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Parasiten

AUF DER MAUER, AUF DER LAUER …

Die Bett- oder Hauswanze ist ein klassischer Parasit, der sich vom Blut seiner Wirte ernährt. Bettwanzenstiche jucken zwar meist nur unangenehm, die Tiere können aber auch ernsthafte Krankheiten übertragen.

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Die Bett- oder Hauswanze ist seit den 1990er Jahren weltweit wieder auf dem Vormarsch. In Deutschland hat sich der Einsatz der Schädlingsbekämpfer gegen die Parasiten seit 2007 verzehnfacht, in Berlin sind ganze Häuserzüge mit ihnen verseucht. Vor allem in den USA ist die Lage schwierig, so sind New York und Chicago die „Bettwanzenmetropolen“ der Welt. Experten sehen die Ursache zum einen in der Globalisierung, da Touristen die Wanzen in ihrer Schmutzkleidung oder in Antiquitäten wie alten Büchern oder Bildern aus dem Urlaub mitbringen. Zum anderen entwickeln die Parasiten immer stärkere Resistenzen gegen Insektizide, mit denen sie früher noch wirksam bekämpft werden konnten.

Groß wie ein Apfelkern Bettwanzen (Cimex lectularius) sind im hungrigen Zustand etwa fünf Millimeter lang und flach wie ein Stück Papier. Mit Blut vollgesogen erreichen die Tiere hingegen fast zehn Millimeter und besitzen einen gewölbten Körper. Die rötlich-​braunen und leicht behaarten Insekten haben nur kleine stummelformige Vorderflügel, können also nicht fliegen. Doch auf ihren sechs Beinen sind sie trotzdem schnell unterwegs. Die Wanzen werden bis zu einem Jahr alt, wobei Weibchen in dieser Zeit rund 200 Eier legen. Nach zwei Wochen schlüpfen daraus Larven, die immer eine Blutmahlzeit benötigen, um in ein neues Larvenstadium zu gelangen, bis sie nach fünf Häutungen ausgewachsen sind. Da Wanzen in Kolonien leben, kann der Befall in kurzer Zeit sehr stark ansteigen. Sie locken sich gegenseitig an, indem sie spezielle Pheromone absondern. Stört man sie, geben sie wiederum Pheromone ab, die die anderen Wanzen warnen und zu einer sofortigen Zerstreuung der Kolonie führen.

Typischer Geruch Der leicht süßliche, korianderartige Geruch dieser Pheromone ist meist der einzige Hinweis auf einen Wanzenbefall – denn zu Gesicht bekommt man die Tiere so gut wie nie. Sie sind nur nachts aktiv, während sie sich tagsüber geschickt in Ritzen, Tapetenstößen oder hinter Lichtschaltern verstecken. Zur Blutmahlzeit kommen sie aus ihren Verstecken, wobei sie vom Kohlendioxid in der Atemluft ihrer Opfer angelockt werden. Der Biss mit dem Saugrüssel durch die menschliche Haut wird meist nicht bemerkt, da der Speichel der Wanzen Substanzen enthält, die eine lokale Betäubung bewirken.

Zudem sorgen gerinnungshemmende Stoffe dafür, dass der Blutfluss nicht stockt. Die Bestandteile des Speichels können eine allergische Reaktion auslösen, sodass die Einstichstellen mehr oder weniger stark jucken. Ähnlich wie bei Flöhen sind die Bissstellen in einer Reihe angeordnet, was man auch als „Wanzenstraße“ bezeichnet. Eine Blutmahlzeit dauert ungefähr zehn Minuten, danach wiegt die vollgesogene Wanze sieben Mal mehr als zuvor. Dafür kann sie aber auch monate-, und bei perfekten Bedingungen sogar jahrelang ohne Nahrung auskommen. Außerdem sind die Tiere relativ unempfindlich gegenüber Kälte und Hitze, erst Temperaturen um den Gefrierpunkt oder über 60 Grad Celsius werden ihnen gefährlich. Ihre Widerstandsfähigkeit macht eine Bekämpfung äußerst schwierig.

Erkennen … Wanzen fühlen sich in Wohnungen besonders wohl, denn dort finden sie optimale Bedingungen, was Temperatur und Luftfeuchtigkeit angeht. Woher weiß ich aber, dass meine Wohnung von Wanzen befallen ist? Außer dem typischen süßlichen Geruch gibt es dafür fast keine Hinweise, denn bei den juckenden Hautstellen könnte es sich auch um Mückenstiche oder Flohbisse handeln. Wer Mücken ausschließen kann und keine Haustiere hat, die Flöhe übertragen können, sollte an einen Wanzenbefall denken.

Als nächstes sollte man dann das Bett überprüfen, da bei jedem Biss ein wenig Blut auf Laken oder Decke gelangt. Kleine bräunliche Krümel im Bett können auf Wanzenkot hindeuten. Nach dem Bett müssen alle Ritzen im Schlafzimmer abgesucht werden. Vor allem sollte man auch in losgelösten Tapetenstößen suchen, denn die Tierchen haben ihren umgangssprachlichen Namen „Tapetenflunder“ nicht umsonst. Weitere Verstecke können Bilderrahmen sein, Bücher, CDs, Elektrogeräte, Fußleisten, Steckdosen – die Möglichkeiten sind in einer herkömmlichen Wohnung schier endlos.

… und schnell handeln Genau das macht ihre Bekämpfung auch so schwierig. Wer Wanzen entdeckt, sollte sie auf keinen Fall selbst bekämpfen. Denn wenn nicht alle Parasiten abgetötet werden, breiten sie sich nur weiter in der Wohnung aus, was ihre Bekämpfung noch schwieriger macht. Bei Verdacht auf einen Befall sollte man immer einen Schädlingsbekämpfer zu Rate ziehen. Ein paar Dinge kann man allerdings schon zuvor erledigen: Da Wanzen sich lieber in ungewaschener als in frischer Wäsche aufhalten, sollte man alle waschbaren Textilien bei mindestens 60 Grad waschen, eine nachfolgende Hitzebehandlung im Wäschetrockner ist ebenfalls hilfreich. Ein weiteres probates Mittel ist das Einfrieren von Textilien, aber auch von Alltagsgegenständen.

Die Matratze können Sie direkt entsorgen, am besten auch den Lattenrost, da die Tiere sich hier gerne einnisten. Der Schädlingsbekämpfer wird erst einmal herausfinden, wie groß der Befall ist. Dann muss entschieden werden: Insektizide oder Kälte-/Wärmebehandlung? Letzteres ist für den Menschen wesentlich schonender, aber auch ungefähr dreimal so teuer. Eine Behandlung mit Insektiziden liegt bei ein paar Hundert Euro pro Raum, die Wärmebehandlung bereits bei fast 2000 Euro. Dabei wird der Raum kontinuierlich mit einem Spezialofen auf über 60 Grad Celsius erhitzt. Nicht immer werden jedoch alle Tiere, Larven und Eier durch eine Behandlung abgetötet, sodass sie wiederholt werden muss.

Vorsicht geboten Vorbeugung ist der beste Schutz gegen Wanzen. Bei Reisen sollte man Koffer auf Gestellen mit Metallfüßen ablegen, denn daran können Wanzen nicht hochklettern. Auch Schmutzwäsche sollte man immer in einer verschlossenen Tüte aufbewahren und zuhause sofort durchwaschen. Gebrauchte Möbel, Bücher, Bilder, CDs oder Schallplatten sollte man erst nach Hause bringen, wenn man sicher ist, dass sie parasitenfrei sind.

Gefährlich oder nicht? Meist ist der Juckreiz, der mehrere Tage anhalten kann, das einzig Unangenehme. Einige Menschen reagieren allerdings mit allgemeinem Unwohlsein, Sehstörungen oder sogar asthmatischen Anfällen. Die Bissstellen können sich entzünden und Krankheitskeimen eine Eintrittspforte bieten. Daher sollte man sie nicht aufkratzen, sondern mit ein wenig juckreizstillender Salbe behandeln. In seltenen Fällen übertragen Bettwanzen auch gefährlichere Krankheiten.

Bis zu 28 verschiedene Erreger hat man in ihnen gefunden, wenn auch noch keine Ansteckung mit HIV oder Hepatitis durch eine Wanze nachgewiesen wurde. Anders sieht es beim Q-Fieber aus. Hier sind Wanzen tatsächlich wichtige Vektoren, die die Rickettsien-Erreger übertragen. Q-Fieber-verursachende Rickettsien sind hochinfektiös, denn bereits ein Erreger kann die Krankheit auslösen. Die Symptome sind grippeähnlich, gefürchtete Komplikationen sind Lungen- und Leberentzündungen sowie Peri- oder Endokarditis.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/17 ab Seite 114.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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