Diabetes Life

PASST DAS ZUSAMMEN?

Dürfen Menschen mit Diabetes Speisen mit Zucker essen? Was gibt es dabei zu beachten? Und was ist, wenn Zucker in Lebensmitteln nicht direkt zu erkennen ist? Unsere Praxistipps helfen Ihnen im Beratungsgespräch mit ihren Diabeteskunden.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Wussten Sie, dass in drei von vier fertigen Lebensmitteln Zucker in irgendeiner Form enthalten ist? Sei es zur Konservierung, für eine angenehme Konsistenz oder für den süßen Geschmack. Für Menschen mit Diabetes kann das ganz schön knifflig sein, denn Zucker hat nun mal eine direkte Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel. Deshalb macht es Sinn, dass Ihre Kunden mit Diabetes sich nicht nur auf Angaben wie „weniger süß“, „mit gesunder Süße“ oder „gesüßt mit Natursüße“ verlassen.

Klarheit dank Zutatenliste und Nährwertanalyse Seit einigen Monaten gibt es die freiwillige Angabe des Nutri Score auf der Vorderseite von Produktverpackungen. Dieses an eine Ampel erinnernde Farbsystem kann einen ersten Anhaltspunkt geben, in welche gesundheitliche Richtung es bei diesem Lebensmittel geht. Allerdings ist der Nutri Score für Menschen mit Diabetes nicht das erste Mittel der Wahl, wenn es um die Bewertung geht. Es lohnt sich der Blick auf die Nährwertanalyse und Zutatenliste auf der Rückseite der Verpackung. In der Nährwertanalyse muss der Gehalt an Kohlenhydraten sowie der anteilige Gehalt an raffiniertem Zucker (also Saccharose), aufgelistet sein.

Er wird für 100 Gramm des Lebensmittels deklariert und teilweise zusätzlich auch pro Portion. Zum Beispiel für 100 Gramm Kekse und für zwei Stück. In der Zutatenliste sind alle Lebensmittel nach ihrer Menge in absteigender Reihenfolge angegeben. Steht Zucker oder seine Synonyme, die meist Endungen wie -ose, -sirup, oder -konzentrat tragen, unter den ersten vier bis fünf, liegt der Anteil am Gesamtprodukt meist sehr hoch. Je nach gegessener Menge kann das also einen deutlichen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel haben. Stellt sich die Frage, wieviel Zucker ist denn bei Diabetes überhaupt sinnvoll?

Knapp drei Esslöffel täglich Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt allen Menschen, ganz gleich ob mit oder ohne Diabetes, eine Menge von 25 Gramm raffiniertem Zucker täglich nicht zu überschreiten. Praktisch sind das knapp drei Esslöffel. Wer das schaffen möchte, muss sehr genau darauf achten, was er einkauft und sollte beim Kochen keinen Zucker verwenden. In diese Menge wird nicht der natürliche Fruchtzuckergehalt von Früchten einbezogen, vorausgesetzt sie werden frisch gegessen und nicht in Form von Säften oder Smoothies konsumiert.

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) empfiehlt Menschen mit Diabetes dazu maximal 10 Prozent der täglichen Gesamtkalorienmenge in Form von Zucker zu essen. Das sind praktisch maximal 50 Gramm täglich: je weniger, umso besser. Allerdings nicht als reiner Zucker zum Süßen von Kaffee, Tee oder als süßes Getränk, sondern verpackt. Beispielsweise als Konfitüre auf dem Brot, am besten wäre hier Vollkornbrot. Aber auch als Bestandteil von Kuchen, Gebäck, Eis oder als Zutat in fertigen Lebensmitteln.

Lebensmittelgruppen mit BE/KE-Anrechnungspflicht

+ Brot und Getreideprodukte
+ Körner und Mehle
+ Teigwaren
+ Kartoffeln und Kartoffelerzeugnisse
+ kohlenhydratreiches Gemüse wie Erbsen, Mais, Kidneybohnen
+ Obst und Obstprodukte wie Säfte, Konfitüre, Smoothies
+ Milch und Milchprodukte
+ Zucker und zuckerhaltige Produkte wie Fruchtgummi, Süßes etc.
+ Lebensmittel, die neben Fett und Eiweiß auch Kohlenhydrate enthalten wie paniertes Fleisch/Fisch, Pizzataschen, Pfannkuchen, Kuchen, Gebäck etc.

Hilfe für die Berechnung gibt es in Kohlenhydrataustauschtabellen. Hier werden die kohlenhydrathaltigen Lebensmittel entsprechend ihrer Menge pro BE und/oder KE angegeben.

Berechnung von Kohlenhydraten BE und KE Neben Zucker enthalten eine Fülle an pflanzlichen und auch einige tierische Lebensmittel Kohlenhydrate, die letztendlich im Körper in Zucker aufgespalten werden. Deshalb haben Kohlenhydrate auch einen direkten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Je ballaststoffreicher ein Lebensmittel, desto langsamer macht sich der Zucker im Blut bemerkbar. Auch eine Kombination von Kohlenhydraten mit Eiweiß und Fett trägt dazu bei, dass Kohlenhydrate gemäßigt ans Blut abgegeben werden.

Für Diabetiker, die Insulin spritzen, ist es deshalb besonders wichtig, die Kohlenhydratmengen genau einschätzen zu können. Dazu gibt es die Berechnungsgrundlagen BE (Brot- oder Berechnungseinheit) sowie die KE (Kohlenhydrateinheit). Die BE entspricht dabei einer Menge von zwölf Gramm Kohlenhydraten, die KE von 10 Gramm Kohlenhydraten. Die meisten Diabetiker rechnen mit der BE. Als Faustregel gilt: Nahezu alle pflanzlichen Lebensmittel, sowie Milch- und Milchprodukte liefern BE oder KE. Gemüse wie Spinat, Möhren, Zwiebeln, Tomaten und viele andere sind jeweils mit einer Menge von 200 Gramm pro Portion komplett BE/KE-anrechnungsfrei.

BE/KE berechnen – so geht‘s Die Kohlenhydratberechnung (BE/KE) ist eine Übungssache. Als Eselsbrücke für den jeweiligen Kohlenhydratgehalt erklären Sie folgendes: Eine BE entspricht 12 Gramm Kohlenhydraten. Also so viel wie das Jahr Monate hat. Eine KE entspricht 10 Gramm Kohlenhydraten, also so viel wie Finger an beiden Händen sind. Diese Hilfe macht Sinn, denn so lassen sich sämtliche Lebensmittel dank ihrer Nährwertanalyse entsprechend berechnen. Denn eine BE/KE-Angabe ist auf den meisten Lebensmitteln nicht verpflichtend. So können Sie zum Beispiel einen Fruchtjoghurt, ganz gleich ob mit oder ohne Zuckerzusatz im Hinblick auf dessen Kohlenhydratgehalt (BE/KE) ausrechnen.

Sie haben einen 150 g-Fruchtjoghurt: Auf der Nährwertanalyse steht: 100 g enthalten: 89 Kilokalorien, 2,7 g Eiweiß, 11 g Kohlenhydrate, 3,8 g Fett. 11 g Joghurt- Kohlenhydrate dividiert durch 12 g Kohlenhydrate pro BE entspricht 0,9 BE. 11 g Joghurt- Kohlenhydrate dividiert durch 10 g Kohlenhydrate pro KE entspricht 1,1 KE. Demnach enthalten 100 g Fruchtjoghurt 0,9 BE/1,1 KE. Da der ganze Becher auf einmal gegessen wird, rechnen Sie nun 0,9 BE multipliziert mit 1,5 entspricht 1,3 BE oder 1,6 KE. Anhand dieses Beispiels lassen sich sämtliche Lebensmittel im Hinblick auf ihren Kohlenhydratgehalt und die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel berechnen. Je niedriger der Anteil an raffiniertem Zucker hierbei liegt, desto besser.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 78.

Kirsten Metternich von Wolff, freie Journalistin

×