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ENTEROHEPATISCHER KREISLAUF

Gehen Sie noch zur PTA-Schule oder sind Sie gerade im Praktikum in einer Apotheke? Dann könnte diese Rubrik interessant für Sie sein. Wir greifen Themen auf, die prüfungsrelevant sein können. Diesmal geht es um den enterohepatischen Kreislauf.

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Wenn das Blut den Gastrointestinaltrakt passiert, nimmt es viele verschiedene Substanzen aus der Nahrung mit, die durch die Darmschleimhaut in die Gefäße gelangen. Das meiste sind Nährstoffe, es könnten aber auch gefährliche und schädigende Substanzen darunter sein, die schnellstens entgiftet werden müssen. Dies ist die Aufgabe der Leber. Daher wird alles, was oral aufgenommen und im Magen-Darm-Trakt resorbiert wird, über eine große Vene, die Pfortader, erst einmal in die Leber transportiert, bevor es dem großen Kreislauf zugeführt wird. Die Leber kann allerdings nicht erkennen, welche Stoffe denn nun lebensnotwendig und welche giftig sind.

Sie biotransformiert einfach wahllos alle Substanzen, für die sie die passenden Enzyme hat. Dabei sind diese Enzyme relativ wenig substratspezifisch. Es werden also viele verschiedene Stoffe chemisch umgewandelt. Die Substanzen können durch die Leberenzyme gespalten, mit hydrophilen chemischen Gruppen versehen (Phase I oder Umwandlungsreaktionen) oder an andere Moleküle gebunden werden (Phase II oder Konjugationsreaktionen). Häufig findet eine sogenannte Glucuronidierung statt. Hierbei wird ein Molekül Glucuronsäure an das Molekül angehängt, das entstehende Konjugat ist besser wasserlöslich. Genau das ist auch der Sinn, denn so soll die Ausscheidung über Niere oder Galle verbessert werden.

Bei Arzneistoffen ist dies bekannt als First-Pass-Effekt. Er ist dafür verantwortlich, dass die Bioverfügbarkeit, also das, was von einem Arzneistoff tatsächlich im Blut ankommt, bei oraler Aufnahme häufig nicht bei 100 Prozent liegt. Da aber nur eine kurze Kontaktzeit für die Metabolisierung in der Leber zur Verfügung steht, wird meist auch nur ein Teil der jeweiligen Substanz umgewandelt. Von der Leber aus gelangt dann ein Teil der Substanzen in den großen Kreislauf und verteilt sich im Körper, ein anderer Teil gelangt mit der Gallenflüssigkeit in die Gallenblase und über den Gallengang erneut in den Darm.

Die Stoffe werden dort zum Teil ausgeschieden, teilweise aber wieder resorbiert. Manche, wie die Glucuronide, werden zuvor durch die Darmbakterien gespalten. Nun sind sie wieder lipophiler und können wieder resorbiert werden. Sie gelangen über die Pfortader erneut in die Leber und die Prozedur wiederholt sich. Das ist der enterohepatische Kreislauf. Er wurde von der Evolution gegen den Verlust wichtiger körpereigener Substanzen entwickelt, ist aber auch für viele Arzneistoffe zu berücksichtigen.

Speicherfunktion Viele körpereigene Stoffe durchlaufen diesen Kreislauf. Dadurch wird nur ein Bruchteil ausgeschieden und der Rest kann wiederverwertet werden. Der Mechanismus verringert damit für diese Stoffe die Menge, die neu gebildet oder neu aufgenommen werden muss. Bekanntestes Beispiel sind die Gallensäuren. Sie unterliegen zu 85 bis 95 Prozent dem enterohepatischen Kreislauf. Im unteren Dünndarm werden sie wieder resorbiert. Der Gallensäurepool beträgt etwa drei bis vier Gramm insgesamt. Durch die Zirkulation müssen nur ungefähr 200 bis 600 Milligramm täglich neu gebildet werden.

Relevanz für Arzneistoffe In welchem Maß ein Arzneistoff und seine Metaboliten diesem Kreislauf unterliegen, ist für jeden Wirkstoff unterschiedlich. Zeigt ein Arzneistoff einen ausgeprägten enterohepatischen Kreislauf, führt dies zu einem späteren Wirkungseintritt sowie einer längeren Verweildauer des Stoffes im Körper, da ja ein Teil für einige Zeit in diesem Kreislauf verweilt. Dies muss bei wiederholter Gabe eines Medikaments berücksichtigt werden, um Überdosierungen zu vermeiden. Die Wirkstoffe verhalten sich anders, wenn sie unter Umgehung der Magen-Darm-Passage appliziert werden und nichts oder nicht die komplette Dosis sofort in die Leber gelangt.

Bei einer Injektion beispielsweise umgeht man diese erste Leberpassage komplett. Bei der Applikation von Zäpfchen gelangt nur ein Teil nach der Resorption direkt in die Leber. Der Mastdarm verfügt nämlich über zwei Gefäßsysteme. Aus dem unteren Teil des Rektums gelangt der Arzneistoff in die untere Hohlvene, die direkt in den großen Körperkreislauf führt. Die Leber wird dabei nicht passiert. Im oberen Teil des Rektums wird der Arzneistoff wie im Rest des Darms über die Pfortader resorbiert.

Vorsicht bei Antibiotika Bei der Einnahme von Antibiotika wird auch die Darmflora, oder korrekt ausgedrückt, die intestinale Mikrobiota, geschädigt. (Die Bezeichnung Darmflora stammt aus einer Zeit, als man Bakterien und andere Mikroorganismen den Pflanzen zuordnete. Sie gilt heute als veraltet.) Sind die Darmbakterien geschädigt und dezimiert, können sie konjugierte Arzneistoffe nicht mehr wie zuvor spalten. Die Stoffe können also nicht mehr entsprechend resorbiert werden. Sie werden direkt ausgeschieden. Das verringert auch den Plasmaspiegel des Arzneistoffs beziehungsweise dessen Verweildauer im Körper – also die Plasmahalbwertszeit.

Ein Beispiel Von den Estrogenen weiß man, dass sie in der Leber glucuronidiert werden. Das trifft auch auf die Estrogene, die in der Mikropille enthalten sind, zu. Muss eine Frau, die mit der Pille verhütet, gleichzeitig ein Antibiotikum einnehmen, werden die Estrogene vermehrt ausgeschieden. Vor allem bei niedrig dosierten Pillen kann dies zur Unwirksamkeit führen. Ein Anzeichen, dass der Blutspiegel herabgesetzt ist, können Zwischenblutungen sein. Ob die empfängnisverhütende Wirkung der Pille gestört wird oder nicht, hängt von der Pille und vom Antibiotikum ab, auch von der Einnahmedauer des Antibiotikums. Wer kein Risiko eingehen will, sollte in diesem Zyklus zusätzlich nichthormonell verhüten.

Eselsbrücke des Monats

Können Sie sich auch nicht merken, welche Elemente immer molekular, genauer gesagt diatomar, vorliegen und nicht als einzelne Atome? Dann merken Sie sich HOF BrINCl. Es sind die Elemente Wasserstoff H, Sauerstoff O, Fluor F, Brom Br, Iod I, Stickstoff N, Chlor Cl. Durch die absolute Gleichheit der Partner liegen hier immer reine Atombindungen vor. Dies können Einfachbindungen wie im H2, Doppelbindungen wie im O2 oder Dreifachbindungen wie im N2 sein. Auf jeden Fall sind diese Elementmoleküle stabiler als die Einzelatome, sodass die einzelnen Atome nur für ganz kurze Zeiträume existieren und dann sehr reaktiv sind. Drum sagt man, sie liegen diatomar vor.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/2021 ab Seite 120.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

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