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Hämorrhoiden

NICHT AUSSITZEN

Hämorrhoiden sind immer noch ein Tabuthema. Vielen Betroffenen ist es peinlich, über das unangenehme Jucken, Brennen oder Nässen im Analbereich zu sprechen. Dabei könnte ihnen geholfen werden.

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Hämorrhoidalleiden gelten als eine Zivilisationskrankheit. Experten schätzen, dass etwa jeder zweite Bundesbürger betroffen ist. Sowohl Frauen als auch Männer haben im Laufe ihres Lebens irgendwann einmal Beschwerden im Analbereich, die von vergrößerten Hämorrhoiden ausgehen. Vor allem ab etwa 35 Jahren steigt die Wahrscheinlichkeit an, ein Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr. Doch genaue Zahlen existieren nicht und die Dunkelziffer ist groß, denn wer größere oder kleinere Probleme mit Irritationen in der Analregion hat, spricht entweder nicht gern oder überhaupt nicht darüber.

Jeder hat HämorrhoidenEs ist also Einfühlungsvermögen im Beratungsgespräch gefragt. Vermitteln Sie Ihrem Kunden, dass er keine Scham zu haben braucht. Hämorrhoidalleiden, also Beschwerden, die von vergrößerten Hämorrhoiden ausgehen, sind nicht peinlich. Ganz alltägliche, von vielen Menschen praktizierte Lebensgewohnheiten begünstigen ihre Entstehung und sorgen für das häufige Auftreten. Diese Information kann schon helfen, das Thema aus der Tabuzone zu holen, denn geteiltes Leid ist halbes Leid. Und vor allem kann ein Blick auf die Anatomie die Problematik objektivieren und ihr damit die Peinlichkeit nehmen: Hämorrhoiden an sich sind etwas ganz Natürliches. Sie kommen in jedem Organismus vor und übernehmen eine wichtige Funktion. Der griechische Begriff bedeutet „Blutfluss“ und bezeichnet ein Geflecht von Blutgefäßen in der Schleimhaut am Ausgang des Enddarms. Im gesunden Zustand befindet sich dieses Gefäßpolster etwa drei bis vier Zentimeter oberhalb des Afters (Anus) und ist nicht mit dem Finger zu ertasten. Es dient als Schwellkörper und dichtet gemeinsam mit dem Afterschließmuskel die Austrittsöffnung des Darms nach außen hin ab. Normalerweise strömt das Blut aus diesem Schwellkörper wieder heraus, wenn sich der Schließmuskel beim Stuhlgang entspannt.

Vergrößerte Hämorrhoiden Problematisch wird es erst, wenn dieser Vorgang nicht richtig funktioniert. Dann staut sich das Blut, die kleinen arteriellen Gefäße schwellen an und erweitern sich. Die Folge sind vergrößerte Hämorrhoiden, die sich als knotenartige Vorwölbungen der Schleimhaut darstellen und dem Betroffenen Beschwerden bereiten. Welche Symptome mit welcher Intensität auftreten, hängt maßgeblich davon ab, wie weit das Hämorrhoidalleiden schon fortgeschritten ist. Es werden vier Schweregrade beziehungsweise Krankheitsstadien unterschieden.

Während anfänglich vergrößerte Hämorrhoiden nicht fühlbar sind und nur gelegentlich hellrote Blutungen verursachen, nehmen sie im weiteren Krankheitsverlauf immer mehr an Größe zu. Sie wölben sich schließlich nach außen, treten aus dem After hervor und können sogar dauerhaft vor dem äußeren Afterrand liegen bleiben. Je nach Stadium der Erkrankung, verursacht das vergrößerte Gefäßpolster zunehmend Beschwerden wie Juckreiz, Brennen, Nässen, Schmerzen, Blutungen, Stuhlschmieren sowie Probleme bei der Darmentleerung bis hin zu einer Stuhlinkontinenz.

Wer einmal vergrößerte Hämorrhoiden hatte, trägt ein erhöhtes Risiko, diese immer wieder zu bekommen.

Vielfältige Ursachen Verschiedene Faktoren können die Entstehung vergrößerter Hämorrhoiden begünstigen. Möglicherweise bereitet eine familiäre Veranlagung, die mit einer Gewebeschwäche einher- geht, die Grundlage für ein Hämorrhoidalleiden. Dabei verliert das Bindegewebe seine stützende Funktion und das Gefäßgewebe seine Elastizität, wodurch sich die Blutgefäße im Gefäßpolster vergrößern, aussacken und schließlich aus dem After treten können. Dieser Prozess kommt aber auch ohne eine genetische Disposition für ein schwaches Bindegewebe in Gang. Dann sind vielmehr ungünstige Lebensgewohnheiten wie eine ungesunde Ernährung, Bewegungsarmut oder überwiegend sitzende Tätigkeiten von Bedeutung, die der Entwicklung vergrößerter Hämorrhoiden Vorschub leisten. Dabei spielen ungünstige Durchblutungs- und Druckverhältnisse im Beckenbereich eine entscheidende Rolle.

Ist der Blutfluss behindert oder schießt ruckartig Blut in das Gefäßpolster, schwellen die Schwellkörper an und können das Gewebe schwächen. Davon betroffen sind vor allem Personen, die beruflich häufig schwere Lasten heben müssen. Auch Freizeitsportler, die Krafttraining praktizieren, oder übergewichtige Menschen überlasten durch zu hohen Druck die Beckenbodenmuskulatur und tragen so zu einer chronischen Überdehnung der Gefäße bei. Auch während der letzten Phase einer Schwangerschaft und kurz nach der Geburt können sich aufgrund der hormonellen Umstellung und der starken Belastung für den Beckenboden Hämorrhoidalleiden entwickeln oder verstärken. Von zentraler Bedeutung im Krankheitsgeschehen ist häufig ein falsches Stuhlentleerungsverhalten, das sich durch übermäßiges Pressen und unnötiges Nachpressen beim Toilettengang auszeichnet.

Dadurch verlangsamt sich der Blutabfluss aus den Schwellkörpern und der Druck auf die Gefäße wird erhöht. Meist liegt eine Obstipation zugrunde, die wiederum häufig auf ungesunde Ernährungsgewohnheiten mit einer zu geringen Zufuhr an Ballaststoffen und Flüssigkeit sowie Bewegungsmangel zurückzuführen ist. Probleme bei der Stuhlentleerung lassen den Betroffenen längere Zeit auf der Toilette verweilen. Lange Sitzungen fördern jedoch ein starkes, ausgedehntes Pressen. Oft wird dabei eine vermeintlich bequeme, aufrechte Sitzhaltung mit durchhängendem Po eingenommen, was den Stuhl schlechter austreten lässt und das Pressen zudem verstärkt.

Hämorrhoiden vorbeugen und behandeln Unbehandelt kann sich ein Hämorrhoidalleiden gravierend verschlechtern. Daher sollten Hämorrhoidalleiden gleich zu Anfang der Erkrankung offen angesprochen und mit geeigneten proktologischen Präparaten therapiert werden, zumal sie die unangenehmen Symptome in den ersten zwei Krankheitsstadien im Rahmen der Selbstmedikation rasch und spürbar lindern und das weitere Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen können. Laut einer österreichischen Studie zur Prävalenz von Hämorrhoiden aus dem Jahre 2011 befanden sich circa 40 Prozent der Patienten mit Hämorrhoidalleiden im Stadium I, weitere 40 Prozent im Stadium II, knapp 16 Prozent im Stadium III und nur ein sehr geringer Anteil im Stadium IV.

Ist das Hämorrhoidalleiden bereits weiter fortgeschritten und sind Symptome wie Stuhlschmieren oder ein dauerhaftes Gefühl der mangelnden Entleerung aufgetreten, sollten die Gefäßpolster semi-operativ oder operativ verkleinert werden. Sinnvoll ist es zudem, die medikamentöse Behandlung durch eine ballaststoffreiche Ernährung mit einer ausreichend großen Trinkmenge und vermehrter Bewegung zu unterstützen. Eine Umstellung der Lebensgewohnheiten hilft, Übergewicht und Verstopfung zu vermeiden und leistet damit einen kausalen Beitrag zur Vorbeugung und Besserung eines Hämorrhoidalleidens. Förderlich ist zudem eine Optimierung des Stuhlentleerungsverhaltens.

Hämorrhoidenfreundliche Ernährung Eine gesunde Ernährung ist ein wichtiger Schritt zur Beschwerdefreiheit. Sie wirkt sich nicht nur stuhlregulierend, sondern auch positiv auf das Körpergewicht aus und hilft Übergewicht und damit eine Überlastung der Beckenbodenmuskulatur zu vermeiden. Prinzipiell sollte die Ernährung ausgewogen und ballaststoffreich sein. Daher gehören Vollkornbrot, Müsli und Obst auf den Speisezettel. Zuckerhaltige Lebensmittel wie Kuchen, Weißbrot, Kakao, Limonaden sind hingegen zu meiden. Sie liefern nicht nur zu viele Kalorien, sondern machen zudem den Darm träge. Eine reichliche Flüssigkeitszufuhr mit Wasser oder Kräutertee ergänzt den Ernährungsplan. Getränke wie Alkohol oder Kaffee verstärken eher vorhandene Hämorrhoidalleiden. Alle diese Maßnahmen halten den Stuhl weich und sorgen für einen regelmäßigen Stuhlgang. Gleichzeitig bewirkt ein weich geformter Stuhl die reflektorische Abnahme des Tonus des inneren Schließmuskels im After, was den Blutabfluss aus den Hämorrhoiden erleichtert.

Zudem sorgt ein weicher Stuhl für die Verringerung der Scherkräfte im Analkanal und wirkt so einer Entstehung und Verschlimmerung eines Hämorrhoidalleidens entgegen. Liegen akute Beschwerden vor, sind Zitrusfrüchte zu meiden, da sie die irritierte Analgegend zusätzlich reizen können. Auch scharf gewürzte Speisen oder blähende Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Zwiebeln oder Kohlgemüse wirken sich dann ungünstig aus. Genügt eine Ernährungsumstellung nicht, kann bei bestehender Verstopfung zur zusätzlichen Aufnahme von Quellmitteln wie Flohsamenschalen oder Leinsamen geraten werden. Führen auch diese nicht zum Ziel, helfen Laktulose oder Macrogol, wobei hier Macrogolen der Vorzug zu geben ist, da Laktulose zu Blähungen führen kann.

Antiresorptiv und hydragog wirkende Abführmittel sind nicht so gut geeignet, da das Risiko für einen zu dünnen Stuhl besteht. Ein zu dünnflüssiger Stuhl kann jedoch die Analregion zu sehr reizen und sogar ein Hämorrhoidalleiden fördern. Hintergrund dafür ist, dass bei ungeformtem bis durchfallartigem Stuhl der Defäkationsreflex ausbleibt und so die Darmentleerung ohne genügend entleerte Schwellkörper erfolgt, was bei längerfristigem Geschehen zu morphologischen Veränderungen im Enddarm führen kann.

Sonderfall Schwangerschaft
Vergrößerte Hämorrhoiden sind auch ein Problem werdender Mütter, da erhöhte Progesteronspiegel die Darmtätigkeit reduzieren und eine Verstopfung hervorrufen können. Zudem weiten sich durch die hormonelle Umstellung die Gefäße und das Gewebe lockert sich, sodass das Blut nicht mehr so gut abfließen kann und sich in den Gefäßpolstern staut. Darüber hinaus drückt das immer schwerer werdende Kind im Verlauf der Schwangerschaft zunehmend auf Beckenboden und Enddarm, wodurch sich der Druck auf das Gefäßpolster kontinuierlich verstärkt. Schließlich wirkt sich starkes Pressen während des Geburtsvorgangs negativ auf den Erkrankungsverlauf aus. Es wird davon ausgegangen, dass durch eine Schwangerschaft kein neues Hämorrhoidalleiden entstehen kann, bereits vergrößerte Hämorrhoiden sich aber in den letzten Monaten der Schwangerschaft und im Wochenbett noch verschlimmern können.

In Bewegung bleiben Eine weitere unverzichtbare Maßnahme zur Vorbeugung und Therapiebegleitung ist vermehrte Bewegung. Regelmäßige sportliche Betätigung regt den Darm an und wirkt damit prophylaktisch gegen eine Verstopfung. Zugleich hilft sie, das Körpergewicht auf einem normalen Level zu halten. Hämorrhoidenfreundlich sind ruhige Sportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Gymnastik. Kraftsport, Joggen oder Tennis belasten durch starke Stöße hingegen den Beckenboden. Sinnvoll ist es auch, kleine Bewegungseinheiten in den Alltag zu integrieren. Lieber auf den Fahrstuhl zu verzichten und die Treppen zu bevorzugen hilft schon, die körperliche Aktivität zu steigern. Zudem empfehlen sich gezielte Übungen wie Beckenbodentraining oder Schließmuskelgymnastik. Die anale Schließmuskulatur lässt sich effektiv trainieren, indem der Schließmuskel mehrmals täglich 20- bis 30-mal hintereinander für etwa drei Sekunden zusammengepresst wird.

Starkes Pressen vermeiden Betroffene sollten zu richtigem Stuhlverhalten ohne Pressen anregt werden, denn es trägt wie optimierte Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten kausal zum Behandlungserfolg bei. Grundlegende Voraussetzung ist, dafür den Toilettengang nicht hinauszuzögern, sondern einsetzendem Stuhldrang gleich nachzugeben. Je länger man abwartet, desto stärker dickt der Stuhl ein und umso schwerer wird die Darmentleerung. Andererseits sollte die Toilette auch nur dann aufgesucht werden, wenn Stuhldrang besteht. Eine Sitzhaltung oder besser Hockhaltung, bei der die Füße auf einem kleinen Hocker abgestellt werden, erleichtert den Stuhlabgang und entlastet so nicht nur Beckenboden und Enddarm, sondern auch das Gefäßpolster im Analkanal.

Schonende AnalhygieneVor allem sollte bei einem schon bestehenden Hämorrhoidalleiden der Analbereich nach jedem Toilettengang vorsichtig mit lauwarmem Wasser gesäubert werden. Am besten geeignet sind Einmalwaschlappen, ein dicker Wattebausch oder extra weiches Toilettenpapier. Weniger empfehlenswert ist recyceltes Material, da es meist zu hart ist und Farbstoffe (Druckerschwärze) enthalten sein können, die die sensible und irritierte Analregion zusätzlich reizen und bei langfristigem Gebrauch Kontaktekzeme auslösen können. Aus dem gleichen Grund sollte auf herkömmliche Feuchttücher mit Konservierungsmitteln oder Duftstoffen sowie auf Seifenzusätze verzichtet werden.

Wichtig ist, anschließend die Haut abzutrocknen, wobei sie nur vorsichtig – ohne zu rubbeln oder zu reiben – abgetupft werden darf. Zu einer hämorrhoidenfreundlichen Analhygiene gehört auch die richtige Auswahl der Unterwäsche. Sie sollte möglichst zu 100 Prozent aus Baumwolle bestehen. Das Naturmaterial ist im Gegensatz zu Kunstfasern atmungsaktiv und gewährleistet eine ausreichende Schweißaufnahme. Analvorlagen sorgen für weitere Hygiene und vermitteln dem Verwender ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit. Sie halten die Haut am After trocken und schützen die Unterwäsche bei nässenden Beschwerden, Stuhlschmieren, Blutungen oder Salbenanwendung vor Verschmutzung.

Rezeptfreie Hilfe aus der Apotheke Die beschriebenen Maßnahmen sind vorbeugend und in der Anfangsphase eines Hämorrhoidalleidens oft ausreichend. Zusätzlich lindern lokal zu applizierende Salben, Zäpfchen sowie Zäpfchen mit Mulleinlage (Haemotamps) die unangenehmen Symptome wie Schmerzen und starkes Jucken. Proktologische Topika sollen bevorzugt nach der Stuhlentleerung zur Anwendung kommen. Für die Selbstmedikation stehen Präparate mit Lokalanästhetika (z. B. Lidocain, Quinisocain), pflanzlichen Wirkstoffen aus Hamamelis, dem mineralischen Gerbstoff Bismutgallat sowie eine Zubereitung aus Jojoba-Öl und Bienenwachs zur Verfügung. Die rezeptfreien Präparate können prinzipiell in allen Erkrankungsstadien zum Einsatz kommen, denn auch in fortgeschrittenen Stadien können sie zur Linderung der Beschwerden beitragen.

Bei stark ausgeprägten Beschwerden ist mit den rezeptfreien Präparaten nicht immer eine befriedigende Symptomlinderung zu erzielen und es werden verschreibungspflichtige Lokalanästhetika (z. B. Cinchocain) oder Glukokortikoide (z. B. Hydrokortison) erforderlich. Meist ist das Hämorrhoidalleiden dann schon fortgeschritten. Den Präparaten ist gemeinsam, dass sie rein symptomatisch wirken. Das heißt, die bestehenden Beschwerden werden zeitweise gelindert, aber vergrößerte Hämorrhoidalgefäße werden hierdurch nicht verkleinert. Während also die ersten beiden Stadien gut durch eine Selbstmedikation versorgt und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden können, sollten die Erkrankungsstadien III und IV durch einen Facharzt (Proktologen) abgeklärt werden.

Oftmals sind dann neben einer medikamentösen Therapie auch semi-operative oder auch operative Maßnahmen notwendig. Wenn während der Schwangerschaft das Hämorrhoidalleiden für die Patientin sehr unangenehm wird, kann dieses in Rücksprache mit dem Arzt ebenfalls symptomatisch behandelt werden. Im Verlauf der Rückbildungsphase bilden sich aber die vergrößerten Gefäßpolster meist soweit wieder von alleine zurück, dass sie keiner Therapie mehr bedürfen.

Akute BeschwerdenAls kurzfristige Akuttherapie zur schnellen Schmerzbekämpfung und Linderung von Juckreiz bieten sich Lokalanästhetika an. Sie setzen die Schmerzempfindlichkeit herab, indem sie die Bildung und Weiterleitung von Nervenimpulsen durch Blockade von Natriumkanälen in peripheren Nervenzellen vorübergehend hemmen. Dieser Effekt wird bei akuten Beschwerden, die sich vor allem mit Brennen und Juckreiz bemerkbar machen, als besonders hilfreich empfunden. Zudem kommen Präparate mit Lokalanästhetika vor und nach proktologischen Untersuchungen zur Anwendung, um dem Patienten die Prozedur zu erleichtern. Präparate mit Lidocain gelten als Mittel der Wahl, da die Wirksamkeit in Studien belegt ist und man bei Lidocain auf jahrzehntelange Anwendungserfahrungen zurückgreifen kann. Um eine rasche und spürbare Linderung bei akuten Schmerzen und starkem Juckreiz zu erzielen, werden sie zweimal täglich appliziert. Lidocainhaltige Proktologika können nach Konsultation des Arztes auch in der Schwangerschaft zur Anwendung kommen.

Pflanzliche Therapie Hamamelishaltige Präparate sind eine gute Alternative für diejenigen, die ein pflanzliches Produkt wünschen. Diese können prinzipiell zwei bis vier Wochen lang angewendet werden. Sofern sich die Symptome unter der Anwendung nicht bessern, sollte allerdings spätestens nach einer Woche ein Arzt konsultiert werden. Der in den Präparaten enthaltene Wirkstoff Hamamelisextrakt wirkt adstringierend, blutungsstillend und entzündungshemmend. Durch den zusammenziehenden Effekt beruhigt sich die Haut und wird zur Heilung angeregt. Die Wundheilung ist wichtig, denn nur wenn sich die entzündete Haut wieder regeneriert, werden die Beschwerden nachhaltig gebessert.

Bei zweimal täglicher Anwendung werden Juckreiz, Nässen und Brennen im Analbereich gemildert und oberflächliche Wunden sowie kleine Verletzungen (Analfissuren) können schneller abheilen. Bei stärkeren Beschwerden dürfen Hamamelisextrakte zeitweise auch häufiger appliziert werden. Gerbstoffhaltige Präparate sind nach Rücksprache mit dem Arzt auch für maximal zwei Wochen in der Schwangerschaft anwendbar. Aufgrund ihrer entzündungshemmenden Wirkung sind bestimmte Salben mit Hamamelis auch zur Behandlung eines Analekzems geeignet.

Linderung leichterer Beschwerden Nach Abschluss der Therapie akuter Beschwerden eines Hämorrhoidalleidens sind eine prophylaktische Anschlussbehandlung mit einem natürlichen Produkt zur Linderung leichterer Beschwerden und eine regelmäßige Hautpflege des Analbereichs sinnvoll. Empfehlenswert ist eine Formulierung mit Jojoba-Öl und Bienenwachs, die die empfindliche Haut in der Afterregion nach einer Hämorrhoidalbehandlung pflegt, indem sie sich wie ein wasserabweisender Schutzmantel über die Haut legt. Auf diese Weise erhöht der pflegende Hautschutzkomplex die Hautelastizität und schützt vor weiteren Reizungen. Die enthaltenen Wachse erleichtern zudem den Stuhlgang durch einen verbesserten Gleiteffekt. Regelmäßig angewendet schützt das Präparat vor erneutem Auftreten von Symptomen, verlängert die beschwerdefreie Zeit und hat einen positiven Einfluss auf die Verkürzung zukünftiger akuter Beschwerdephasen. Das Präparat ist außerdem unbedenklich und längerfristig auch in der Schwangerschaft und Stillzeit verwendbar.

Vier Stadien
Ein Hämorrhoidalleiden wird in vier Schweregrade beziehungsweise Stadien eingeteilt:
+ Stadium I: Die Hämorrhoiden sind geringfügig vergrößert und äußerlich noch nicht zu sehen. Sie bereiten in der Regel noch keine Beschwerden, gelegentlich machen sie sich durch hellrote Blutungen auf dem Stuhl, dem Toilettenpapier oder in der Wäsche bemerkbar.
+ Stadium II: Beim Stuhlgang werden Gefäßpolster gelegentlich aus dem After herausgedrückt, sodass sie sicht- und tastbar werden. In diesem Stadium ziehen sie sich jedoch meistens spontan wieder zurück. Die Betroffenen haben nach dem Stuhlgang oft das Gefühl einer unvollständigen Stuhlentleerung. Das führt zu längeren Sitzungen auf der Toilette mit anhaltendem Pressen, wodurch sich das Leiden wiederum verschlimmert. Es treten typische Beschwerden wie Brennen, Juckreiz und leichtere Blutungen auf.
+ Stadium III: Die Hämorrhoiden treten nicht nur beim Stuhlgang, sondern auch bei körperlichen Belastungen hervor. Sie bleiben dauerhaft sicht- und tastbar, sind aber reponierbar, lassen sich also mit den Fingern zurück in den Analkanal schieben. Aufgrund des Schleimhautvorfalls kommt es zu Nässen, Schleimabgang, Blutungen und Stuhlschmieren. Betroffene haben in diesem Stadium meist erhebliche Beschwerden.
+ Stadium IV: Die vergrößerten Gefäßpolster liegen dauerhaft außerhalb des Darmausganges vor dem äußeren Afterrand, lassen sich nicht mehr zurückschieben und verursachen Jucken, Brennen, Nässen, Blutungen, Hautirritationen und Schmerzen. Die Betroffenen haben in diesem Stadium ein permanentes Fremdkörpergefühl und können oft den Stuhl nicht mehr halten (Stuhlinkontinenz).

Die geeignete Applikationsform wählen Proktologische Präparate liegen in verschiedenen Darreichungsformen vor. Bei der Auswahl spielen häufig persönliche Vorlieben eine Rolle. Während manche Zäpfchen bevorzugen, entscheiden sich andere lieber für eine Salbe. Um richtig zu wirken, bedürfen beide Applikationsformen einer Erklärung. Salben und Cremes haben den Vorteil, dass sie im Analkanal und äußerlich appliziert werden können. Für das Einbringen in den Analkanal sind viele Präparate mit einem Applikator ausgestattet, der auf die Tube geschraubt wird. Die Applikatoren sind entweder mit einer Öffnung an der Spitze oder mit mehreren seitlichen Austrittsöffnungen versehen. Im letzteren Fall drückt man nach dem Einführen auf die Tube und verteilt die austretende Salbe durch vorsichtige Drehbewegungen direkt auf die betroffenen Stellen im Analkanal. Bei dem Applikationsrohr mit einer Öffnung an der Spitze wird dagegen erst beim Herausziehen durch gleichmäßiges Zusammendrücken der Tube ein Salbenstrang im Analkanal platziert.

Hier muss darauf geachtet werden, die Salbe nicht zu tief, also in das Rektum zu applizieren. Zur Verbesserung der Gleitfähigkeit, kann der Applikator vor dem Einführen mit etwas Salbe eingerieben werden. Die Reinigung des Applikators nach Anwendung erfolgt am besten durch Abwischen mit Papier, wobei der Aufsatz auf der Tube verbleibt. Nur wenn die Salbe über längere Zeit nicht benutzt wurde, sollte der Applikator abgeschraubt und mit warmem Wasser gereinigt werden. Einige Salben-Präparate sind zusätzlich zum Applikator auch mit einem Analdehner erhältlich, der zum vorsichtigen Weiten des Analkanals (Biofeedback) bei einem Schließmuskelkrampf oder einer Schließmuskelverengung verwendet wird. Ein Schließmuskelkrampf kann zum Beispiel durch die Schmerzen bei einer Analfissur oder durch ständigen Durchfall entstehen. Fortwährend zu flüssige Stühle können auch einen verengten Schließmuskel bedingen. Alternativ können Zäpfchen eingeführt werden. Ihre Wirkung setzt etwas später als die der Salben ein, da sie sich erst auflösen müssen, bevor sie den Wirkstoff freigeben. Zu beachten ist, dass sie vorsichtig nur so weit in den Analkanal geschoben werden sollten, dass man sie mit der Fingerkuppe noch ertasten kann.

Dringen die Zäpfchen durch den Schließmuskelreflex zu tief ein, gelangen sie nicht an den eigentlichen Ort der Erkrankung. Sie rutschen vielmehr am vergrößerten Gefäßpolster vorbei ins Rektum und setzten dort ihre Wirkstoffe frei. Besser geeignet sind Zäpfchen mit einer Mulleinlage (Haemotamps), die im Analkanal liegen bleiben und den Arzneistoff dort kontinuierlich über Stunden direkt abgeben. Dank der Mulleinlage kann der Anwender auch den korrekten Sitz des Zäpfchens prüfen und ihn gegebenenfalls korrigieren. Einige Anwender verspüren allerdings während der Tragedauer ein unangenehmes Fremdkörpergefühl im After.

Fester Bestandteil der Reiseapotheke Ein Produkt zur Therapie akuter Beschwerden, als Salbe und oder Zäpfchen, ist ideal für unterwegs oder auf Reisen. Zäpfchen passen einzeln verpackt in jede Tasche und können bequem und diskret im Handgepäck mitgeführt werden. Der besondere Vorteil bei Flugreisen ist, dass sie nicht als Flüssigkeit deklariert werden müssen. Beim Auffüllen einer Reiseapotheke sollten Hämorrhoiden-Mittel bei Personen nicht fehlen, die Probleme mit vergrößerten Hämorrhoiden haben. Oftmals bleiben sie auch im Urlaub nicht von den unangenehmen Symptomen verschont. Lange Anreisezeiten mit viel Sitzen und wenig Bewegung sowie ungewohnte Speisen und Hygienezustände vor Ort schlagen häufig auf die Verdauung und lassen das Hämorrhoidalleiden aufflammen. Haben Betroffene ihre Medikamente auf Reisen immer dabei, sind sie im Akutfall auch in der Ferne schnell versorgt und sparen sich die aufwendige Suche nach einer Apotheke. Zudem kann es im Ausland manchmal schwierig sein, das gewünschte Präparat zu bekommen. Schamgefühl und die fremde Sprache werden leicht zur Hürde, vor allem wenn die richtigen Worte fehlen.

Grenzen der Selbstmedikation Es ist in der Apotheke schwierig, den Schweregrad eines Hämorrhoidalleidens einzuschätzen. Meist berichtet der Kunde lediglich allgemein über Irritationen in der Analregion, die sich mit Jucken, Brennen, Schmerzen oder Blutspuren auf dem Toilettenpapier beziehungsweise in der Unterwäsche bemerkbar machen. Diese Symptome treten häufig bereits im Stadium I und II auf und lassen sich gut mit Salben und Zäpfchen, die ein Lokalanästhetikum oder Hamamelisextrakt enthalten, behandeln, um ein weiteres Voranschreiten der Erkrankung zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen. Über Stuhlschmieren wird eher selten gesprochen und über ein (nicht) mögliches Zurückschieben der Hämorrhoiden in den After verliert so gut wie kein Kunde ein Wort. Dabei deuten gerade letztere Symptome auf ein vorangeschrittenes Krankheitsbild hin und sollten ärztlich behandelt werden. Hellhörig werden sollten PTA und Apotheker auf jeden Fall, wenn der Kunde ihm vorgeschlagene Hämorrhoidenpräparate mit dem Hinweis ablehnt, dass er sie alle schon getestet habe und mit dem Ergebnis nicht zufrieden sei. Möglicherweise liegt dann ein Schweregrad drei oder vier vor, der unbedingt in ärztliche Hand gehört.

Semi-operative und operative Maßnahmen
+ Bei der Sklerosierung spritzt der Arzt ein Verödungsmittel (z. B. Polidocanol) in das Gefäßpolster oder in nahe liegende Blutgefäße, wodurch eine Entzündungsreaktion in den vergrößerten Hämorrhoiden induziert wird und diese dann vernarben und veröden. Da der Erfolg nicht immer von Dauer ist, muss die Behandlung unter Umständen wiederholt werden. Die Methode kann bereits im Stadium I durchgeführt werden, zumeist erfolgt sie im Stadium II. + Die Gummibandligatur eignet sich für bereits stark vergrößerte Hämorrhoiden der Stadien II und III. Dabei bindet der Arzt die vergrößerten Hämorrhoiden mit einem kleinen Gummiband ab. Dadurch wird die Blutversorgung vermindert, sodass das Gefäßpolster innerhalb weniger Tage abstirbt und abfällt. Diese Behandlung kann ambulant und ohne Narkose durchgeführt werden. + Sind die Beschwerden bereits sehr weit fortgeschritten (Stadium III und IV), wird meist eine Operation nötig, bei der die stark vergrößerten Hämorrhoidalpolster entfernt werden. Es gibt hier verschiedene Verfahren, die sich grundsätzlich in offene und geschlossene Techniken unterteilen lassen, bei der die Operationswunde entweder offen oder durch eine Naht verschlossen abheilt.

Schmerzfreie Untersuchung Letztendlich räumt nur eine proktologische Untersuchung Unsicherheiten aus und gibt eine eindeutige Diagnose. Erster Ansprechpartner ist oftmals der Hausarzt. Ebenso tastet der Gynäkologe, Urologe oder Dermatologe im Rahmen der Krebsvorsorge häufig vorsichtig die äußere Umgebung des Afters mit dem Finger ab und inspiziert im Anschluss den Analkanal. Diese Untersuchung tut nicht weh. Leichter und angenehmer geht die rektale Untersuchung vonstatten, wenn auf die Region vorher eine proktologische Salbe mit einem Lokalanästhetikum wie Lidocain aufgebracht wird.

Bei Blutungen oder stärkeren Beschwerden sollte aber sicherheitshalber gleich an einen Proktologen verwiesen werden, denn er kann eine genauere Kontrolle der verschiedenen Darmabschnitte – meist den Analkanal (Proktoskopie) und den Mastdarm (Rektoskopie), sowie in einigen Fälle den Dickdarm (Koloskopie), mithilfe optischer Geräte vornehmen. Auch diese Untersuchungen sind üblicherweise nicht schmerzhaft. Sie dauern nur wenige Minuten und erfolgen ambulant in der Praxis. Möchte der Arzt den gesamten Dickdarm mit einer Dickdarmspiegelung (Koloskopie) untersuchen, ist zuvor eine komplette Darmreinigung notwendig, die der Betroffene üblicherweise zu Hause durchführt. Die Koloskopie erfolgt gewöhnlich einen Tag später ambulant in der Praxis. Nur in besonderen und seltenen Fällen wird eine stationäre Aufnahme notwendig.

Andere Erkrankungen möglich Für die Symptome sind aber nicht immer vergrößerte Hämorrhoiden verantwortlich. Es gibt auch andere Erkrankungen der Analregion, die ähnliche Beschwerden verursachen. Beispielsweise kann ein tiefer Einriss oder ein Geschwür der Analhaut – eine Analfissur – sehr schmerzhaft sein und wird häufig von leichten Blutungen begleitet. Dementsprechend können bei Analfissuren, ähnlich wie bei Hämorrhoiden, Lokalanästhetika zur symptomatischen Behandlung gegen Schmerzen und Juckreiz Anwendung finden. Häufig bildet sich am After auch ein Ekzem, das juckt, brennt und nässt. Meist ist dies eine Folge einer nässenden Primärerkrankung, wie zum Beispiel Hämorrhoiden, es kann aber auch durch Allergene in Intimpflegemitteln verursacht werden und ist mit Symptomen assoziiert, die einem Hämorrhoidalleiden ähneln.

Analekzeme werden meist mit Glukokortikoidpräparaten therapiert. Wenn diese infolge eines Hämorrhoidleidens auftreten, sollte sinnvollerweise eine parallele Therapie dieser Grunderkrankung erfolgen. Normalerweise schmerzfrei sind dagegen Hautfalten um den After herum, welche Marisken genannt werden, da ihr Aussehen an Feigen (franz.: marisque) erinnert. Blassbläuliche Knoten am Darmausgang, die früher fälschlicherweise auch als äußere Hämorrhoiden bezeichnet wurden, da sie äußerlich vergrößerten Hämorrhoiden sehr ähneln, sind typischerweise Perianalvenenthrombosen. Diese bilden sich meist spontan wieder zurück, können unter Umständen aber auch sehr schmerzen.

In diesen Fällen kann das Auftragen eines Lokalanästhetikums genügen oder eine operative Eröffnung und Entfernung des Thrombus notwendig werden. Septische Analerkrankungen wie Analabszess oder Analfistel sind teilweise sehr schmerzhaft und können mit typischen Entzündungsreaktionen wie Rötung, Schwellung sowie Fieber einhergehen. Ein aufplatzender Abszess ist zudem mit dem Abfluss von Eiter assoziiert. Mit einem Abszess oder einer Fistel muss unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, da diese nur chirurgisch therapiert werden können. Auch eine Antibiose ist hier nicht ausreichend, sondern verzögert letztlich nur die notwendige Therapie. In seltenen Fällen können Blutauflagerungen auf dem Stuhl auf sehr ernste Erkrankungen wie Darmkrebs hindeuten. Daher sollten Betroffene mit Blutungen zur Abklärung der Symptome und ihrer Beschwerden immer zum Arzt geschickt werden. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/17 ab Seite 68.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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