Eine Darstellung von Staphylococcus aureus auf der Hautoberfläche als violette Kugeln auf blauem Grund© Dr_Microbe / iStock / Getty Images Plus
Der sogenannte Krankenhauskeim Staphylococcus aureus ist zwar oft gegen Antibiotika resistent - eine winzige Membranscheibe könnte ihm aber nun den Garaus machen.

Nanodiscs

ERYTHROZYTEN-SCHEIBCHEN GEGEN KLINIKKEIME

Resistente Keime sind ein großes Problem in Krankenhäusern. Besonders Staphylococcus aureus kommt häufig vor. Jetzt haben Wissenschaftler in den USA möglicherweise eine neue Behandlungsmethode gefunden.

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Das Team an der University of San Diego konnte aus Erythrozyten winzige Membranscheibchen herstellen, die gezielt das Hauptgift von Staphylococcus aureus neutralisieren. Die Technologie dieser Nanodiscs wird schon länger erforscht. Neu ist die Herstellung aus menschlichen Zellmembranen.

Die geringe Größe von unter 20 Nanometern ermöglicht das Eindringen in menschliche Lymphknoten. Durch die Scheibenform reagieren Immunzellen in wesentlich geringerem Maß auf die Nanodiscs als auf kugelförmige Partikel. Diesen Effekt könnte man nutzen.

Winzige Magneten für Bakterien-Toxin

Lianfang Zhang und sein Team brachten Erythrozyten zum Platzen, isolierten die Membranbruchstücke und mischten sie mit einem synthetischen Copolymer. Dabei bildeten sich Scheiben aus Lipid-Doppelschichten der Zellmembran, umgeben von einem stabilisierenden Gerüst aus Copolymer.

Die entstandenen Nanodiscs binden in vitro das Hauptgift von Staphylococcus aureus namens α-Toxin und entfernen es so aus der Umgebung. Mäuse, denen die Wissenschaftler α-Toxin gespritzt hatten, überlebten mit der Gabe der Nanodiscs die Vergiftung wesentlich öfter als Mäuse ohne die Verabreichung der Nanodiscs.

Nano-Lösung für großes Problem?

Staphylococcus aureus kommt praktisch überall vor und ist meist harmlos. Bei immungeschwächten Personen oder offenen Wunden (zum Beispiel nach Operationen) kann er jedoch gefährliche Infektionen auslösen.

Vor allem resistente Stämme (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus, MRSA) verbreiten sich in geeignetem Umfeld und verursachen lebensbedrohliche Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen. Das macht diesen Keim unter anderem in Kliniken und Pflegeeinrichtungen zu einem großen Problem, für das es bisher nur unzureichende Lösungen gibt.

Was Nanodiscs (noch) können

Nanodiscs bestehen meist aus synthetischen Lipiden, Proteinen und Polymeren. Hierbei muss besonders auf die Zusammensetzung geachtet werden, damit die entstehenden Nanodiscs weder toxisch noch immunogen wirken. Schon länger forschen Wissenschaftler an den kleinen Scheibchen, denn sie könnten auch vielversprechende Transporter für Arzneistoffe sein. Durch die Möglichkeit, in Lymphknoten zu gelangen, eröffnen sich den Forschenden zufolge auch Optionen in der Immuntherapie, zum Beispiel neue Nanovakzine.

Das Team in San Diego verwendete das erste Mal menschliche Zellen zur Herstellung. Der Vorteil hier: die natürliche Funktion der Membranlipide und -proteine bleibt erhalten und kann therapeutisch genutzt werden. Außerdem handelt es sich um Bestandteile menschlicher Zellen, so dass die Verträglichkeit gewährleistet ist.

Die Erythrozyten-Nanodiscs sind lange lagerbar und nicht toxisch. Nach Ansicht der Wissenschaftler kann die Herstellungsmethode auch auf andere Arten von Zellmembranen übertragen werden. Weitere Forschung wird zeigen, ob die Technologie der Nanodiscs tatsächlich neue Therapien ermöglicht.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news811748
Lei Sun, Dan Wang, Ilkoo Noh, Ronnie H. Fang, Weiwei Gao, Liangfang Zhang: „Synthesis of Erythrocyte Nanodiscs for Bacterial Toxin Neutralization“, Angewandte Chemie, 28. Februar 2023. https://onlinelibrary.wiley.com/page/journal/15213757/homepage/press/202312press.html

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