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Heilpflanzen

HIMBEERBLÄTTER – DER ERFAHRUNGSSCHATZ VON HEBAMMEN

Himbeerblätter werden traditionell in der Volksheilkunde eingesetzt. Besonders in der Gynäkologie sind sie seit jeher ein Geheimtipp, um die Geburt zu erleichtern.

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Der ein bis zwei Meter hohe Himbeerstrauch ist in ganz Mittel- und Nordeuropa und den gemäßigten Klimazonen Asiens verbreitet. Er bevorzugt nitratreiche Böden in halbschattigen Lagen und findet sich daher in feuchten Wäldern, auf Lichtungen und an Waldrändern, aber auch auf Böschungen, Halden und Kahlschlägen.

Behaarte, stachellose Blätter Die Himbeere ist eine Pflanzenart aus der Familie der Rosaceae (Rosengewächse). Ihre dünnen, biegsamen Zweige sind mit feinen Stacheln besetzt und an den Trieben sitzen wechselständig drei-, fünf- und siebenzählige, gezähnte und gefiederte Blätter, die auf der Oberseite schwach behaart sind. Die Unterseite zeigt einen dichten, weiß bis silbergrauen Haarfilz und eine fiederige Nervatur.

Im Gegensatz zu den Blättern der Brombeere, mit denen die Himbeerblätter leicht verwechselt werden, fehlen der Himbeere auf den Hauptnerven der Blattunterseite die für die Brombeeren charakteristischen gelblichen Stacheln. Zwischen Mai und August werden von den Sprossachsen abgehend rispige Blütenstände gebildet. Die weißen Blüten besitzen jeweils fünf Kelch- und Kronblätter und über zwanzig Staub- und Fruchtblätter.

Von Juni an bis in den Spätherbst hinein entwickeln sich die roten, kugelig bis eiförmigen, flaumig behaarten Himbeeren, die sich im Unterschied zur Brombeere leicht vom vorgewölbten Blütenboden abziehen lassen. Diese weichen, wohlschmeckenden Früchte sind botanisch gesehen jedoch keine Beeren, sondern Sammelsteinfrüchte.

Rote Früchte geben den Namen Der lateinische Gattungsname Rubus für rot verweist auf deren äußeres Erscheinungsbild. Es werden aber auch gelbe und schwarze Früchte gezüchtet. Der Artname idaeus geht wahrscheinlich auf den Berg Ida zurück, von dem die Himbeere dem römischen Schriftsteller Plinius (23 n. Chr.) zufolge stammen soll. Der deutsche Name Himbeere leitet sich von dem althochdeutschen „hintperi” ab und bedeutet Beere der Hirschkuh (hinta = Hirschkuh). Er nimmt damit auf die Vorliebe der Hirschkühe für die Früchte Bezug.

Mittel mit Tradition Obwohl die Himbeere schon bei den alten Griechen und Römern bekannt war und im Mittelalter in Klöstern kultiviert wurde, hat sie keinen Eingang in die Arzneibücher gefunden. Allerdings ist die Pflanze in der Volksheilkunde sehr beliebt und ihre Blätter werden traditionell aufgrund der adstringierenden Wirkung der Gerbstoffe vor allem zum Gurgeln bei Schleimhautentzündungen in Mund und Rachen sowie als Antidiarrhoikum gegen Durchfall verwendet.

Weitere gebräuchliche Anwendungsgebiete sind Erkrankungen und Beschwerden der Atemwege, des Herz-Kreislauf-Systems, Hautausschläge und -entzündungen, Grippe, Fieber, Menstruationsstörungen und -beschwerden, Zuckerkrankheit und Vitaminmangel. Auch kommt die Himbeere als schweiß-, harn- und gallentreibendes Mittel sowie zur „Blut- und Hautreinigung” zum Einsatz. Da die Wirksamkeit der beanspruchten Anwendungsgebiete aber nicht belegt ist, hat die Kommission E eine therapeutische Anwendung nicht befürwortet und infolgedessen keine positive Monografie erstellt.

ACHTUNG!
In alten Kräuterbüchern werden Himbeeren und Brombeeren nicht immer korrekt unterschieden. Eine Verwechselung ihrer Blätter ist allerdings nicht tragisch, da das Spektrum der Inhaltsstoffe und somit auch die Wirkung sehr ähnlich sind.

Geschmacks- und Stabilisierungsdroge Pharmazeutisch werden die Himbeerblätter zur Stabilisierung von Teemischungen gebraucht. Ihre starke Behaarung an der Unterseite der Blätter hilft, ein Entmischen einzelner Bestandteile zu verhindern. Darüber hinaus finden sich Himbeerblätter aufgrund ihres herb-süßlichen Geschmacks in zahlreichen Haustees.

Der Hebammentipp Geburtshelferinnen empfehlen Himbeerblättertee traditionell zur sanften Geburtsvorbereitung. Er soll die Beckenmuskulatur und den Muttermund lockern, die Gebärmutter entspannen und die Wehen sanft auslösen. Damit es nicht zu einer vorzeitigen Öffnung des Muttermundes kommt, weisen Hebammen darauf hin, den Tee nicht vor der 34. Schwangerschaftswoche zu genießen. Anfangs soll täglich nur eine Tasse getrunken, circa eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin kann auf drei bis vier Tassen täglich gesteigert werden.

Auch nach der Entbindung sollen Frauen vom Himbeerblättertee profitieren. Hebammen sprechen den Himbeerblättern eine anregende Wirkung auf die im Wochenbett zum Erliegen gekommene Darmtätigkeit zu. Außerdem sollen sie krampflösend bei monatlichen Regelschmerzen sein und in der Schwangerschaft gegen die morgendliche Übelkeit helfen. Auch Frauen mit Kinderwunsch wird geraten, den Tee zu trinken, da er der Erfahrung nach eine regulierende Wirkung auf den Zyklus und auf den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut hat.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/12 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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