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Länder und ihre Sitten

ÜBER SCHÄRFE UND MYTHEN

An der alten Weisheit „Andere Länder, andere Sitten“ ist bestimmt etwas dran. In unserer neuen Reihe zeigen wir, welche Traditionen und Gepflogenheiten in welchen Ländern gelten, damit man bei einem Aufenthalt dort nicht in ein Fettnäpfchen tritt.

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Wenn man nicht in dem Land selbst lebt, ist es unmöglich alle Traditionen und Gepflogenheiten zu kennen und sie entsprechend umzusetzen. Umso wichtiger ist es, sich vorab zu informieren, damit der Urlaubvon Anfang bis Ende entspannt und erholsam bleibt. Land und Leute, egal wo auf der Welt, haben so ihre Eigenarten. Einige davon möchte ich nun in den kommenden Monaten vorstellen.Ich beginne im Land des Lächelns, in Thailand, in dem die Staatsreligion des Buddhismus das öffentliche Leben bestimmt. Hier ist man beispielsweise als Tourist beziehungsweise Ausländer „gesichtslos“. Wer glaubt, dass dies eine positive Darstellung ist, der irrt, denn es gehört mit zu den schlimmsten Strafen, wenn man sein Gesicht verliert. Doch keine Sorge, die Thailänder sind verständnisvoll gegenüber Fremdem und deren Fehlern.

Höllisch scharf Neben den vielen Sehenswürdigkeiten ist das hervorragende Thaifood immer eine Reise wert. Bei Suppen, Salaten und Currys spieltdie Schärfe eine große Rolle. Möchte man so original wie möglich essen, sollte man eine gewisse Schärfe im Essen mögen, wenn nicht benötigt man wahrscheinlich nach dem ersten Probieren erst einmal einen Feuerlöscher. Auch an den Thais geht das scharfe Essen nicht spurlos vorbei. Schweißperlen auf der Stirn, Tränen in den Augen und leicht rote Wangen gehören dazu, aber im Gegensatz zu einigen Touristen fühlen sie sich gut dabei. Doch das scharfe Essen bekommen die Thais nicht schon direkt in die Wiege gelegt. Kleinkinder erhalten zunächst eher mildes, ungewürztes Essen und werden peu à peu an die Schärfe herangeführt, härten also ihre Schleimhaut ab. Das können wir im Übrigen auch. Grünes Curry beispielsweise: Beim ersten Mal hat man noch das Gefühl, jede Gabel brennt einem den Gaumen weg, das vierte oder fünfte Curry schmeckt gar nicht mehr so übel.

Chilis machen glücklichSie kennen den Mythos, scharfes Essen ist ungesund, bestimmtauch. Dabei ist es eigentlich genau umgekehrt. Chilis, die für die Schärfe im thailändischen Essen sorgen, stärken die Abwehrkräfte und enthalten dreimal so viel Vitamin C wie Zitrusfrüchte. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass Krankheitserreger, die sich gerade im Magen tummeln, durch die Chilis abgetötetwerden. Was bestimmt auch nicht jeder weiß, ist, dass Chilis glücklich machen. Das in Chili enthaltene Capsaicin bewirkt ein Brennen im Mund. Um sich gegen den Schmerz zu wehren, stößt unser Körper Adrenalin und Endorphine aus und wir bekommen Glücksgefühle. Chilis werden sogar antibakterielle Eigenschaften nachgesagt. Das bedeutet, dass Lebensmittel, die mit Chilis gewürzt werden, länger haltbar sind. Es spricht also nichts gegen den Genuss von Chilis. Man muss nur zunächst den Orkan an Schärfe überstehen.

Tipp: Ist das Thaifood doch einmal etwas zu scharf gewesen, dann sollte man auf keinen Fall etwas trinken, sondern die Schärfe mit Reis oder Tomate mildern. Wenn man etwas trinkt, verteilt sich die Chili-Schärfe noch mehr im Gaumen.

Bunte Tradition Die Thailänder tolerieren es zwar, dass Touristen in Shorts und T-Shirt herumlaufen, doch beim Betreten eines Tempels und anderer heiliger Stätten sollte man darauf achten, nicht zu leicht bekleidet hineinzugehen. Frauen wird in der Regel vor dem Betreten ein Tuch überreicht, mit dem sie die Schulter bedecken können. Für Männer gibt es lange Stoffhosen, die man schnell und bequem über die kurze Hose drüberziehen kann. Eine Tradition aus der hinduistischen Mythologie besagt, dass jedem Gott ein bestimmter Planet und eine bestimmte Farbe zugeordnet sind. Nach einer astrologischen Formel ergeben sich darauf Farben für jeden Wochentag. Gelb steht für den Montag, Rosa für Dienstag, Grün für Mittwoch, donnerstags orange, freitags blau, samstags lila und am Sonntag die Farbe Rot. Trotz dieser Tradition kleiden sich nicht alle Thais an den Wochentagen mit der entsprechenden Farbe.

Der Kopf ist tabu Sollten Sie während ihres Aufenthalts inThailand auf die Idee kommen, bei einem thailändischen Kind den Kopf zu berühren, aus welchen Gründen auch immer, wäre das vollkommen falsch. In Thailand ist es nicht erlaubt, den Menschen am Kopf zu berühren, da dort gemäß der Traditionder Sitz des Selbst, der Seele ist. Eine solche Berührung wird als Beleidigung empfunden. Jüngere Leute dürfen auf jeden Fall nicht den Kopf des Älteren anfassen. Andersherumist es nicht ganz so schlimm.

Zeigt her eure Füße Füße gelten im Land des Lächelns als unrein. Daher sollte man darauf achten, niemandem auf die Füße zu treten. Auch im Sitzen sollte man niemanden mit den Füßen berühren beziehungsweise sie niemandem entgegenstrecken. Tritt der Fall dennoch ein, ist eine Entschuldigung notwendig. Wenn man in Räumlichkeiten eintritt, dies gilt insbesondere für Tempel und heilige Stätten, sollte man immer vorab die Schuhe ausziehen.

Nationalhymne Wir Deutschen singen unsere Nationalhymne meisten bei sportlichen Events, vor allem aber bei Fußball-Weltmeister- und Europameisterschaften. In Thailand gestaltet sich das etwas anders. Hier wird um 8.00 Uhr morgens und um 18.00 Uhr abends die Nationalhymne Thailands vielerorts auf Lautsprechern, im Radio und im Fernsehen gespielt. Die Menschen lassen dabei alles stehen und liegen und richten sich auf, wenn man nicht sowieso gerade steht. Der Alltag steht also für einige Minuten im Land still und man hört der Nationalhymne zu und jeder erweist seinen Respekt an Thailand. Ist die Hymne zu Ende, gehen die Thais wieder ihren gewohnten Weg weiter – so als wäre nichts gewesen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/17 ab Seite 122.

Nadine Scheurer, Redaktion

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