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Serien Spoileralarm

TOTE MÄDCHEN LÜGEN NICHT

13 Reasons Why – nach dem Selbstmord einer Schülerin erhält ein Mitschüler Kassetten, auf denen sie über die Gründe für ihren Entschluss berichtet. Die Serie läuft seit 2017 auf Netflix.

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Hey, hier ist Hannah Baker. Mit deinem Abspielgerät ist alles in Ordnung. Ich bin´s – live und in Stereo. - Hannah Baker (Katherine Langford) ist tot, weil sie Suizid begangen hat. Die ganze Schule trauert um sie. Zwei Wochen später erhält ihr Freund und Mitschüler Clay Jensen (Dylan Minette) ein Päckchen mit sieben Audiokassetten, auf denen Hannah 13 Gründe für ihren Selbstmord nennt und ihren Mitmenschen dafür die Schuld gibt – Clay ist einer von ihnen.

Botschaft aus dem Jenseits Die Handlung in der Serie verläuft zweigleisig: In der Vergangenheit spielen sich Hannahs Geschichten ab, während Clay in der Gegenwart damit beschäftigt ist, die auf den Tonträgern genannten Personen mit den Botschaften der Verstorbenen zu konfrontieren. Durch das Abhören der Tapes hat Clay mehr düstere Geheimnisse über seine Mitschüler herausgefunden als jemals zuvor. Was Hannah zu sagen hat, gefällt den wenigsten und so kommt es, dass die Angeschuldigten eine Veröffentlichung des Materials verhindern möchten, zumal Hannahs Erzählungen auch einige Straftaten umfassen.

Chronik eines geplanten Suizids Auf den Tonträgern kommt zutage, dass Jessica (Alisha Boe), Justin (Brandon Flynn), Alex (Miles Hizer), Zach (Ross Butler), Courtney (Michele Selene Ang), Bryce (Justin Prentice) und Tyler (Devin Druid) Hannah so verletzt haben, dass sie irgendwann keinen anderen Ausweg mehr gesehen hat, als sich zu töten. Zum Beispiel stalkte und fotografierte Tyler sie heimlich. Ein weiterer Grund für ihren Selbstmord: Courtney und Hannah hatten eine enge Freundschaft, bis sie von Tyler in einer intimen Situation gefilmt wurden. Danach zerbrach die Verbindung zwischen ihnen, denn Courtney verbreitete über Hannah Gerüchte, um sich selbst zu schützen. Ein weiterer Anlass für ihren Suizid war Bryce, der nicht nur Hannah, sondern auch Jessica vergewaltigte. Hannahs Eltern Olivia (Kate Walsh) und Andy (Brian d´Arcy James) versuchen im Laufe der Serie zu verstehen, wie es zu dem tragischen Ereignis kommen konnte. Es gab für sie weder Anhaltspunkte noch hinterließ Hannah einen Abschiedsbrief, der ihnen ihren Entschluss erklärt. Daher vermuten sie, dass eventuelles Mobbing in der Schule und in diesem Zusammenhang das Versagen der Lehrer zu dem Suizid ihrer Tochter geführt haben könnten. Sie verklagen die Schule, ohne zu wissen, dass ihre Tochter in Wirklichkeit alle 13 Gründe aufgezeichnet hat. Zum Ende der ersten Staffel wird Hannahs Suizid detailliert und drastisch dargestellt. Olivia und Andy erhalten schließlich die Aufnahmen ihrer Tochter.

Nachahmung befürchtet Mediziner und Experten warnen vor der Serie: Die Figur Hannah habe für Heranwachsende ein hohes Identifikationspotenzial und könne suizidgefährdete Personen gegebenenfalls dazu animieren, Selbstmord zu begehen. Die Gesellschaften für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP) raten gemeinsam labilen Teenagern dringend von dem Konsum ab. Sollten Eltern eine Faszination an „Tote Mädchen lügen nicht“ von Seiten ihrer Kinder feststellen, ist es ratsam, das Gespräch zu suchen. Trotz der Warnung wurde im Mai bekannt, dass es 2018 eine zweite Staffel der erfolgreichen Serie geben soll.

Übersicht Suizid-Warnsignale:

+ Gefühle von Traurigkeit und Mutlosigkeit
+ gleichgültige Einstellung
+ verbale Hinweise (Verabschiedung von Familie und Freunden)
+ sozialer Rückzug
+ emotionale Ausbrüche
+ das Bestreben, persönliche Angelegenheiten in Ordnung zu bringen
+ Energielosigkeit, Langeweile, hohe Frustrationsanfälligkeit
+ Vernachlässigung des eigenen Aussehens
+ Verschlechterung der schulischen Leistungen

Wer ist gefährdet? Im Laufe der Lebensspanne nimmt die Suizidrate allmählich zu, eine schlagartige Risikoerhöhung liegt in der Adoleszenz vor. Obwohl Mädchen häufiger unter Depressionen leiden, fällt auf, dass Suizide bei Jungen drei- bis viermal häufiger sind. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Selbstmordversuche beim weiblichen Geschlecht oft erfolglos bleiben, da Mädchen nicht selten zu Methoden greifen, die eine Wiederbelebung wahrscheinlicher machen (zum Beispiel die Einnahme einer Überdosis von Schlaftabletten). Jungen wählen hingegen Maßnahmen, die direkt tödlich enden (der Gebrauch von Schusswaffen, Erhängen). Heranwachsende mit Suizidtendenzen stammen meist aus einer von zwei typischen Kategorien: Die Mitglieder der ersten Gruppe sind sehr intelligent, fühlen sich jedoch einsam und leben zurückgezogen.

In der anderen Kategorie befindliche Personen sind anderen und sich selbst gegenüber meist destruktiv und feindselig. Sie weisen antisoziale Tendenzen auf, sind zu körperlichen Auseinandersetzungen, Drogenmissbrauch oder Diebstahl bereit und zeigen ein erhöhtes Risikoverhalten. Oft leben Gefährdete in Familienstrukturen, die von antisozialen und emotionalen Störungen geprägt sind. In der Vergangenheit haben sie unter Umständen Belastungen wie die Scheidung der Eltern, Missbrauch, Vernachlässigung oder Eltern-Kind-Konflikte erlebt, die typischerweise in der Zeit vor dem Suizid stark angestiegen sind.

Wachsam sein! Eltern, Lehrer und Bezugspersonen sollten Warnsignale, die ein verzweifelter Teenager aussendet, erkennen können. Bei einem Suizid-Verdacht ist es wichtig, dem Heranwachsenden beizustehen, Interesse an seiner Person zu zeigen und professionelle Hilfe zu vermitteln. Während des psychischen Ausnahmezustands darf der Teenager keinen Zugang zu Gegenständen wie Messern, Waffen, Rasierklingen oder Scheren haben. Wer unter Selbstmordgedanken leidet, kann sich jederzeit von der Telefonseelsorge helfen lassen (www.telefonseelsorge.de oder 0800/111-0-111). Therapieoptionen bei Suizidgefährdeten bestehen in der Medikation mit Antidepressiva, außerdem ist es notwendig, Einzel-, Gruppen- oder Familientherapien einzuleiten.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/17 auf Seite 114.

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