häufiger betroffen, Raucher hingegen schon. Eine Dosis-Wirkungs-Beziehung besteht nicht. Der Hustenreiz kann leicht sein und sich nur durch ein ständiges Sich-Räuspern-Müssen äußern, aber auch so quälend und lästig sein, dass der Wechsel auf einen anderen Blutdrucksenker notwendig wird.

Nach Absetzen des ACE-Hemmers verschwindet der Reiz innerhalb von einer bis vier Wochen. Betroffene sollten ihr Medikament aber keinesfalls einfach absetzen, denn ihre Hypertonie muss weiter behandelt werden und ACE-Hemmer sind sehr zuverlässige und ansonsten gut verträgliche Arzneistoffe. Hochdruck-Patienten, die unter dieser Nebenwirkung leiden, sollten deshalb unbedingt mit ihrem Arzt reden. Er wird ein besser geeignetes Antihypertensivum auswählen. Das Ausprobieren verschiedener ACE-Hemmer bringt allerdings nichts, denn wer bei einem ACE-Hemmer hustet, den plagt der Reiz auch bei den anderen Substanzen dieser Gruppe.

Wenn also ein Kunde in die Apotheke kommt und über einen lang anhaltenden, zumeist unproduktiven Reizhusten klagt, den er sich nicht erklären kann, sollten Sie die Frage stellen, ob er blutdrucksenkende Medikamente nimmt. Wenn das der Fall ist, fragen Sie konkret nach dem Arzneimittel oder schauen Sie gegebenenfalls in der Kundendatei nach. Aufmerksam sollten Sie auch werden, wenn der Kunde ein Rezept über einen ACE-Hemmer und ein codeinhaltiges Produkt gegen Reizhusten vorlegt.

Eselsbrücke des Monats

Die wichtigsten Arzneistoffgruppen gegen Bluthochdruck, die zum Teil in Monotherapie, zum Teil aber auch in Kombination verordnet werden, lassen sich ganz leicht mit der ABCD-Regel herleiten.

  • A steht für die ACE-Hemmer, wie Captopril, Enalapril, Lisinopril oder Ramipril.
  • B steht für Beta-Blocker, also zum Beispiel Bisoprolol, Atenolol oder Metoprolol.
  • C steht für Calciumkanal-Antagonisten, wie Nifedipin, Diltiazem oder Verapamil.
  • D steht für Diuretika, wie beispielsweise Furosemid, Hydrochlorothiazid oder Spironolacton.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 12/2021 ab Seite 118.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

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