© Die PTA in der Apotheke
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Seltene Erkrankungen von A bis Z

DIAMOND-BLACKFAN-ANÄMIE

Betroffene leiden unter einer schweren chronischen Blutarmut, da die Bildung der Erythrozyten gestört ist. Dies bedingt oft lebenslange Transfusionen. Aber auch körperliche Fehlbildungen oder Kleinwüchsigkeit können Merkmale der Krankheit sein.

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Die Synthese der roten Blutkörperchen ist bei der Diamond-Blackfan-Anämie beeinträchtigt. Während der Hämoglobinwert normalerweise oberhalb von 11 g/dl liegen sollte, kann er bei Betroffenen unter 6 g/dl sinken. Dadurch werden der Körper und die Organe nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt.

Betroffene Babys fallen durch Müdigkeit, Schwäche und starke Blässe auf. In aller Regel wird die Erkrankung innerhalb des ersten Lebensjahres diagnostiziert. Als Behandlungsmöglichkeiten stehen Bluttransfusionen, eine Therapie mit Kortison sowie unter bestimmten Umständen eine Knochenmarktransplantation zur Verfügung.

Blutbildung im Knochenmark gestört Die verschiedenen Zellen des Bluts, und damit auch die Erythrozyten, werden im Knochenmark aus Vorläuferzellen gebildet und gelangen von dort in die Blutbahn und in den Körper, wo sie ihre unterschiedlichen Aufgaben wahrnehmen. Da Blutzellen eine begrenzte Lebensdauer haben, werden sie permanent neu gebildet.

Bei Patienten mit Diamond-Blackfan-Anämie ist die bildung von roten Blutkörperchen gestört. Punktiert man bei ihnen das Knochenmark, so findet man darin nur wenige heranreifende Vorläuferzellen von Erythrozyten. Neben der Anämie haben Betroffene zudem ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, die in Zusammenhang mit der Fehlfunktion des Knochenmarks stehen: Dazu gehören myelodysplastische Syndrome, bei denen auch die Bildung weiterer Blutzellen beeinträchtigt ist. Bestimmte Krebserkrankungen wie eine akute myeloische Leukämie oder Knochenkrebs (Osteosarkome) treten bei Patienten mit Diamond-Blackfan-Anämie ebenfalls häufiger auf als in der Normalbevölkerung.

Etwa die Hälfte aller Betroffenen leidet neben der Blutarmut unter körperlichen Fehlbildungen. Dazu gehören ein besonders kleiner Kopf (Mikrozephalie), ein hoher Gaumen oder eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Die Augen stehen weit auseinander (Hyperteleorismus) und fallen durch kleine Augäpfel auf (Mikrophthalmus) auf. Hinzukommen können Missbildungen der Niere, Herzfehler und auch Deformationen der Hand, besonders des Daumens. Jeder zweite Patient ist kleinwüchsig, bei manchen tritt eine geistige Retardierung auf.

Ursache Bei 40 bis 45 Prozent der Patienten können ursächliche Genmutationen nachgewiesen werden. Diese finden sich in Genen für verschiedene ribosomale Proteine. Ribosomen bestehen aus zwei Untereinheiten, die sich wiederum aus einer Vielzahl von ribosomalen Proteinen zusammensetzen. Hier findet die Proteinbiosynthese statt. Es gibt Hinweise darauf, dass ribosomale Proteine nicht nur an der Produktion von neuen Proteinen, sondern auch an der Regulation der Zellteilung sowie der Apoptose (Selbstzerstörung von Zellen) beteiligt sein können.

HIntergrund
Die Diamond-Blackfan-Anämie gehört mit etwa fünf bis sieben Fällen pro einer Million Einwohner zu den seltenen Erkrankungen. Erstmals beschrieben wurde sie von Louis Diamond und Kenneth Blackfan im Jahr 1938. Andere Namen für dieselbe Erkrankung sind Erythrogenesis imperfecta oder auch chronische kongenitale hypoplastische Anämie. Die meisten Fälle treten sporadisch auf, nur in etwa 15 Prozent ist die Erkrankung vererbt.

Eine Theorie zu Entstehung der Diamond-Blackfan-Anämie besagt daher, dass ein Mangel oder eine Fehlfunktion von ribosomalen Proteinen in Erythrozyten-Vorläuferzellen zu einer vermehrten Apoptose dieser Zellen und somit zu einer Blutarmut führen könnte. Bei über der Hälfte aller Patienten lässt sich jedoch bislang keine Mutation in bekannten Genen nachweisen. Experten gehen davon aus, dass auch in diesen Fällen ein – bislang unbekannter – Gendefekt die Ursache der Erkrankung ist.

Therapie Oft benötigen Babys mit Diamond-Blackfan-Anämie Bluttransfusionen, um den Mangel an Erythrozyten auszugleichen. Manche Patienten müssen lebenslang regelmäßig transfundiert werden. In diesem Fall kommt es als typische Nebenwirkung zu einer Eisenüberladung des Körpers, die wiederum durch die Einnahme von Eisenchelatoren behandelt werden muss. Ab dem zweiten Lebensjahr kommt eine Therapie mit Kortison infrage.

Viele Betroffene sprechen auf die Gabe von Steroiden mit einer Erhöhung des Hämoglobinwertes an. Ziel ist es, die Dosis des Kortisons dauerhaft gering zu halten, um die Nebenwirkungen so weit wie möglich zu vermeiden. Eine Knochenmarktransplantation ist derzeit die einzige Möglichkeit, eine Diamond-Blackfan-Anämie zu heilen. Diskutiert werden sollte sie bei einem Geschwisterkind mit passenden HLA-Merkmalen. Steht lediglich ein Fremdspender zur Verfügung, steigt das Risiko dieses Eingriffs erheblich. In beiden Fällen muss zwischen den Risiken einer Transplantation und ihrem möglichen Nutzen für den individuellen Patienten abgewogen werden.

 Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 ab Seite 80.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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