© Creatas Images / Creatas / Thinkstock

Rheumatische Erkrankungen

POLYMYOSITIS UND DERMATOMYOSITIS

Betroffene leiden an einer entzündlichen Erkrankung der Muskulatur – bei der Dermatomyositis ist zusätzlich auch die Haut betroffen. Der Verlauf kann sehr unterschiedlich sein.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Die Polymyositis und Dermatomyositis werden innerhalb der rheumatischen Erkrankungen zu den Kollagenosen gezählt. Mit weniger als zehn Betroffenen pro 100 000 Einwohnern gehören sie zu den seltenen Krankheiten. In aller Regel treten beide Erkrankungen in der zweiten Lebenshälfte auf, von der Dermatomyositis existiert aber auch eine juvenile Form. Frauen sind etwa zwei- bis dreimal so häufig betroffen wie Männer. Charakteristisch ist eine Entzündung der quergestreiften Muskulatur, wobei bei der Dermatomyositis zusätzlich die Haut beteiligt ist.

Ursache unbekannt Die genaue Ursache ist in beiden Fällen nicht bekannt. Man geht aber davon aus, dass es sich um immunvermittelte Erkrankungen handelt, bei denen sich das Immunsystem irrtümlich gegen – bislang nicht identifizierte – körpereigene Strukturen richtet. Virale Infektionen werden als Auslöser diskutiert, allerdings ist diese These nicht belegt. Assoziationen mit bestimmten HLA-Allelen legen eine genetische Disposition für die Erkrankungen nahe.

Beginn meist schleichend Nur selten treten erste Krankheitssymptome plötzlich auf – in aller Regel erfolgt der Beginn über mehrere Monate schleichend. Typisch ist eine Muskelschwäche, die vor allem die proximalen Muskeln an der Hüfte, den Oberschenkeln, dem Schultergürtel und/oder den Oberarmen betrifft. Diese macht sich zunächst bei Belastung, also beispielsweise beim Treppensteigen, Aufstehen vom Stuhl oder Heben der Arme bemerkbar. Zu der Schwäche können Schmerzen in den betroffenen Muskeln hinzukommen. Zusätzlich können Allgemeinbeschwerden wie Müdigkeit, Gewichtsverlust oder Fieber auftreten. Bei der Dermatomyositis ist neben der Muskulatur auch die Haut beteiligt: Typisch sind rötliche Verfärbungen im Gesicht, am Dekolleté und an den Armen, die auch schuppen können. Außerdem können rötliche Schwellungen im Bereich der Oberlider sowie Hautveränderungen an den Fingergelenken vorkommen. Die Hautveränderungen können vor oder gleichzeitig mit den Muskelbeschwerden auftreten.

Organbeteiligung möglich Bei beiden Erkrankungen kann neben den genannten Muskelgruppen auch die Muskulatur der Speiseröhre betroffen sein, was zu Schluckstörungen führen kann. Auch die Atem- und die Nackenmuskulatur können im Krankheitsverlauf zunehmend beteiligt sein. Mitunter weisen die Patienten Gelenkbeschwerden und Gelenkschwellungen auf. Bei einem Teil erkrankt auch das Herz. Hier können eine koronare Herzerkrankung, EKG-Veränderungen, eine Perikarditis und/oder eine dilatative Kardiomyopathie bis hin zum Herzversagen auftreten. Bei bis zu einem Drittel der Patienten ist auch die Lunge in Form einer interstitiellen Lungenerkrankung mitbetroffen.

Diagnose Neben der Anamnese sind für die Diagnose mehrere Untersuchungen nötig: Im Labor sind meist die Entzündungsparameter (CRP, Blutsenkungsgeschwindigkeit) erhöht; zudem können Muskelenzyme (besonders die CK) deutlich erhöht sein. Immer mehr Daten werden zu einer ganzen Reihe von Myositis-spezifischen und Myositis-assoziierten Antikörpern verfügbar, darunter Anti-Jo-1- und Anti-Mi-2-Antikörper. Ihre Bedeutung ist noch nicht abschließend geklärt, und sie sind noch nicht Teil der Routine-Diagnostik; sie können aber bereits wertvolle Hinweise liefern. Sowohl mit Ultraschall-Untersuchungen als auch mittels Kernspintomographie können Veränderungen in der Muskelstruktur sichtbar gemacht werden. Mit der Elektromyographie lassen sich die Reaktionen der Muskeln auf eine elektrische Stimulation messen. Ergibt sich hier ein für eine entzündliche Muskelerkrankung charakteristisches Muster, so liefert dies einen weiteren Hinweis für die Diagnose. Schließlich ist eine Muskelbiopsie essentiell, um den entzündlichen Muskelbefall zu beweisen. Bei einer Dermatomyositis sollte auch eine Hautbiopsie erfolgen.

Assoziierte Erkrankungen Patienten mit Polymyositis oder Dermatomyositis haben ein erhöhtes Risiko, an Lupus erythematodes, rheumatoider Arthritis, Sklerodermie oder Sjögren`s Syndrom zu erkranken. Zudem ist ihr Tumorrisiko erhöht, vor allem für Karzinome der Brust, der Lunge, der Eierstöcke und des Magens. Hier muss ein gezieltes regelmäßiges Monitoring erfolgen, um mögliche Erkrankungen so früh wie möglich zu erkennen und zu behandeln.

Therapie Eine Heilung der Polymyositis und Dermatomyositis ist bislang nicht möglich. Die Behandlung kann aber die Muskelstärke und -funktion verbessern. Zu Beginn der Therapie erhalten die Patienten Kortikosteroide. Im Folgenden werden die Steroiddosis gesenkt und Immunsuppressiva wie Ciclosporin, Azathioprin oder MTX hinzugenommen. Zur Rezidivprophylaxe sollte die Behandlung meist über ein bis drei Jahre fortgeführt werden, bei einer langfristigen Kortikoidtherapie ergänzt durch eine Osteoporoseprophylaxe. Bei schweren Verläufen und nicht ausreichendem Therapieerfolg können eine Behandlung mit Rituximab oder intravenösen Immunglobulinen erwogen werden. Derzeit wird die Wirksamkeit eines Antikörpers gegen Interferon-alpha in Studien untersucht. Sind neben der Muskulatur auch Organe von der Erkrankung betroffen, so müssen diese ebenfalls behandelt werden. Neben der medikamentösen Therapie ist auch die nicht-medikamentöse Therapie in Form von regelmäßiger Bewegung, etwa in Form von Physiotherapie, eines zuhause durchführbaren Übungsprogramms oder Kraft- beziehungsweise Ausdauertrainings essenziell. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/17 ab Seite 104.

Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

×