Modellbild Nieren© Natali_Mis / iStock / Getty Images

Blutwerte

NIERENWERTE

Nierenschäden verursachen erst spät Symptome. Umso wichtiger ist die Früherkennung. Bestimmte Blutparameter können da Aufschluss geben. Allen voran drei Werte: Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure.

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Unsere Nieren sind lebenswichtige Organe mit einer Vielzahl von Funktionen. So filtern sie toxische Abfallprodukte aus dem Blut in den Urin und resorbieren wichtige Stoffe daraus zurück. Gleichzeitig regeln sie mit dem Wasserhaushalt auch unseren Blutdruck und sorgen für einen ausgeglichenen Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt. Zudem verstoffwechseln sie Vitamin D zu seiner aktiven Form und regen durch die Bildung von Erythropoetin die Produktion roter Blutkörperchen im Knochenmark an. Ist die Nierenfunktion eingeschränkt, wirkt sich das daher umfassend auf die Gesundheit aus – von einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislaufschäden und Schlaganfällen bis hin zur inneren Vergiftung.

Lange unbemerkt Nieren können durch viele Faktoren geschädigt werden, beispielsweise ungesunde Lebensführung, Traumata, toxische Stoffe, Grunderkrankungen wie Diabetes – oder auch einfach durch das Altern. Manchmal ist ein Nierenschaden auch angeboren. Nach Schätzungen der Deutschen Nierenstiftung haben etwa fünf Millionen Deutsche eine Funktionseinschränkung der Nieren – aber nur etwa ein Viertel der Betroffenen weiß davon. Das liegt daran, dass sich die Schäden anfangs nur mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Blasenschwäche bemerkbar machen.

Durch die Überwachung der Nierenwerte im Blutbild können Nierenschäden jedoch früh erkannt werden und man kann einem fortschreitenden Versagen zumindest teilweise entgegenwirken. Unbehandelt kommt es früher oder später zur chronischen Niereninsuffizienz. Sind die Nieren gar nicht mehr in der Lage, ihre Arbeit zu verrichten, müssen Betroffene an die Dialyse – eine aufwändige Therapie, die ihre Grenzen hat. Langfristig kann nur eine Transplantation das Leben retten.

Blutparameter Ist die Funktion der Nieren gestört, steigen die Spiegel bestimmter Abfallprodukte im Blut, die sie nicht mehr ausreichend filtern kann. Hierbei sind im Blutbild vor allem Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure aussagekräftig. Allerdings sind diese Werte nicht nur bei Nierenerkrankungen erhöht, sodass das Blutbild genau interpretiert werden und gegebenenfalls um Verfahren wie Urindiagnostik und Bildgebung ergänzt werden muss. Eine Urinuntersuchung kann bereits zeigen, ob über die Nieren Eiweiß oder Blut verloren geht oder ob sich Nierenzellen im Urin finden. Bildgebende Verfahren können zum Beispiel Gewebeschäden oder blockierte Gefäße anzeigen.

Kreatinin Kreatinin ist ein Abbauprodukt des Kreatins, einem Protein, das eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel unserer Muskeln spielt. Das laufend ins Blut abgegebene Kreatinin wird anschließend in den kleinen Nierenkörperchen (Glomeruli) wieder daraus entfernt. Da der Kreatininspiegel im Blut mit der vorhandenen Muskelmasse steigt, liegen die Normwerte von Männern mit 0,8 bis 1,3 mg/dl über denen der Frauen mit 0,7 bis 1,1 mg/dl. Ist der Wert abnormal erhöht, kann das darauf hinweisen, dass die Nieren ihre Filterfunktion nicht mehr ausreichend erfüllen.

Als einzelner Parameter ist er jedoch nicht besonders aussagekräftig, denn er kann auch bei Muskelschädigungen oder Dehydration ansteigen. Ebenso ist Kreatinin in Fleisch enthalten, sodass der Spiegel bei extremem Fleischkonsum ebenfalls kurzfristig erhöht sein kann. Zudem hilft dieser Wert nicht zur Früherkennung einer Nierenschädigung, da er erst signifikant ansteigt, wenn die Nierenfunktion bereits um die Hälfte zurückgegangen ist. Er ist allerdings in der Kontrolle einer bereits diagnostizierten Erkrankung wichtig.

Eingedampft
Sind die Nieren geschädigt, drohen Vergiftung, aber auch sekundäre Komplikationen wie Herz-Kreislauferkrankungen und Schlaganfälle. Bestimmte Parameter im Blutbild wie Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure können auf einen Nierenschaden hinweisen, ebenso wie die glomeruläre Filtrationsrate.

Nierendurchfluss gibt Aufschluss Tatsächlich geeignet für die Früherkennung ist hingegen die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR), das heißt der Flüssigkeitsmenge, die pro Minute durch die Nierenkörperchen fließt. Dieser Wert lässt sich entweder über die jeweiligen Mengen an Kreatinin im Blut und Urin ermitteln, oder mit bestimmten Formeln allein aus dem Serumkreatinin-Wert annähernd berechnen. Die GFR ist jedoch nicht Bestandteil eines herkömmlichen Blutbildes. Ihr Normalwert liegt bei 90 ml/min oder darüber bei einer angenommenen normalen Körperoberfläche von 1,73m2.

Werte zwischen 60 und 89 zeigen eine leichte Funktionsstörung an, der therapeutisch entgegengewirkt werden kann. Bei einer mittelgradigen Niereninsuffizienz (GFR: 30 bis 59) müssen eventuell auch mögliche sekundäre Komplikationen mitbehandelt werden. Beträgt der Wert zwischen 29 und 15 muss der Patient auf eine baldige Dialyse und/oder Nierentransplantation vorbereitet werden. Sinkt der Wert noch weiter ist das Stadium der Niereninsuffizienz erreicht, das ohne Dialyse und langfristige Transplantation tödlich endet. Die GFR ist also auch ein wichtiges Tool in der Verlaufskontrolle einer bereits diagnostizierten Nierenschädigung.

Harnstoff Harnstoff ist das ungiftige Endprodukt des Eiweißstoffwechsels. Er wird in der Leber aus Kohlendioxid und Ammoniak gebildet, der unverstoffwechselt bereits in geringen Mengen toxisch auf das zentrale Nervensystem wirkt. Harnstoff wird in der Niere gefiltert, größtenteils über den Urin ausgeschieden und zu einem geringen Prozentsatz ins Blut zurückresorbiert.

Die Normwerte für Harnstoff liegen, je nach Alter zwischen 16,6 und 48,5 mg/dl. Werden sie um ein Vielfaches überstiegen, kann man davon ausgehen, dass die Niere entweder nicht mehr genug Harnstoff filtern kann oder zu viel davon rückresorbiert. Allerdings kann der Harnstoff auch durch Ernährung beeinflusst werden: Je geringer die Eiweißzufuhr, desto geringer der Harnstoffwert.

Harnsäure Harnsäure ist das Endprodukt des Abbaus bestimmter Nukleinsäurebasen, der Purine Adenin und Guanin. Sie wird zu etwa drei Vierteln über die Niere entfernt, der Rest über Schweiß, Speichel oder den Darm. Der Normalwert im Blut beträgt bei Frauen 2,5 bis 6,5 mg/dl, bei Männern 3,0 bis 6,9 mg/dl. Harnsäure ist nur bei einem pH-Wert von 7,4 löslich (so zum Beispiel im Blut). Bei einem sauren pH-Wert, wie im Urin oder in sauerstoffarmem Gewebe, bildet sie kleine Kristalle, die sich im Körper ablagern können. Ist der Blutspiegel der Harnsäure stark erhöht, kann es daher zu Harnsteinen oder Gicht kommen.

Der Harnsäurespiegel kann durch falsche Ernährung ansteigen, zum Beispiel durch den Genuss fruktose- oder purinhaltiger Lebensmittel (vor allem Fleisch) oder durch Alkohol. Auch bei Tumortherapien ist der Harnsäurespiegel stark erhöht. Ein hoher Harnsäurewert bei noch funktionierenden Nieren stellt einen Risikofaktor für eine Niereninsuffizienz dar. Bei einer chronischen Niereninsuffizienz ist der Harnsäurewert dann dauerhaft stark erhöht.

Wie vorbeugen?Damit unsere Nieren ihre lebenswichtige Aufgabe lange erfüllen können, sollte man auf eine nierengesunde Lebensführung achten. Dazu gehört: Wenig Fleisch- und Alkoholkonsum, regelmäßige und ausgewogene Ernährung ohne Gewaltdiäten, genügend Flüssigkeitszufuhr über den Tag verteilt (möglichst Mineralwasser, keine zuckerhaltigen Getränke). Übergewicht sollte schonend reduziert werden und potenziell nierenschädigende Grunderkrankungen wie Diabetes unter Kontrolle sein.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/2021 ab Seite 26.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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