© Die PTA in der Apotheke
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Galenik

PLAUSIBILITÄTSKONTROLLE – TEIL 1

Die Überprüfung der Rezepturanforderung ist ein wesentlicher Schritt, um die Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität der Zubereitung sicherzustellen.

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Es gilt: „… enthält eine Verschreibung einen erkennbaren Irrtum, ist sie unleserlich oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht hergestellt werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist.“ Die so genannte Plausibilitätsprüfung, das heißt, die Beurteilung der „Anforderung über die Herstellung eines Rezepturarzneimittels … nach pharmazeutischen Gesichtspunkten“ ist entsprechend § 7 der Apothekenbetriebsordnung verbindlich vorgeschrieben.

In der Apotheke ist demnach VOR der Herstellung des Arzneimittels zu prüfen, ob die Abgabe zulässig ist. Neben den Fällen von unplausiblen Rezepturen, die nach Beseitigung der Unklarheit hergestellt und abgegeben werden dürfen, ist insbesondere das Abgabeverbot für bedenkliche Arzneimitteln nach § 5 AMG zu beachten. Im Falle eines Abgabeverbotes gilt die Verpflichtung nach § 17 ApBetrO zur unverzüglichen Belieferung von ärztlichen Verschreibungen nicht – die Rezeptur darf NICHT hergestellt und abgegeben werden! … auch wenn der Arzt ausdrücklich darauf bestehen sollte. Im folgenden Artikel sollen Gründe für Abgabeverbote und -beschränkungen kurz vorgestellt werden.

Bedenkliche Arzneimittel dürfen nicht abgegeben werden. Die Beurteilung beruht auf wissenschaftlichen Kriterien und kann von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen. Rezepturgrundstoffe – Wirk- UND Hilfsstoffe –, die in jedem Fall als bedenklich anzusehen sind, werden durch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker in der AMK-Liste veröffentlicht – zum Beispiel Phenol, Arnikablüten zur Einnahme und 2-Naphthol. Diese Liste wird regelmäßig aktualisiert und in der pharmazeutischen Fachpresse sowie im NRF veröffentlicht.

Zu beachten ist, dass in der AMK-Liste nur Stoffe zu finden sind, die wahrscheinlich in Rezepturen zur Anwendung beim Menschen verordnet oder nachgefragt werden. Das Fehlen von Stoffen in der Liste bedeutet deshalb nicht, dass sie ohne Prüfung verarbeitet und abgegeben werden dürfen.
Teilweise ist der Einsatzzweck entscheidend. Borsäure darf in einer Nasensalbe nicht eingesetzt werden, als Pufferzusatz zu Augentropfen oder in homöopathischen Zubereitungen ab D4 ist der Stoff dagegen zur Arzneimittelherstellung erlaubt.

Rezepturgrundstoffe ohne Nachweis der pharmazeutischen Qualität Rezepturarzneimittel dürfen des Weiteren nicht hergestellt und abgegeben werden, wenn die pharmazeutische Qualität der Inhaltsstoffe nicht sichergestellt werden kann. Das gilt für Wirk- und Hilfsstoffe ebenso wie unter anderem auch für Kosmetika oder Medizinprodukte.

Hilfs- oder Wirkstoffe sowie Grundlagen als Arzneimittelhalbfertigware für die Rezepturherstellung werden vom Hersteller in der Regel mit einem Prüfzertifikat nach § 6 ApBetrO geliefert. Das Zertifikat muss in der Apotheke auf Gültigkeit, Plausibilität und Vollständigkeit geprüft und diese Prüfung dokumentiert werden. Bei fehlenden oder fehlerhaften Angaben ist der Ausgangsstoff einer vollständigen Prüfung zu unterziehen!

Vorsicht!
Arzneimittel, deren Zulassung ruht oder widerrufen wurde, dürfen nach § 30 AMG nicht in den Verkehr gebracht werden. Dieses Verbot betrifft auch die Abgabe analoger individueller Rezepturen aus den betreffenden Arzneistoffen. Zum Beispiel wurden die Zulassungen Bufexamac-haltiger Arzneimittel im Jahr 2010 widerrufen. Der Wirkstoff wurde mittlerweile in die AMK-Liste aufgenommen. Seit August 2013 ruhen die Zulassungen für Tetrazepam-haltige Arzneimittel. Sie dürfen deshalb nicht mehr hergestellt und abgegeben werden.

Unproblematisch ist in der Regel die Verwendung von zugelassenen Fertigarzneimitteln als Rezepturbestandteil. Da das Arzneimittel nur in entsprechender Qualität in den Handel gebracht werden darf, ist eine weitere Prüfung in der Apotheke nicht notwendig.

Die Verarbeitung von Kosmetika in Rezepturen ist dagegen im Allgemeinen problematisch, da die Qualitätsanforderungen an die Reinheit der Ausgangsstoffe in der Regel weniger streng sind. Kosmetika dürfen nur in Rezepturen verarbeitet werden, wenn diese in Arzneimittelqualität hergestellt worden sind und die pharmazeutische Qualität nachgewiesen werden kann (Prüfzertifikat nach ApBetrO).

Abgabebeschränkungen aufgrund negativer Bewertung von Wirk- und Hilfsstoffen Im Rahmen der Nachzulassung von Arzneimitteln wurden bis 1994 zahlreiche Arzneistoffe bewertet. Durch die einberufenen Kommissionen wurde zum Beispiel für Resorcin, Schwefel, Ammoniumsulfobitol, Hexachlorophen und Steinkohlenteerdestillat festgestellt, dass die möglichen Risiken den Nutzen für die Therapie überwiegen beziehungsweise dass die Nachweise der Wirksamkeit unzureichend sind und das Nutzen-Risiko-Verhältnis damit nicht abschließend beurteilt werden kann.

Die Bewertung stellt auch heute noch eine wichtige Grundlage zur Beurteilung von Wirkstoffen und Rezepturen dar. Allerdings muss beachtet werden, dass die Monografien nach ihrer Erstellung nicht aktualisiert werden. Teilweise neue Erkenntnisse führen mitunter zu einer Relativierung der Bewertung – zum Beispiel bei Schwefel für die Hauttherapie. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob die in den Monografien zugrunde gelegten Informationen dem aktuellen Stand entsprechen und damit die Bewertung noch gültig ist.

Werden Arzneimittel mit negativem Nutzen-Risiko-Verhältnis verordnet, sollte die Apotheke Rücksprache mit dem verordnenden Arzt halten – und diese dokumentieren. Im Gespräch mit dem Arzt sollten zunächst therapeutische Alternativen vorgeschlagen und diskutiert werden. Aufgrund der individuellen Nutzen-Risiko-Abschätzung durch den Arzt ist im Einzelfall eine Abgabe auf Verschreibung möglich. Die Abgabe auf Kundenwunsch sowie Herstellung im Voraus sollten nicht erfolgen.

Sonstige Bedenken können sich zum Beispiel ergeben aufgrund

  • von Mitteilungen über Risiken in pharmazeutischer und/oder medizinischer Literatur wie zum Beispiel Fachzeitschriften,
  • unzureichender Daten über den Stoff oder die Stoffkombination, die verordnete Dosierung beziehungsweise die Anwendung bei der vorgesehenen Indikation.

Ist der Arzt entsprechend informiert und soll die Verordnung trotz der bestehenden Risiken beliefert werden, sollte das in der Apotheke entsprechend dokumentiert werden. Auch wenn der Apothekenleiter letztendlich für die Qualität der in seiner Apotheke hergestellten Arzneimittel verantwortlich ist und bleibt, sind viele Arbeiten in der Rezeptur häufig eine Domäne von – gut aus- und fortgebildeten – PTA. Sie können auch bei der Plausibilitätsprüfung wichtige Zuarbeiten leisten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/13 ab Seite 72.

Dr. Ulrike Fischer / Dipl.-Med.-Paed. Katrin Schüler

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