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Heilpflanzen

ACHTUNG DORNEN

Die Hauhechel ist in der Blütezeit hübsch anzusehen. Allerdings muss man ihr mit Vorsicht begegnen, da ihre harten, spitzen Dornen Mensch und Tier leicht verletzen können.

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Die in Europa, Westasien und Nordafrika beheimate Hauhechel (Ononis spinosa) aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) und der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae) bevorzugt kalkhaltige, magere, trockene Böden und ist in Höhen bis 1500 Metern anzutreffen. Früher war die Hauhechel eine weit verbreitete Pflanze. Durch Düngung wurde der Schmetterlingsblütler aber vertrieben. Man findet ihn heute immer seltener, vor allem noch auf naturbelassenen Weiden, auf Brachen, an sonnigen Böschungen sowie an Wegrändern und entlang von Bahndämmen.

Aparter Halbstrauch Die Hauhechel ist ein 30 bis 60 Zentimeter hoher Halbstrauch mit langen, spitzen Dornen an den Seitentrieben. Unten ist die Pflanze verholzt, oben krautig. Ihre aufrechten Stängel sind behaart und tragen meist dreizählige kleine Blättchen. In den Blattachseln der oberen Stängelblätter erscheinen einzeln stehend zwischen Juni und August rosarote Schmetterlingsblüten, die in ihrer Gesamtheit den Eindruck einer lockeren Traube machen. Im Herbst reifen ein bis zwei Zentimeter lange weich behaarte, zwei- bis dreisamige Hülsenfrüchte heran. Die Hauhechel besitzt eine bis zu 50 Zentimeter lange und zwei Zentimeter dicke Pfahlwurzel. Sie ist außen graubraun, mit Längsfurchen versehen und oft spiralig verdreht. Innen zeigt sie einen charakteristischen strahligen Bau des Holzkörpers, der durch gleich breite Markstrahlen entsteht.

Lästiges Unkraut Obwohl die Hauhechel dank ihrer rosaroten Schmetterlingsblüten eine attraktive Pflanze ist und wie alle Hülsenfrüchtler zur Bodenverbesserung beiträgt, wird sie von Landwirten wenig geschätzt. Diese Missachtung kommt schon im volkstümlichen Namen zum Ausdruck. Alte Bezeichnungen wie Weiberkrieg und Weiberzorn verdeutlichen, dass es unkrautjätende Frauen früher schwer hatten, das Ackerland von der dornigen Pflanze mit ihrer hartnäckigen, bis zu 60 Zentimeter tiefgehenden Pfahlwurzel zu befreien. Auch die Bauern verfluchten sie als Ochsenbrech, da der damals von Ochsen gezogene Pflug an der hartnäckigen Wurzel häufig hängenblieb und die Tiere zum Halten zwang.

Dorniges Eselsfutter Die Wurzel der Hauhechel muss regelrecht rausgehauen werden, woher auch die Vorsilbe Hau- herrühren soll. Eine andere Auslegung verweist darauf, dass Hau von Heu abgeleitet sein könnte, da Hau(w) im 16. Jahrhundert Heu bedeutete. Auf jeden Fall wird die zweite Silbe – hechel der Dornen wegen mit dem Flachshechel, einem alten Stachelwerkzug zum Durchziehen von Flachsfasern, in Verbindung gebracht. Auch der Artname spinosa von lateinisch spinosus = voll von Dornen nimmt auf die scharfen Dornen Bezug. Der Gattungsname Ononis soll wiederum von griechisch onos = Esel stammen, weil Esel in der Lage sind, neben der Distel auch diese dornige Pflanze zu fressen. Möglich ist aber auch die Deutung, dass der Gattungsname auf den unangenehmen Geruch der jungen Laubtriebe sowie der frischen Wurzel, die an einen stinkenden Esel erinnern, aufmerksam machen möchte.

Heilsames Steinkraut Andere Synonyme wie Harnkraut oder Steinwurzel bezeugen die lange Tradition der Hauhechel als Heilpflanze. Bereits Dioskurides (1. Jahrhundert n. Chr.) lobt die diuretischen Effekte der Wurzel von Ononis spinosa und weiß um die Wirkung bei Nierensteinen („treibt den Harn und zertrümmert den Stein“). Im Mittelalter scheint die Pflanze in Vergessenheit geraten zu sein, taucht dann aber wieder in den Kräuterbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts auf, wo ihre Wurzel vor allem bei Steinleiden, aber auch gegen Zahnschmerzen, Gelbsucht und Warzen empfohlen wird. In der Volksmedizin wird die Heilpflanze zusätzlich zur Anregung des Stoffwechsels bei Rheuma und Gicht sowie bei Hautauschlägen und nässenden Ekzemen angewendet.

Pflanzliches Diuretikum Die harntreibende Wirkung der Hauhechelwurzel ist heute medizinisch anerkannt, auch wenn man immer noch nicht genau weiß, welche Inhaltsstoffe dafür im Einzelnen verantwortlich sind. Man geht davon aus, dass der Gesamtkomplex der Inhaltsstoffe (Triterpene, Isoflavonoide und Sterole) wirksamkeitsbestimmend ist. Die Qualität der Hauhechelwurzel (Ononidis radix) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt und als Anwendungsgebiete werden von der Kommission E die Durchspülungstherapie bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege sowie die Vorbeugung und Behandlung von Nierengrieß genannt. Die Monographie der ESCOP (European Scientific Cooperative on Phytotherapy) führt zudem noch die unterstützende Behandlung bakterieller Infektionen der Harnwege auf. Diese Indikation beruht auf antibakteriellen und antiphlogistischen Effekten, die zudem neben den diuretischen Eigenschaften für Hauhechel-​Zubereitungen angenommen werden. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/17 ab Seite 124.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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