Hauptsache sicher und ökologisch

ENTSORGUNG VON ARZNEIMITTELN

Apotheken, die Altarzneimittel annehmen, stehen vor der Frage, wie sie den Arzneimüll entsorgen können. Der Beitrag stellt mögliche Optionen vor.

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Bis vor etwa zwei Jahren war es gängige Praxis der Apotheken, alte abgelaufene Medikamente zurückzunehmen und sich um deren Entsorgung zu kümmern. Dieser Service war möglich, da Apotheken die Altarzneimittel bundesweit unentgeltlich über das Vfw Remedica-System abholen und vernichten lassen konnten. Die Vfw-GmbH bot diesen Dienst den Apotheken kostenlos an, da sie von anderer Seite vergütet wurden.

So bezahlte zum einen die Pharmaindustrie, da diese so ihrer Verpflichtung aus der Verpackungsverordnung zur Entsorgung der -materialien nachkommen konnte. Zum anderen hatte das Recyclingunternehmen Einnahmen aus deren Verkauf und konnte damit die Kosten für die Verbrennung der Altarzneimittel finanzieren.

Flächendeckender kostenloser Abholservice eingestellt Seit der Änderung der Verpackungsverordnung Ende Mai 2009 können die Verpackungsmaterialien dem Dualen System zugeführt werden. Dadurch hatten die pharmazeutischen Hersteller kein Interesse mehr an einer branchenspezifischen Entsorgungslösung und beteiligten sich nicht mehr an den Kosten. Damit wurde das Rücknahmesystem für das Entsorgungsunternehmen unrentabel und als kostenloser Service für die Apotheken eingestellt.

Da Hersteller und Apothekerverbände bislang keine neue einheitliche flächendeckende Lösung für die Rückführung und Beseitigung von Altmedikamenten gefunden haben, müssen sich die Apotheken nun selbst um deren Entsorgung kümmern, wobei verschiedene regionale Konzepte möglich sind.

Haus- oder Sondermüll? Prinzipiell kann Arzneiabfall in die Restmülltonne geworfen werden, denn rechtlich sind die meisten Medikamente keine gefährlichen Abfälle. Sie gehören bis auf wenige Ausnahmen wie Zytostatika zum Siedlungsabfall und sind damit Hausmüll. Dieser wird normalerweise in Abfallverbrennungsanlagen entsorgt, in denen die Arzneimittel thermisch zerstört werden. Das Verfahren gilt als umweltverträglich, denn so können die Substanzen nicht mehr schaden.

Ausnahmen bestehen in Regionen, wo der Hausmüll nicht verbrannt, sondern durch andere Methoden entsorgt wird oder auf Deponien landet. Dort dürfen Altmedikamente nicht in den Hausmüll, sondern müssen gesondert als Problem- oder Sondermüll gesammelt und damit einer fachgerechten Entsorgung zugeführt werden. Letztendlich hilft ein Anruf beim Umweltamt oder beim Abfallentsorger, wie der Arzneimüll regional zu beseitigen ist.

Bedenken bleibenObwohl der Arzneimüll unter der Voraussetzung, dass er verbrannt wird, in den Hausmüll darf, lehnen viele diesen Entsorgungsweg aus Sicherheitsgründen ab. Sie befürchten, dass die Medikamente in falsche Hände geraten: Kinder können sie für Bonbons halten und sich vergiften oder Unbefugte mit Arzneimittelresten Missbrauch betreiben. So empfiehlt auch das Umweltbundesamt weiterhin, Medikamentenreste nicht über den Hausmüll zu entsorgen, sondern sie bei Apotheken oder Schadstoffsammelstellen direkt abzugeben, damit sie sicher vernichtet werden.

Diesen Bedenken schließen sich auch einzelne Länderministerien an, andere wiederum fordern zur Entsorgung über die Restmülltonne mit dem Tipp auf, Arzneimittel durch Einschlagen in Zeitungspapier für Unbefugte unkenntlich zu machen. Gemeinsam ist der Hinweis, Medikamente nicht in die Toilette oder in den Ausguss zu kippen, um eine unkontrollierte Abgabe der Stoffe aus dem Abwasser ins Grundwasser zu vermeiden.

ABGABE IN DER APOTHEKE
Rechtlich ist der Apotheker nicht verpflichtet, alte oder nicht mehr benötigte Arzneimittel zurückzunehmen. Theoretisch kann er deren Annahme verweigern und den Kunden bitten, seine Arzneimittelreste selbst zu entsorgen. Dieser Weg wird nach der Aufkündigung des kostenlosen Abholservice der Vfw Remedica auch von vielen Apotheken gegangen. Andere stellen sich aber ihrer Aufgabe als Arzneimittelfachmann und sorgen durch Annahme des Arzneimülls für
dessen sichere und ökologische Entsorgung. Zudem stellt diese Serviceleistung ein gutes Mittel zur Kundenbindung dar.

Was macht die Apotheke mit dem Müll? Zum einen können Apotheken Altmedikamente selbst zum Recyclinghof bringen, wo der Arzneimüll dem Haus- oder Sondermüll und damit zugelassenen Abfallverbrennungsanlagen zugeführt wird. Dieses Vorgehen ist aber oftmals mit Kosten verbunden, da der Arzneimüll dann in der Regel als Gewerbemüll angenommen wird. Eine andere Möglichkeit ist weiterhin die deutschlandweite Rücknahme der Medikamente über die Vfw GmbH, welche das Entsorgungssystem aufrechterhält – jetzt allerdings kostenpflichtig.

Überdies existieren viele regional unterschiedliche Optionen. So können beispielsweise die Apotheken in einigen Regionen die Altmedikamente in einer Kunststoffbox (abox) sammeln, die sie bei ihrem Großhändler gegen eine Gebühr bestellen und abholen lassen. Andere Städte wie Berlin bieten den Apotheken große abschließbare Sammelbehälter (MEDI-Tonne) an, die regelmäßig von der Stadtreinigung gebührenpflichtig geleert werden.

In manchen Städten (z. B. Leipzig, Lübeck) können Apotheken den Arzneimüll unentgeltlich von den städtischen Entsorgungsbetrieben beseitigen lassen. Hintergrund dafür ist, dass es dort keine Müllverbrennungsanlage gibt, die eine umweltschonende Verwertung erlaubt, sodass Arzneimittel nicht im Hausmüll entsorgt werden können.

Tipp Unterschiedliche Empfehlungen zur Entsorgung von Arzneimüll bringen eine große Verunsicherung der Bevölkerung mit sich. Nicht nur die Frage, ob es sich um Hausmüll für die Restmülltonne oder um Sondermüll für die Schadstoffannahmestelle handelt, führt zu Irritationen. Auch die ungleiche Handhabung der Apotheken bezüglich der Rücknahme von Arzneimitteln verwirrt.

Daher sollten die Apotheken zur Beseitigung der Unsicherheit beitragen: Informieren Sie Ihre Kunden, wie in Ihrer Region die Entsorgung von Altarzneimitteln gehandhabt wird und erläutern Sie auch Hintergründe für die jeweilige Vorgehensweise. Besser noch, bieten Sie die Annahme von Altarzneimitteln an – auch wenn Sie dabei nicht immer um Kosten herumkommen. Die Kunden werden es „ihrer“ Apotheke sicherlich mit Kundentreue danken.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/11 ab Seite 74.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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