Eine Schere schneidet einen Faden direkt neben einem Knoten ab.
Beim Spleißen wird die relevante Erbinformation zusammengelegt und unwichtige Teile abgeschnitten. Das neue SMA-Therapeutikum greift in diesen Vorgang ein. © pilcas / iStock / Getty Images Plus

Erbkrankheiten | Gentherapie

NEUZULASSUNG: ALTERNATIVE ZU TEUERSTEM MEDIKAMENT DER WELT

Die Food and Drug Administration (FDA), die Arzneimittelbehörde der USA, hat mit Risdiplam (Evrysdi®) ein weiteres Präparat zur Therapie von Spinaler Muskelatrophie (SMA) zugelassen. Risdiplam ist kostengünstiger als die bisherigen Optionen und kann oral eingenommen werden.

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Spinale Muskelatrophie ist eine seltene Erbkrankheit, bei der Nervenzellen im Rückenmark zugrunde gehen. Die Betroffenen leiden an einer stetig schwächer werdenden Muskulatur, schwere Verläufe enden tödlich. Bis vor wenigen Jahren gab es keine Medikamente gegen SMA, dann wurde Nusinersen (Spinraza®) zugelassen, kurz darauf Onasemnogen-Abeparvovec (Zolgensma®). Beide Therapien sind ausgesprochen kostspielig, Zolgensma® ist derzeit das teuerste Medikament der Welt. Mit Evrysdi® steht in den USA nun eine dritte Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung – die europäische Zulassung soll folgen.

Spinraza®
Nusinersen ist ein RNA-Therapeutikum zur Injektion in die Wirbelsäule und bei verschiedenen Unterformen von SMA geeignet. Es kann sowohl im Kindesalter als auch bei späterer Diagnose eingesetzt werden. Mehrere Anwendungen sind nötig. Die Behandlung kostet im ersten Jahr 635 000 Euro sowie in jedem weiteren Jahr 317 000 Euro.

Zolgensma®
Onasemnogen-Abeparvovec ist ein Gentherapeutikum und ebenfalls bei mehreren SMA-Formen geeignet. Eine einmalige Injektion erfolgt, wenn das betroffene Kind noch weniger als 21 Kilogramm wiegt. Die Kosten liegen bei 1,8 Millionen Euro.

Evrysdi®
Risdiplam wird synthetisch hergestellt und kann zu Hause oral eingenommen werden. Für Kinder unter 22 Kilogramm liegen die Behandlungskosten bei jährlich 85 000 Euro, für schwerere Betroffene bei 288 000 Euro.

Wirkmechanismus
Das Survival Motor Neuron-Protein (SMN-Protein) ist wichtig für die Funktion der Motoneuronen in Hirn und Rückenmark, also der Nervenzellen, die die Muskeln lenken. Der Bauplan für das Protein ist in zwei Genen enthalten: eine langlebige Form ist auf SMN1 kodiert, eine instabile Form auf SMN2. Die Hauptursache für Spinale Muskelatrophie ist, dass das SMN1-Gen mutiert ist und kein stabiles SMN-Protein herstellt. Die kurzlebige Form aus dem SMN2-Gen reicht nicht aus, um die Muskeln anzuregen, deshalb verkümmern diese. Um Gene in Proteine umwandeln zu können, muss aus dem langen Erbsubstanzstrang die richtige Information herausgefiltert werden. Dies geschieht beim Spleißen: Die wichtigen Abschnitte werden zu einer Schlinge zusammengelegt, unwichtige Abschnitte abgeschnitten. In diesen Prozess greift Risdiplam ein. Es verändert den Spleißprozess am SMN2-Gen, sodass statt der instabilen die langlebige Form des SMN-Proteins abgelesen werden kann.

In vier großangelegte Studien mit den Namen FIREFISH, SUNFISH, JEWELFISH und RAINBOWFISH wurde Risdiplam erfolgreich getestet. Nun muss noch herausgearbeitet werden, für welche SMA-Patienten die Therapie in Frage kommt und welche auf Nusinersen oder Onasemnogen-Abeparvovec besser ansprechen.

Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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