© Mopic / fotolia.com

Seltene Erkrankungen A bis Z

WILSON-KRANKHEIT

Weil Patienten Kupfer nicht ausreichend ausscheiden können, sammelt es sich vor allem in der Leber und im Gehirn an. Wird die Diagnose früh genug gestellt, ist die Prognose jedoch gut.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Die Kupferspeicherkrankheit Morbus Wilson beruht auf Mutationen im Gen ATP7B, das für einen intrazellulären Kupfertransporter kodiert. Ist seine Funktion eingeschränkt, kann Kupfer nicht über die Gallenwege ausgeschieden werden und sammelt sich in verschiedenen Körperzellen an. Dazu gehören vorrangig die Leber und das Gehirn, es können aber auch weitere Organe betroffen sein. Ohne Behandlung verläuft die Wilson-Krankheit, von der in Deutschland etwa 3000 Menschen betroffen sind, innerhalb von vier bis acht Jahren aufgrund einer dekompensierten Leberzirrhose und schwerer neurologischer Behinderung tödlich. Wird sie frühzeitig – also bevor irreversible Organschäden eingetreten sind – erkannt, lässt sie sich gut behandeln und die Lebenserwartung ist nahezu normal.

Der Krankheitsbeginn liegt meist zwischen dem fünften und 35. Lebensjahr. Bricht der Morbus Wilson vor der Pubertät aus, so stehen meist die Lebermanifestationen im Vordergrund: Sie können von einer Erhöhung der Leberwerte über eine Fettleber bis zu einer Hepatitis oder Leberzirrhose reichen. Es kann auch zu einer fulminanten Lebererkrankung mit Zirrhose und Leberzerfall kommen. Bei einem Krankheitsausbruch nach der Pubertät äußert sich der Morbus Wilson eher durch neurologische Störungen. Diese ähneln typischerweise einem Parkinson- Syndrom und umfassen Steifigkeit (Rigor), Zittern (Tremor), Gangunsicherheit und Probleme beim Sprechen (Dysarthrie). Zudem sind psychiatrische Symptome wie Depressionen oder Psychosen möglich. Weil sich Kupfer auch in der Hornhaut des Auges ablagert, weist etwa die Hälfte der Patienten einen sogenannten Kayser-Fleischer-Ring (gold-braun-grüne Verfärbung des Hornhautrandes) auf.

Diagnose Ärzte sollten an einen Morbus Wilson denken, wenn bei einem Patienten vor dem 45. Lebensjahr Zeichen einer Lebererkrankung unklarer Ursache und/oder Parkinson- ähnliche Symptome auftreten. Je früher die Diagnose gestellt wird und damit die Therapie beginnen kann, desto größer sind die Behandlungserfolge. Bei Verdacht auf einen Morbus Wilson wird der Kupfergehalt im 24- Stunden-Sammelurin bestimmt – dieser ist bei Wilson-Patienten typischerweise erniedrigt. Das gilt auch für die Kupferkonzentration und den Coeruloplasmin-Level im Serum. Das Vorliegen eines Kayser- Fleischer-Rings stellt einen starken Hinweis auf eine Wilson-Erkrankung dar, da er praktisch nur bei dieser Krankheit vorkommt; ein Fehlen schließt einen Morbus Wilson aber nicht aus. Oftmals ist er mit dem bloßen Auge, am besten aber unter der Spaltlampe erkennbar.

In der Leberbiopsie ist der Kupfergehalt erhöht. Eine molekulargenetische Analyse des ATP7B-Gens ist möglich, aber anspruchsvoll, zumal bislang über 300 verschiedene Mutationen bekannt sind, die zu einem Morbus Wilson führen können. Die Vererbung des Morbus Wilson erfolgt autosomal-rezessiv. Das bedeutet, dass die Geschwister eines Patienten ein 25-prozentiges Krankheitsrisiko haben. Es wird deshalb empfohlen, Geschwister eines neu diagnostizierten Patienten auf jeden Fall ebenfalls zu untersuchen, um eine mögliche Erkrankung frühzeitig zu entdecken. Das Erkrankungsrisiko der Kinder eines Wilson-Patienten beträgt 0,5 Prozent.

Behandlung Das wichtigste Ziel der Therapie besteht zunächst darin, das überschüssige Kupfer aus dem Körper zu entfernen. Dafür stehen die Chelatbildner D-Penicillamin und Trientin zur Verfügung. Sie bilden mit dem Kupfer nierengängige Komplexe, die mit dem Urin ausgeschieden werden. Die Standardtherapie dabei ist die Behandlung mit D-Penicillamin, das allerdings nicht immer gut vertragen wird. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit auf Trientin auszuweichen. In beiden Fällen wird die Behandlung langsam eingeschlichen. Mit Zinkpräparaten kann zudem die Aufnahme von Kupfer aus dem Darm verringert werden. Sie werden zur Erhaltungstherapie nach erfolgreicher Entkupferung eingesetzt. Grundsätzlich muss die Therapie ein Leben lang fortgesetzt werden, auch während der Schwangerschaft und Stillzeit.

Regelmäßige Kontrollen zur Überprüfung des Therapieerfolgs und gegebenenfalls eine Anpassung der Therapie sind essenziell. Unterstützend sollten Patienten auf eine kupferarme Diät achten und besonders kupferreiche Nahrungsmittel wie Innereien, Meeresfrüchte, Nüsse, Kakao und Rosinen vermeiden. Wird bei einem Patienten ein Morbus Wilson zum Beispiel aufgrund eines Familienscreenings diagnostiziert, bevor die ersten Symptome auftreten, dann kann die Einnahme von Zink den Ausbruch der Erkrankung verhindern. Wenn trotz medikamentöser Therapie ein Leberversagen auftritt, steht als letztes Mittel eine Lebertransplantation zur Verfügung. Mit der erfolgreichen Organtransplantation wird der Morbus Wilson gleichzeitig geheilt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 130.

Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

×