Manchmal auch gefährlich

HÄMATOME

Einen Bluterguss hat sich jeder schon einmal zugezogen. Meistens beachtet man ihn nicht weiter. Doch nicht alle „blauen Flecken“ sind unbedenklich.

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Es ist schnell passiert: Man stößt sich und einige Zeit danach verfärbt sich die betreffende Stelle blau – ein Bluterguss ist entstanden. Doch was genau steckt eigentlich dahinter?

Ursache Bei einem Hämatom werden Blutgefäße unter der Haut gequetscht und verletzt, sodass Blutzellen und Flüssigkeit ins umliegende Gewebe gelangen. Meist bleibt es bei einem „blauen Fleck“, einer sichtbaren Einblutung aus den kleinen Kapillargefäßen in das subkutane Gewebe. Bei Frauen und älteren Menschen passiert das besonders häufig, weil ihre Haut dünner ist. Frauen haben zudem meist auch noch ein schwächeres Bindegewebe. Hierdurch kann das schützende Unterhautfettgewebe einen Schlag oder Stoß schlechter abpuffern, sodass ein Bluterguss viel leichter entstehen kann.

Dass „blaue Flecken“ eigentlich rot sind, im weiteren Verlauf dann die Farbe wechseln, bevor sie ganz verschwinden, liegt daran, dass die Blutrückstände im Gewebe phasenweise vom Körper abgebaut werden. So entsteht die anfängliche rote Farbe eines Hämatoms durch den Blutfarbstoff Hämoglobin. Danach gerinnt das Blut, wodurch sich der Bluterguss über dunkelrot hin zu blau verfärbt. Da die Gerinnung bereits nach wenigen Minuten eintritt, bemerkt man kleinere Hämatome meist erst in dieser Phase, eben als „blauen Fleck“.

Das geronnene Blut wird anschließend durch Enzyme weiter abgebaut, wobei der Blutfarbstoff Hämoglobin zuerst in Choleglobin/Verdoglobin , dann Biliverdin (grün) und schließlich Bilirubin (gelb) umgewandelt wird. Nach zwei bis drei Wochen ist ein Hämatom normalerweise verschwunden. Prellungen können dazu führen, dass auch in den Gelenken Blutergüssen entstehen, was zu einer beträchtlichen Bewegungseinschränkung führen kann.

PECH
Sportverletzungen wie Prellungen, Muskelfaserrisse oder Bänderdehnungen/-risse werden fast immer von Blutergüssen begleitet. In diesen Fällen sollte man als Ersthilfe die PECH-Regel anwenden: Pause, Eis, Compression (Druck), Hochlagerung. Danach muss die Verletzung so schnell wie möglich ärztlich abgeklärt werden.

„Blauer Fleck“ versus gefährliche Einblutung Nicht immer verläuft ein Bluterguss harmlos. Bei schweren Prellungen, Stößen, Quetschungen oder auch bei Operationen können größere Blutgefäße in tiefer liegenden Gewebsregionen verletzt werden. Dann sind die Hämatome nicht oder erst nach längerer Zeit als blaue Flecken zu erkennen. Die durch sie verursachten Schwellungen drücken jedoch auf Gewebe, Muskeln oder Knochen in der Umgebung und führen so zu Schmerzen.

Hämatome können sich sogar verkapseln, wenn der Körper sie nicht vollständig abbauen kann. Falls das dauerhafte Beschwerden verursacht, muss ein Bluterguss operativ entfernt werden. Im schlimmsten Fall kann das von einem Hämatom betroffene Gewebe sogar absterben (Nekrose).

Blutergüsse können sich aber nicht nur im Gewebe, sondern auch in vorhandenen Körperhöhlen bilden. Das kann besonders dann gefährlich werden, wenn das Hämatom auf innere Organe, die Augen oder das Gehirn drückt. So können Blutergüsse an den Genitalien durch den entstehenden Druck beispielsweise die Funktion der Harnröhre beeinträchtigen.

Ein spezielles Risiko stellen Hämatome im Muskel dar, da sie das gefürchtete Kompartmentsyndrom auslösen können. Dabei wird der Gewebedruck in den betroffenen Muskelpartien so groß, dass es zu neurologischen Ausfällen wie Kribbeln und Taubheitsgefühlen kommt. Im schlimmsten Fall können die betroffenen Nerven und das umliegende Gewebe absterben. Solche gefährlichen Hämatome oder ein Verdacht auf innere Blutergüsse sollten vom Arzt abgeklärt werden.

Besonders kritisch sind Blutergüsse für Menschen mit Blutgerinnungsstörungen beziehungsweise für Patienten, die dauerhaft gerinnungshemmende Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure oder Phenprocoumon einnehmen. Bei ihnen können schon kleinere Prellungen zu lebensgefährlichen Blutungen führen. Menschen, bei denen häufig und ohne erkennbare Ursache blaue Flecken auftreten, sollten sich daher vom Arzt untersuchen lassen.

Eine spontane Häufung von Hämatomen kann aber auch ein Hinweis auf gerinnungshemmende Nebenwirkungen von Medikamenten sein, wie etwa von Ibuprofen, Diclofenac oder Ginkgoextrakten. Sie kann allerdings auch als Symptom schwer wiegender Krankheiten wie der akuten Leukämie oder des myelodysplastischen Syndroms (MDS) auftreten.

Was tun? Handelt es sich um einen ungefährlichen „blauen Fleck“, hilft es, die betreffende Stelle 24 Stunden lang immer wieder zu kühlen. Am besten arbeitet man dabei mit einem Eispack, denn dieser lässt sich flexibler verwenden als Eissprays. Durch den Kältereiz verengen sich die Blutgefäße und es tritt weniger Blut aus. Um Erfrierungen vorzubeugen, sollte man nie direkt auf der Haut kühlen. Wenn möglich, die betroffene Stelle außerdem hoch lagern, sodass weniger Blut an die verletzte Stelle nachfließt.

In den ersten 24 Stunden sind Wärmebehandlungen und viel Bewegung absolut tabu, denn beides regt die Durchblutung zusätzlich an. Ab dem dritten Tag können Wärmebehandlungen die Heilung unterstützen. Solange das Hämatom sichtbar ist, sollte man den betroffenen Körperteil nur mäßig belasten, um neue Verletzungen der Blutgefäße zu verhindern. Um Entzündungen in den Griff zu bekommen, kann man in den ersten zwei bis drei Tagen nach der Verletzung Antiphlogistika anwenden, danach wird meist mit Fibrinolytika weiter behandelt, die Blutgerinnsel enzymatisch abbauen.

Man kann bei Hämatomen auch lokal Salben oder Gels mit gerinnungshemmenden Wirkstoffen wie Heparin oder Hirudin anwenden. Das mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, weil ein Hämatom durch eine Einblutung verursacht wird. Jedoch sollen die gerinnungshemmenden Wirkstoffe das Blutgerinnsel so klein wie möglich halten, sodass es sich schneller auflösen kann. Klinisch belegt ist diese Wirkung jedoch bisher nicht. Phytotherapeutisch kann man Hämatome auch mit Arnikasalbe behandeln, denn Arnika enthält viele Flavonoide, die ödem- und gerinnungshemmend wirken.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/11 ab Seite 98.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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