© Galina Peshkova / 123rf

Myokarditis

VIELE URSACHEN – EINE ERKRANKUNG

Herzmuskelentzündungen haben vielfältige Auslöser und können sehr unterschiedlich verlaufen. Je besser man die Krankheit versteht, desto genauer kann man die Therapie ausrichten.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Eine Myokarditis ist eine entzündliche Erkrankung des Herzmuskels, die sowohl Kinder als auch Erwachsene treffen kann. Sie ist durch eine Infiltration des Herzmuskels mit Entzündungszellen gekennzeichnet, bei der Nekrosen und/oder eine Degeneration der Myozyten auftreten. Infektiöse Herzmuskelentzündungen werden in unseren Breitengeraden meist von Viren und seltener von Bakterien, Pilzen oder Parasiten hervorgerufen.

Zu den nicht-infektiösen Ursachen für Myokarditiden gehören systemische Erkrankungen, Immunaktivierungen, Hypersensitivität für bestimmte Medikamente wie Penicillin und kardiotoxische Substanzen. Verlaufsformen und Schwere sind sehr variabel: Vielfach heilen Myokarditiden spontan und folgenlos aus, wahrscheinlich bleiben sie sogar oft unerkannt. Andererseits sind chronische Verläufe mit schwerer Herzinsuffizienz und auch tödliche Ausgänge möglich.

Mögliche Verlaufsformen Unter den Viren werden vor allem Entero-, Adeno-, Parvo- und Herpesviren häufig als Erreger der Myokarditis gefunden Die Infektion führt zu einer Entzündung des Herzmuskelgewebes, wobei die Myozyten einerseits direkt durch die Viren und andererseits durch die Immunabwehr im Rahmen der Zerstörung von infizierten Zellen geschädigt werden.

Es gibt Hinweise darauf, dass es auch zu Autoimmunrekationen gegen Herzmuskelzellen kommen kann. Gelingt es dem Immunsystem alle Viren zu eliminieren, ohne dass ein (zu großer) Schaden am Herzen entstanden ist, so heilt die Herzmuskelentzündung folgenlos ab – dies gilt für die Mehrheit der Myokarditiden. Ist jedoch der Herzmuskel zu diesem Zeitpunkt bereits stark geschädigt, kommt es im weiteren Verlauf zu einer irreversiblen dilatativen Kardiomyopathie, das heißt, einer krankhaften Erweiterung des Herzmuskels.

In anderen Fällen schafft es das Immunsystem zwar alle Viren erfolgreich zu eliminieren, aber die Entzündung bleibt trotzdem weiter bestehen – in diesem Fall spricht man von einer chronischen Myokarditis oder einer entzündlichen Kardiomyopathie. Schließlich ist es möglich, dass es dem Immunsystem in der akuten/subakuten Krankheitsphase nicht gelingt, alle Viren zu eliminieren. Dann kommt es bei den Betroffenen in der Folge zu einer chronischen viralen Herzmuskelerkrankung. Die Prognose hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Erreger, der Art der Entzündung und den entstandenen Schäden ab. Auch wenn man einigen bereits auf der Spur ist, so bleibt die Vorhersage doch eine Herausforderung.

Bestimmte Formen von Myokarditiden weisen hohe frühe oder auch langfristige Sterblichkeitsraten auf. Lebenslange Probleme mit dem Herzen sind ebenfalls mögliche Folgen: Entwickelt sich beispielsweise eine dilatative Kardiomyopathie, so führt dies zu einer Einschränkung der Pumpleistung des Herzens – die Organe werden nicht mehr optimal mit Sauerstoff versorgt, und die Betroffenen zeigen Zeichen einer Herzinsuffizienz. In schweren Fällen kann eine Herztransplantation nötig werden.

Sichere Diagnose durch Biopsie Patienten berichten über rasche Ermüdbarkeit, Unruhe, Kurzatmigkeit, Thoraxschmerzen, Herzklopfen und Herzrhythmusstörungen. Häufig werden Myokarditiden erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt und kardial abgeklärt, weil die Symptome zu Beginn so wenig eindeutig waren, dass sie zunächst einem allgemeinen Infekt zugeschrieben wurden. Am anderen Ende der Skala steht der kardiogene Schock mit plötzlichem Herztod als erstes und einziges Symptom.

Zur Diagnose werden in der Praxis neben EKG auch die Echokardiographie, Computertomografie und Magnetresonanztomografie eingesetzt, mit denen verschiedene Veränderungen am Herzen erfasst werden können. Zusätzliche Hinweise auf eine Entzündung können erhöhte Entzündungsmarker und Herzmuskelenzyme liefern. Diagnostische Gewissheit kann nur eine Muskelbiopsie mit histologischer, immunologischer und immunhistochemischer Analyse liefern.

Die zwei Säulen der Therapie Die Behandlung erfolgt unabhängig von der Ursache nach den allgemein anerkannten Leitlinien. Dazu kann nach Bedarf eine spezifische Behandlung kommen, die auf den Ergebnissen der Biopsie basiert. Dabei ist unmittelbar einsichtig, wie wichtig es beispielsweise ist zu wissen, ob im Biopsat Viren nachweisbar sind oder nicht – denn eine immunsuppressive Therapie zu einem Zeitpunkt, zu dem das Immunsystem versucht, virale Erreger zu bekämpfen, könnte kontraproduktiv sein.

Lediglich für Kinder liegt eine Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie (DGPK) vor. Diese sieht vor, dass bei Verdacht auf akute Myokarditis zunächst ein Nachweis des Virusgenoms in einer Blut- oder Stuhlprobe veranlasst werden soll. Kinder mit gesicherter Virämie sollen gemäß der Leitlinie zusätzlich zur Herzinsuffizienztherapie eine antivirale Therapie mit Immunglobulinen erhalten. Bleibt diese ohne Erfolg, empfiehlt die DGPK eine Biopsie. Wird dort eine Entzündung, aber keine Viren nachgewiesen, so soll eine immunsuppressive Behandlung erfolgen. Werden dagegen sowohl eine Inflammation als auch Viren festgestellt, so sollten die Patienten eine antivirale Therapie erhalten. 

MIT DEM SPORT LIEBER WARTEN
Hat sich im Rahmen einer Myokarditis eine Herzinsuffizienz entwickelt, so ist unabhängig von der medikamentösen Therapie für drei bis sechs Monate körperliche Schonung angesagt, Sport ist tabu. Aber auch bei scheinbar banalen Infekten mit Abgeschlagenheit und Gliederschmerzen rät die Deutsche Herzstiftung von Sport ab, da die Erreger unbemerkt auch das Herz befallen haben können. Das Training sollte erst wieder aufgenommen werden, wenn man sich wieder richtig gut fühlt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/13 auf Seite 94.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

×