Kind wäscht Hände in Afrika
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Impfungen

CHOLERA

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet von drei bis fünf Millionen Infektionen pro Jahr weltweit. 100 000 bis 120 000 davon enden tödlich – die Dunkelziffer scheint vermutlich sehr hoch zu sein.

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Von Reisediarrhö wird gesprochen, wenn es während des Aufenthalts oder bis zu zehn Tagen nach der Rückkehr zu Veränderungen der Stuhlkonsistenz kommt und täglich mindestens drei Darmentleerungen mit flüssigem Stuhl stattfinden. Auch Cholera zeigt dieses Symptom. Die Durchfallerkrankung tritt insbesondere in Ländern mit defizitären hygienischen Bedingungen, etwa schlechten Sanitäranlagen oder verschmutztem Trinkwasser, auf. Ebenso infizieren sich Menschen in Kriegs- und Katastrophengebieten, in denen die Infrastruktur zusammengebrochen ist. Risikogebiete sind Indien, Indonesien, Afrika, Mittel- und Südamerika sowie Südostasien.

Vibrio cholera Der Erreger der Cholera ist das gramnegative Bakterium Vibrio cholera aus der Gattung der Vibrionen. Die Zellen sind fakultativ anaerob, das bedeutet, sie können sich auch bei Abwesenheit von Sauerstoff vermehren. Aufgrund ihrer Geißel, einer fadenförmigen Struktur, verfügen die Keime über eine schnelle Bewegungsfähigkeit. Nach der oralen Aufnahme passieren sie den Magen, allerdings überleben nur wenige das Säurebad der Magensäure. Rundum sind die Bakterien mit Fasern besetzt (Fimbrien), welche das anschließende Anheften an die Zellen des Dünndarmepithels unterstützen. Dort geben sie ein Choleratoxin ab, dieses aktiviert das Enzym Adenylatzyklase und stört auf diese Weise den Wasser- und Ionenhaushalt der Dünndarmzellen. Die Zellen setzen verstärkt Elektrolyte in das Innere des Dünndarms frei, sodass große Wassermengen einströmen und sich die typischen Durchfälle entwickeln.

Boil it, peel it or forget it Die Übertragung der Bakterien erfolgt über die Aufnahme von Nahrung oder Wasser, welche direkt oder indirekt durch Fäkalien oder durch Erbrochenes Infizierter verunreinigt wurde. In Risikogebieten sollte man daher kein ungekochtes Wasser trinken, halbgare Fleisch- oder Fischspeisen meiden und auch auf ungekochtes Gemüse sowie auf Früchte, die sich nicht schälen lassen, verzichten. Zudem empfiehlt es sich, so oft wie möglich die Hände zu waschen oder zu desinfizieren.

Gefährliche Entwicklung Nur bei etwa 15 Prozent der Infizierten folgt nach einer Inkubationszeit von zwei bis drei Tagen der Ausbruch der Krankheit. Die Symptome einer Cholera sind vielfältig: Betroffene leiden zunächst unter dünnflüssigen Durchfällen sowie Erbrechen von wässrigem Mageninhalt. Im Verlauf der Erkrankung nimmt jedoch die Diarrhö zu und wird immer dünnflüssiger. Es kommt infolgedessen zu starken Wasser- und Elektrolytverlusten, die mit einem ausgeprägten Durstgefühl, der Austrocknung von Haut und Schleimhäuten, Wadenkrämpfen und Kreislaufproblemen einhergehen. Außerdem fällt der Blutdruck stark ab, die Herzfrequenz ist beschleunigt und die Atmung wird flach und unregelmäßig. Komplikationen wie eine Sepsis, Lungenentzündung oder eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse können ebenfalls auftreten. Im schlimmsten Fall führt die Infektion innerhalb kürzester Zeit zum Tod durch Kreislaufversagen.

Fieber ist kein Symptom der Cholera, da der Erreger den Darm nicht verlässt.

Sofort handeln! Kommt ein Patient mit heftigen Durchfällen, Erbrechen und rascher Verschlimmerung der Symptome zum Arzt und berichtet von einem Aufenthalt in Cholera- Risikogebieten, erhärtet sich der Verdacht auf eine Infektion mit Vibrio cholera. Zwar lassen sich die Bakterien durch Anzucht im Labor oder durch Dunkelfeldmikroskopie des Stuhls nachweisen, jedoch liegt das Ergebnis der Untersuchungen erst nach einigen Tagen vor, was für das Einsetzen der Therapie viel zu spät wäre. Bei einer möglichen Cholera-Infektion leitet der Arzt demnach sofort eine Behandlung in Form von Flüssigkeitsersatz ein. Entweder werden spezielle Salzlösungen über eine Infusion verabreicht oder Betroffene nehmen Elektrolyt- und Zuckerlösungen oral (durch Trinken) auf. Um die Dauer der Erkrankung zu verkürzen, verordnet der Mediziner gelegentlich Antibiotika, insbesondere Doxycyclin (bei Erwachsenen) oder Trimethoprim- Sulfamethoxazol (bei Kindern). Auch Azithromycin oder Rifaximin verkürzen zuverlässig Durchfallepisoden. Von Wirkstoffen, welche die Darmperistaltik hemmen (wie Loperamid) ist im Falle einer Cholera eher abzuraten, weil die Keime dadurch länger im Darm verweilen und sich weiter vermehren würden.

Vorbeugende Maßnahmen Zur Prävention gibt es Schluckund Injektionsimpfstoffe. Diese werden allerdings nur bei Langzeitaufenthalten unter schlechten hygienischen Bedingungen empfohlen, denn sie bieten keinen sicheren Schutz gegen eine Ansteckung. In Deutschland handelt es sich um einen inaktivierten Impfstoff als Schluckimpfung, während in anderen Ländern auch atenuierte Lebendimpfstoffe zugelassen sind. Bei der Schluckimpfung erhält der Impfling im Abstand von ein bis sechs Wochen zwei Dosen, Kindern werden in diesem Zeitraum drei Grundimpfungen verabreicht. Die Schutzrate liegt bei etwa 85 Prozent, bei Kindern hält die Wirksamkeit ein halbes Jahr, bei Erwachsenen bis zu zwei Jahren an. Die Impfung ist nur in Ausnahmefällen indiziert, zum Beispiel bei Katastrophen- oder Entwicklungshelfern, aber auch bei Personen, die Risikogebiete besuchen oder in Länder reisen, welche den Impfschutz bei der Einreise voraussetzen. Weil der Schutz nicht zuverlässig ist, empfiehlt sich die Einhaltung einer konsequenten Nahrungsmittel- und Trinkwasserhygiene. Potentiell verunreinigtes Wasser und Essen sollten konsequent vermieden werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/17 ab Seite 82.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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