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PHARMAZEUTISCHE BEDENKEN

Im ersten Teil unseres Beitrages haben Sie erfahren, wann Sie die Abgabe eines Rabattarzneimittels ablehnen können. Hier zeigen wir Ihnen, wie Sie dabei praktisch vorgehen müssen.

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Betrachten wir zum Beispiel die Antidepressiva: Sie werden nicht nur zur Behandlung von Depressionen, sondern auch bei Panikattacken, Angst- und Zwangsstörungen und bei chronischen Schmerzen eingesetzt. Gerade für psychisch instabile Menschen ist das Vertrauen in ihre Therapie sehr wichtig. Meist wünschen diese Patienten die Einnahme ihrer bewährten Arznei. Die Substitution gegen ein rabattiertes Präparat kann den Therapieerfolg gefährden.

Mangelnde ComplianceDie Wirkung der Antidepressiva beruht auf der Beeinflussung von Neurotransmittern, wie Serotonin und Noradrenalin, im Gehirn. Da die meisten Wirkstoffe erst nach mehreren Tagen oder Wochen ihre Wirkung voll entfalten, ist es nicht ganz einfach, die individuell richtige Dosis zu finden. Dazu kommt, dass Antidepressiva generell ein hohes Nebenwirkungspotenzial besitzen. Viele Patienten berichten über Herz-Kreislauf-Probleme, Schwindel, Zittern, Sehstörungen, trockene Schleimhäute und sexuelle Störungen. Letzteres ist ein häufiger Grund, der zum Abbruch der Therapie führt.

Um die Nebenwirkungsrate so gering wie möglich zu halten und die optimale Dosis zu finden, wird die Einstellung des Medikaments meist in kleinen Schritten vorgenommen. Ist der Patient dann auf eine bestimmte Dosis eingestellt, kann der Wechsel auf ein anderes Präparat wegen der durchaus zulässigen Unterschiede in der Bioverfügbarkeit Verschiebungen des Plasmaspiegels mit sich bringen. Ein ausreichender Plasmaspiegel ist jedoch die Grundvoraussetzung für eine klinische Wirkung.

Ist der Spiegel erhöht und treten dadurch vermehrt Nebenwirkungen auf, führt dies zu einer verminderten Compliance bis hin zum kompletten Therapieabbruch. Dazu kommt, dass es bei der Behandlung mit Antidepressiva ohnehin ein Compliance-Problem gibt. Zu Beginn der Therapie nehmen noch ca. 70 Prozent ihr Medikament so ein, wie es der Arzt verordnet hat. Nach neun Wochen sind es nur noch 50, nach zwölf Wochen sogar nur noch 40 Prozent. Wird die Therapie aber zu früh beendet, steigt das Risiko, ein Rezidiv zu erleiden. Der Arzt kann den Austausch des Präparates gegen ein Rabattarzneimittel untersagen, indem er das Aut-idem-Kreuz setzt. Tut er das nicht, so können Sie Pharmazeutische Bedenken geltend machen.

Sonder-PZN und Begründung Zunächst müssen Sie im persönlichen Gespräch klären, ob tatsächlich derartige Probleme zu erwarten sind. Vielleicht können Sie diese ja durch Ihre Beratung ausräumen. Haben Sie dennoch Bedenken gegen die Substitution, dürfen Sie das gewohnte Präparat abgeben. Auf das Rezept muss nun aber die Sonder-PZN 2567024 aufgedruckt werden – und zwar an erster Stelle. In das Feld „Taxe“ wird eine „0“ eingetragen. In das Feld „Faktor“ kommt eine dreistellige Kennzahl zur Erklärung der Rechtmäßigkeit der Abgabe.

Die „1“ steht für eine leere Verordnungszeile oder die Abgabe nach den Vereinbarungen des Rahmenvertrages. Die „6“ bedeutet, dass aufgrund Pharmazeutischer Bedenken das Rabattarzneimittel nicht abgegeben wird. Wurde nur das fragliche Antidepressivum verordnet und Sie melden Pharmazeutische Bedenken an, so lautet die Kennzahl „611“. Wurden drei Arzneimittel verordnet und das zweite ist das Antidepressivum, das nicht substituiert werden soll, dann muss die Kennzahl „161“ heißen.

Ist die erste Zeile vorbereitet, können die Medikamente wie gewohnt abgescannt und das Rezept bedruckt werden. Zusätzlich muss noch eine handschriftliche Begründung auf das Rezept. Es reicht eine stichwortartige Erklärung. In unserem Fall könnte man schreiben: „Gefährdung des Therapieerfolges durch Non-Compliance“ oder „Medikament mit hohem Nebenwirkungspotenzial“, aber auch „Patient ist psychisch instabil“.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/11 auf Seite 83.

Sabine Bender, Apothekerin, Redaktion

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