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Tiere in der Apotheke

NOTFALL: JULCHEN JAULT

Trinkt eine nicht kastrierte Hündin mehr Wasser als sonst, erscheint sie nervös, und wird vielleicht Ausfluss aus der Scheide bemerkt, könnte möglicherweise die Gebärmutter entzündet sein.

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Erkrankungen des Uterus werden in den tierärztlichen Praxen täglich diagnostiziert. Neben hormonellen und infektiösen Faktoren trägt auch die Unterdrückung der Läufigkeit dazu bei, dass diese Krankheitsbilder so häufig auftreten. Bei einer Gebärmutterentzündung handelt es sich um eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung des Uterus.

Endometritis Die Endometritis ist eine Entzündung der Gebärmutterschleimhaut, die chronisch verlaufen kann, und die primär durch hormonelle Faktoren verursacht wird. Der hormonelle Regelmechanismus entgleist, an den Ovarien werden persistierende Follikel oder zystöse Gelbkörper gefunden, da das Verhältnis zwischen Estrogenen und Gestagenen verschoben ist. Möglicherweise werden diese Entgleisungen durch Hormonbehandlungen, wie zum Beispiel Läufigkeitsunterdrückung oder Hemmung des Milcheinschusses bei Scheinträchtigkeit (Pseudogravidität) ausgelöst. Die Endometritis äußert sich durch Scheidenausfluss, der bräunlich, braunrot, graugelb, schleimig bis schleimig-eitrig sein kann, und der in der Regel kurz nach einer Läufigkeit oder nach einer hormonalen Behandlung auftritt.

Besteht die Problematik bereits länger, kann es zu symmetrischem Haarausfall im Bereich der Kruppe oder der Oberschenkel kommen. Das Allgemeinbefinden kann unverändert, manchmal aber auch hochgradig beeinträchtigt sein. Bestimmte Formen der chronischen Endometritis entwickeln sich durch das gleichzeitige Einwirken von Estrogenen und Progesteron mit erhöhten sekretorischen Aktivitäten. Es kommt zu einer zystösen Erweiterung der Drüsen und durch sekundäre bakterielle Infektionen, die durch den geöffneten Gebärmutterhalskanal begünstigt sind, zu entzündlichen Veränderungen mit chronischem Verlauf. Ist der Ausfluss schon länger andauernd oder werden Hautveränderungen beobachtet, ist von einem irreversiblen chronischen Krankheitsbild mit Rezidivrisiko auszugehen. In diesen Fällen ist eine Ovariohysterektomie, also eine Entfernung von Eierstöcken und Gebärmutter, angezeigt.

Pyometra Pyometra stammt aus dem Griechischen und beschreibt den Zustand einer mit eitriger Flüssigkeit gefüllten Gebärmutter. Die Pyometra wird häufig zu einem Erkrankungskomplex mit der glandulär-zystischen-Hyperplasie und der Endometritis zusammengefasst. Verschiedenen Autoren zufolge ist die Pyometra die häufigste gynäkologische Erkrankung bei Hündinnen. Ohne Behandlung kann die Erkrankung tödlich verlaufen. Hündinnen, die an einer Pyometra erkrankt sind, müssen daher klinisch als Notfallpatienten angesehen werden. Häufig stellt sich in der Anamnese heraus, dass die Hündin einige Wochen vor Erkrankungsbeginn läufig war.

Am Ende der Läufigkeit ist der Gebärmutterhals (Zervix) noch nicht verschlossen, sodass aufsteigende Keime zu einer sekundären bakteriellen Infektion führen können. Zudem ist die Resistenz der Gebärmutterschleimhaut gegenüber Erregern herabgesetzt, die Keime können sich rasch vermehren, und deren Toxine verstärken die Sekretion im Endometrium. Im weiteren Verlauf schließt sich die Zervix, und die Sekrete sammeln sich in der Gebärmutter. Durch entzündliche Reaktionen erweitern sich die Drüsen, und der Uterus füllt sich zunehmend mit eitrigen Sekreten – auf diese Weise entsteht die typische Pyometra.

Zwei Formen der Pyometra Es wird zwischen einer offenen und geschlossenen Form unterschieden, je nachdem, ob ein Vaginalausfluss besteht. Eine geschlossene Pyometra kann im Anschluss an eine Läufigkeitsunterdrückung beziehungsweise -verschiebung entstehen, wobei zwischen der Behandlung und dem Auftreten der Symptome mehrere Monate liegen können. Bei Tieren mit einer offenen Pyometra besteht ein eitriger Vaginalausfluss, der auch blutig sein kann. Nicht selten kommt es zu einer spontanen Entleerung des Uterus.

Polydipsie (krankhaft gesteigerter Durst) ist eines der am häufigsten auftretenden Symptome im Zusammenhang mit einer Pyometra. Das Allgemeinbefinden der Hündinnen ist meist hochgradig gestört, meist essen sie nicht, erbrechen sogar, wodurch sie oft dehydriert sind und lethargisch wirken; Fieber ist dagegen eher selten. Es sollte immer eine Röntgenaufnahme oder Ultrasonografie des Abdomens durchgeführt werden, um einen flüssigkeitsgefüllten Uterus eindeutig zu identifizieren und um eine Trächtigkeit auszuschließen. Die häufigsten Ergebnisse der blutchemischen Untersuchung bei Hündinnen mit Pyometra sind eine Hyperproteinämie, Hypercholesterinämie sowie erhöhte Harnstoff- und Kreatininwerte.

Es besteht Lebensgefahr Bleibt der Endometritis-Pyometra-Komplex unbehandelt, besteht die Gefahr von schwerwiegenden Komplikationen. So können sich eine Sepsis durch freigesetzte Endotoxine sowie Hyperthermie und Schock entwickeln. Es kann zu Stoffwechselstörungen kommen, und es besteht die Gefahr, dass sich der eitrige Inhalt in die Bauchhöhle entleert mit der Folge einer in der Regel tödlich verlaufenden Bauchfellentzündung. Eine weitere mögliche Komplikation ist die Ruptur des Uterus. Das Krankheitsbild muss daher umgehend behandelt werden – das Leben der Hündin ist in Gefahr, auch drohen bleibende Organschäden.

Therapie der Wahl ist die Ovariohysterektomie bei schwer erkrankten Tieren, wo- bei begleitende Maßnahmen wie intravenöse Infusionen zur Stabilisierung des Kreislaufs und Antibiotika erforderlich sind, um eine adäquate Gewebeperfusion aufrechtzuerhalten und um die Nierenfunktion zu verbessern. Die meisten Tiere erholen sich nach dem Eingriff wieder vollständig, in einigen Fällen können nach der Operation jedoch Herzrhythmusstörungen auftreten, die aber relativ gut behandelt werden können. Es ist zu berücksichtigen, dass durch die Entfernung der Gebärmutter auch eine Harninkontinenz als eine Folge des absinkenden Estrogenspiegels entstehen kann.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/19 ab Seite 110.

Dr. Astrid Heinl, Tierärztin und Medizinjournalistin

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