© Beat Ernst, Basel

Giftpflanzen

WASSERSCHIERLING

Der Wasserschierling aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae) gehört zu den tödlichsten Gewächsen Deutschlands. Schon kleine Mengen der frischen Pflanze können fatale Folgen haben.

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Cicuta virosa L. ist so toxisch, dass das Land Preußen früher seine Ausrottung behördlich anordnete. Dies ist zwar nicht gelungen, doch ist der Doldenblütler heute stark in seinen Beständen bedroht und steht auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Bei uns findet sich die in Nord-, Mitteleuropa und Asien beheimate Giftpflanze vor allem in Norddeutschland. Sie wächst an feuchten Verlandungsbereichen stehender Gewässer wie Seen, Tümpel oder Gräben und in Sümpfen.

Charakteristischer Wurzelstock Das Doldengewächs erreicht eine Wuchshöhe von bis zu 150 Zentimetern. Der aufrechte Stängel ist am Grund verdickt, mit feinen Rillen versehen und innen hohl. Er trägt große, zwei- bis dreifach gefiederte, grasgrüne Blätter, die der Petersilie ähneln. Die einzelnen Fiederabschnitte sind lineal lanzettlich geformt und haben einen scharf gesägten Rand. Die unteren Laubblätter sind lang, die oberen lediglich kurz gestielt oder fast sitzend. Der Blütenstand ist eine aus weißen Einzelblüten zusammengesetzte reichblütige Dolde mit 15 bis 20 Strahlen.

Die Blütezeit erstreckt sich von Juli bis August. Die sich im August bis September entwickelnden gelblich-braunen Früchte haben eine eiförmige bis fast runde Form, sind gerippt und etwa drei Millimeter breit und zwei Millimeter lang. Es sind Doppelachänen, deren Teilfrüchtchen sich schwer voneinander trennen lassen. Sie besitzen ein Schwimmgewebe, das sie schwimmfähig macht und ihrer Verbreitung dient.

Ebenso ist das knollenartig verdickte, hohle Rhizom des Wasserschierlings innen mit querliegenden Luftkammern versehen, wodurch sich die Pflanze an den sauerstoffarmen Lebensraum angepasst hat. Zudem schwimmt somit auch der Wurzelstock und kann sich dadurch in weiter entfernten Gebieten ansiedeln.

Tödliche Polyine Alle Pflanzenteile des Wasserschierlings sind giftig, besonders die Wurzelknollen, in deren Kammern das Gift angereichert ist. Die Toxizität beruht auf Polyinen, vor allem Cicutoxin. Daneben sind noch Circutol und weitere C17-Polyine wie Falcarindiol an der toxischen Wirkung beteiligt. Der Gehalt an Giftstoffen ist im Frühjahr am höchsten. Bereits zwei bis drei Gramm der frischen Wurzel haben eine tödliche Wirkung.

ALTES HEILMITTEL
Einstmals wurden schmerzstillende Umschläge aus dem Kraut oder der Wurzel des Wasserschierlings gegen Gicht, Rheuma, Drüsenverhärtung und Krebs eingesetzt. Zudem wurden Krämpfe und Krampfhusten mit Extrakten behandelt. Heute werden nur noch homöopathische Zubereitungen verwendet, beispielsweise bei Ekzemen, Schwindel oder Krämpfen.

Vor allem sind Kinder gefährdet, wenn sie beim Spielen die süß schmeckende Wurzel auch mal probieren, zumal sie den unterirdischen Organen anderer essbarer Doldengewächse wie Kerbel, Pastinake, Wilde Möhre, Sellerie und der glatten Petersilie äußerlich entspricht und ihr Geschmack der von Sellerie- oder Pastinakenwurzeln ähnlich ist. Hinzu kommt noch ein an Sellerie erinnernder Geruch des Wasserschierlings.

Bereits das Kauen kleiner Wurzelstückchen löst Vergiftungserscheinungen aus. Zu den ersten Anzeichen einer Vergiftung gehört ein Brennen im Mund- und Rachenbereich, Bauchschmerzen, Übelkeit und heftiges, lang andauerndes Erbrechen. Diese Symptome treten bereits nach 20 Minuten auf. Wenig später folgen schwere Krampfanfälle mit röchelndem Atem und Schaum vor dem Mund, wobei der Betroffene bewusstlos ist. Der Tod tritt durch Atemlähmung ein. Die Sterblichkeitsrate ist mit 30 bis 50 Prozent hoch.

Sprechende Namen Auf die „wütende“, tollheit- und rasereiauslösende Wirkung des Doldengewächses machen volkstümliche Namen wie Wüterich oder Dollkraut aufmerksam. Die Giftwirkung ist in Synonymen wie Kuhtod, Sumpfgift oder Giftiger Wassermerk eingeflossen. Auch der Artname, der aus dem Lateinischen kommt und sich von virus = Gift ableitet, kennzeichnet den Wasserschierling als Giftpflanze.

Der Gattungsname stammt aus dem Griechischen und verweist auf die hohlen Stängel und gekammerten Rhizome. Der deutsche Name Schierling rührt aus dem Altdeutschen scarna = Mist her und deutet auf den Geruch der Pflanze, der von einigen als unangenehm empfunden wird.

Verschiedene Schierlinge Früher wurde der Wasserschierling oftmals mit dem hoch giftigen Gefleckten Schierling (Conium maculatum) verwechselt. Selbst mittelalterliche Kräuterbücher haben nicht zweifelsfrei die beiden Schierlinge exakt auseinander gehalten. Conium maculatum gehört auch zu den Doldengewächsen. Als Unterscheidungsmerkmal weist dieser aber einen rot gefleckten Stängel auf und besitzt andere Giftstoffe (vor allem das Alkaloid Coniin), die andersartige Vergiftungssymptome hervorrufen. Während Cicuta virosa Krampfanfälle ohne Bewusstsein auslöst, sind für Conium maculatum Lähmungserscheinungen bei vollem Bewusstsein typisch.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/15 ab Seite 70.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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