© Die PTA in der Apotheke
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Wirkstoffe – historisch beleuchtet

R – WIE RISPERIDON

Innovationen fallen nicht vom Himmel. Das gilt auch für dieses Neuroleptikum. Hier wird die Geschichte seiner Entwicklung nachvollzogen.

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Von der Antike bis zum 19. Jahrhundert wurden meist übernatürliche Kräfte wie die Besessenheit von Dämonen oder göttlicher Zorn, als Ursache für psychische Erkrankungen herangezogen. Im Mittelalter schließlich gipfelten diese Vorstellungen in der Verbrennung psychisch kranker Menschen als Hexen auf dem Scheiterhaufen. Ihren heutigen Namen erhielt die Schizophrenie schließlich 1896 vom Schweizer Psychiater Egon Bleuler (1857 bis 1939), der durch seine Namenswahl die Zerrissenheit der Psyche als hervorstechendstes Merkmal betonen wollte.

Schlafkuren, Fiebertherapien, bei syphilitischer Hirn- und Geisteskrankheit die Infektion mit Malariaerregern, die tatsächlich den Verfall der Persönlichkeit zum Stillstand brachte, während die Infektion selbst mit Chinin behandelt wurde, brachten Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts gewisse Teilerfolge. Der ungarische Psychiater Ladislaus Joseph Meduna (1896 bis 1965), der einen Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Epilepsie vermutete, begründete 1934 eine Cardiazol- Krampftherapie. Künstlich erzeugte Konvulsionen sollen hierbei in zahlreichen Fällen tatsächlich eine Heilung der Schizophrenie bewirkt haben. Kurze Zeit später empfahl der polnische Arzt Manfred Sakel (1901 bis 1957) eine Insulinschocktherapie, die vor allem der Schweizer Psychiater Max Müller (1894 bis 1980) zur Schizophreniebehandlung anwendete.

Systematische Suche Die Therapie mit spezifischen Psychopharmaka begann jedoch erst in den 1950er-Jahren. Die Kenntnisse über die Ursachen von Psychosen hielten sich damals noch in sehr engen Grenzen. Der zunehmende Fortschritt in der Pharmakologie stimmte Ärzte und Forscher jedoch zuversichtlich, auch für das Gebiet der psychischen Störungen Moleküle zu finden, mit denen sich die Leiden der Betroffenen lindern ließen.

Das 1950 von dem Chemiker Paul Charpentier synthetisierte Phenothiazinderivat Chlorpromazin wurde ab 1952 zunächst von den beiden Psychiatern Jean Delay (1907 bis 1987) und Pierre Deniker (1917 bis 1998) gegen Manie, später insbesondere gegen Schizophrenie eingesetzt. Auf der Suche nach einem Mittel gegen durch Amphetamin verursachte psychotische Zustände fanden Dr. Paul Janssen (1926 bis 2003) und sein Mitarbeiter Bert Hermanns im Februar 1958 Haloperidol.

Dieses stellte sich als hochpotentes Neuroleptikum aus der Gruppe der Butyrophenone heraus und wurde schnell zum Mittel der Wahl bei Schizophrenie. Noch heute ist es in mehr als 90 Ländern erhältlich und wird von der Weltgesundheitsorganisation als eines der unverzichtbaren Arzneimittel gelistet. Seine stabile und zuverlässige Wirkung machte es für Jahrzehnte zum Maßstab sämtlicher Neuentwicklungen. Im Laufe der Zeit entstanden noch weitere Butyrophenone (etwa Pipamperon, 1960/61, und Bromperidol, 1966).

Die nächste Generation Das Jahr 1984 brachte mit der Entwicklung von Risperidon, einem Benzisoxazolderivat und entfernt verwandt mit Haloperidol, einen neuen Durchbruch. Als das Medikament 1993 auf den Markt kam, begründete es eine gänzlich neue Generation von Antipsychotika.

Im Gegensatz zu seinem Urahn Haloperidol beziehungsweise Pipamperon ist Risperidon sehr viel aktiver und erzielt sowohl bei den positiven Symptomen (wie Wahnvorstellungen, Halluzinationen) als auch den negativen Symptomen (wie Apathie, sozialer Rückzug) eine erhebliche Verbesserung. Risperidon wird häufig auch als atypisches Neuroleptikum bezeichnet, da es nicht oder kaum zu extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen kommt. Das steht ganz im Gegensatz zu den klassischen Neuroleptika der ersten Generation.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/12 auf Seite 28.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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