Ein Mann sitzt im Schlafanzug auf dem Sofa, ansonsten ist niemand in seinem Wohnzimmer und es ist spärlich möbliert. Er trägt einen Mundschutz.© Daniel Lozano Gonzalez / iStock / Getty Images Plus
Wenn man keine Symptome hat, können einem die vorgeschriebenen fünf Tage Selbstisolation lang vorkommen. Aktuelle Daten zeigen aber, dass man auch danach noch einen negativen Test abwarten sollte, um niemanden anzustecken.

Positiver Corona-Test

WIE SINNVOLL SIND FÜNF TAGE SELBSTISOLATION?

Bei einem positiven Corona-Test sind fünf Tage Selbstisolation Pflicht. Ist das auch bei der Omikron-Variante angemessen? Und wie verhält man sich richtig, wenn die fünf Tage vorbei sind? Experten kritisieren die aktuellen Vorgaben.

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Stand 2. Mai lautet die „Empfehlung Bund“ für COVID-19-Infizierte aus der Allgemeinbevölkerung (für Angehörige der Pflegeberufe gelten Sonderregeln):

  • Fünf Tage Selbstisolation sind angeordnet,
  • danach die dringende Empfehlung, sich immer wieder selbst zu testen und so lange weiter zu isolieren bis ein qualifizierter Antigen-Schnelltest negativ ausfällt.

„Dringende Empfehlung“ bedeutet aber, es ist erlaubt, die Isolation nach fünf Tagen zu beenden, ohne sich freizutesten, solange man symptomfrei ist. Experten finden das riskant.

Denn eine Reihe aktueller Studien zeigt, dass einige Menschen auch nach diesen fünf Tagen noch infektiös sind. Auch, wenn sie keine Symptome (mehr) haben ­­– und das teilweise bis weit in die zweite Krankheitswoche. Professorin Dr. Amy Barczak, Infektiologin am Massachusetts General Hospital in Boston, arbeitete selbst an einer dieser Studien mit. Deren Daten zeigen, dass ein Viertel der Menschen, die sich mit der Omikron-Variante infiziert haben, acht Tage nach Auftreten der Symptome noch ansteckend ist. Gegenüber der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ sagte sie: „Die Fakten, wie lange Menschen ansteckend sind, haben sich eigentlich nicht geändert.“

Symptome hängen nicht von der Viruslast ab

Professorin Dr. Emily Bruce, Mikrobiologin und Molekulargenetikerin an der University von Vermont in Burlington, findet es statt der Fünf-Tage-Regelung sicherer, sich auf einen gut validierten Antigen-Schnelltest zu verlassen. Falle dieser negativ aus, sollte eine Person auch nicht mehr infektiös sein. Und sie beruhigt: „Viele Symptome werden nach einer gewissen Krankheitsdauer nicht mehr von den Viren selbst, sondern vom Immunsystem verursacht.“ Das heißt, ob eine freigetestete Person noch Husten hat, ist nicht relevant.

Dass die Symptome kein Indikator dafür sind, wie ansteckend jemand (noch) ist, verdeutlicht auch eine Studie aus London. Hermaleigh Townsley und ihre Kolleg*innen untersuchten Erwachsene, die sich trotz Impfung mit der Delta-, BA.1 oder BA.2-Variante infiziert hatten. Ihre Erkenntnis: Die Dauer der Isolation sollte sich nicht ausschließlich am Schweregrad der Symptome orientieren, damit die Isolation nicht zu früh beendet wird. Gerade bei Omikron-Subvarianten spiegelten die milden Symptome nicht die Viruslast wider. Deshalb empfiehlt das Team, die aktuell zirkulierende Variante zu berücksichtigen und Isolationsempfehlungen gegebenenfalls zu aktualisieren.

Problem Rebound

Der Immunologe und Infektiologe Professor Dr. Yonatan Grad von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston fürchtet, dass man nie jede infektiöse Person isolieren kann. Als Faustregel favorisiert er eine zehntägige Isolation. Das Rebound-Phänomen nach Paxlovid®-Einnahme kann hier laut Grad jedoch Probleme bereiten: „Bei Menschen, die mit Paxlovid behandelt werden, sehen wir das Phänomen, dass deren Symptome sich zu bessern scheinen und bei ihnen auch ein Schnelltest negativ ausfällt, dass aber dann ein paar Tage später die Symptome zurückkommen und auch wieder Virus nachweisbar ist.“

Auch die Bostoner Infektiologin Barczak sieht hier Aufklärungsbedarf: „Antivirale Medikamente verändern die Dynamik von Symptomen, der Immunantwort und der Virusausscheidung. Ich denke, das zu kommunizieren ist wirklich wichtig, weil die Leute draußen denken, dass sie nach zehn Tagen nicht mehr ansteckend sind. Aber wenn sie einen Paxlovid-Rebound haben, kann das ein Trugschluss sein.“

Was sind die Alternativen zur Selbstisolation?

Aus wissenschaftlicher Sicht ist eine längere Isolation also sinnvoll. Ob diese tatsächlich umgesetzt wird, ist aber eine politische Entscheidung. Denn die Behandlungsoptionen sind besser und die Krankheitsverläufe leichter als noch im letzten Winter. Und es gibt ja noch weitere Wege, Ansteckungen zu vermeiden – in Österreich beispielsweise gilt seit dem 1. August bei Kontakt zu anderen Menschen eine FFP2-Maskenpflicht für Infizierte, die möglicherweise noch ansteckend sind, auch ohne Symptome.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wie-lange-ist-covid-19-ansteckend-134648/seite/alle/
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Quarantaene/Absonderung.html
https://www.nature.com/articles/d41586-022-02026-x 
Julie Bouceau et al.: „Duration of viable virus shedding in SARS-CoV-2 omicron variant infection“, Medrxiv, 2. März 2022. https://doi.org/10.1101/2022.03.01.22271582
Hermaleigh Townsley et al.: Non-hospitalised, vaccinated adults with COVID-19 caused by Omicron BA.1 and BA.2 present with changing symptom profiles compared to those with Delta despite similar viral kinetics“, Medrxiv, 10. Juli 2022. https://doi.org/10.1101/2022.07.07.22277367

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