Eingemachtes in Gläsern. © pilipphoto / iStock / Getty Images Plu
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Konservierungsmittel

MUSS DAS SEIN?

Den besten Ruf haben Konservierungsmittel nicht gerade. Aber ohne sie wären die meisten Produkte so wie diese Lebensmittel nach Anbruch nur wenige Tage haltbar.

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Konservierungsmittel machen Zubereitungen haltbarer. Aber nicht, indem sie die oxidative Zersetzung von Inhaltsstoffen, zum Beispiel das Ranzigwerden von ungesättigten Fetten verhinden. Das übernehmen Antioxidanzien, wie Vitamin E. Konservierungsmittel werden einer Zubereitung zugesetzt, um das Wachstum von Mikroorganismen darin zu verhindern. Denn immer dann, wenn eine Zubereitung Wasser enthält und nicht schon durch Inhaltsstoffe mit antimikrobiellen Eigenschaften automatisch geschützt ist, besteht die Gefahr, dass sich Bakterien oder Pilze darin vermehren können.

Da nützt es auch nichts, dass das Produkt steril hergestellt und abgefüllt wurde. Beim ersten Öffnen durch den Benutzer können Keime in eine gewöhnliche Tube oder in einen Tiegel gelangen und sich dann darin vermehren. Mikrobiell kontaminierte oder verdorbene Kosmetika zeigen häufig ein verändertes Aussehen und einen unangenehmen Geruch. Das ist aber nicht das Hauptproblem. Wendet man sie trotzdem an, kann es zu Hautirritationen durch Zersetzungsprodukte von Hilfs- oder Wirkstoffen sowie durch Ausscheidungsprodukte der Mikroorganismen kommen.

Gesetzlich geregelt Als Konservierungsmittel in kosmetischen Mitteln werden nach der Kosmetik-Verordnung Stoffe definiert, die überwiegend zu dem Zweck hinzugefügt werden, die Entwicklung von Mikroorganismen in diesen Produkten zu hemmen. Welche Substanzen hierzu verwendet werden dürfen, regelt die Anlage 6 der EU-Kosmetikverordnung. Stoffe, die zwar antimikrobiell wirksam sind, aber überwiegend zu anderen Zwecken eingesetzt werden, sind demnach keine Konservierungsmittel. Zubereitungen, die ausschließlich durch solche Stoffe konserviert werden, können nach dem Gesetz als konservierungsmittelfrei bezeichnet werden.

Wirkungsmechanismus Um Mikroorganismen abzutöten oder an der Vermehrung zu hindern, muss ein Konservierungsmittel bestimmte Fähigkeiten besitzen. Es muss sich in der wässrigen Phase einer Zubereitung lösen, denn dort befinden sich auch die Bakterien oder Pilze. Dafür ist eine ausreichende Hydrophile notwendig. Um in die Bakterienzelle eindringen zu können, muss die Substanz aber auch über eine gewisse Lipophilie verfügen. Daher sind fast alle Konservierungsmittel amphiphil, auch wenn sie chemisch ganz unterschiedlich sind.

Sie haben also, ähnlich wie ein Emulgator, eine hydrophile und eine lipophile Seite. Sind sie in der Zelle angekommen, dann lagern sie sich dort an bestimmte Strukturen an und reagieren mit ihnen. Dies können Proteine, beispielsweise Enzyme sein, die dadurch blockiert werden und ihre Funktion nicht mehr erfüllen können. Die Bakterien- oder Pilzzelle stirbt ab oder wird zumindest in ihrer Vermehrungsfähigkeit gehemmt.

Allergenes Potenzial Es hat einen konkreten Grund, warum Konservierungsmittel so unbeliebt sind. Denn leider kann so eine Substanz nicht zwischen menschlicher und Bakterienzelle unterscheiden. Gelangen Konservierungsmittel an lebende Zellen unseres Körpers, dann dringen einige Konservierungsmittel-Moleküle auch in diese Zellen ein und blockieren dort Enzyme. Durch die Reaktion des Konservierungsmittels mit einem Protein kann ein Eiweiß entstehen, das das Immunsystem als körperfremd erkennt. Darauf kann es mit einer überschießenden Immunreaktion, also mit einer Allergie, antworten.

Die Sensibilisierungsfähigkeit eines Konservierungsmittels hängt unter anderem von der Konzentration und von der Dauer ab, mit der es einwirkt. Durch die Verwendung mehrerer Konservierungsstoffe in geringer Konzentration kann das Risiko einer allergischen Reaktion gesenkt werden. Durch die Kombination mehrerer Substanzen kann außerdem das Wirkungsspektrum erweitert werden. Produkte, die nur kurze Zeit auf der Haut bleiben (Rinse-off-Produkte), wie Shampoos, lösen seltener Allergien aus als Produkte, die auf der Haut bleiben (Leave-on-Produkte). Und beim Auftragen auf geschädigte Haut ist die Gefahr einer Sensibilisierung erheblich größer als bei Kontakt mit intakter Haut.

Es muss nicht immer sein Viele Haut- und Haarreinigungsmittel, insbesondere die Seifen- und Syndetstücke, kommen wegen ihres niedrigen Wasser- und ihres hohen Tensidgehalts tatsächlich ohne zusätzliche Konservierung aus. Die kationenaktiven Tenside, die für die Herstellung von Shampoos verwendet werden, besitzen sogar antimikrobielle Eigenschaften, ohne nach der Kosmetikverordnung als Konservierungsmittel zu gelten. Manche Gesichtspflegepräparate sind durch ihren Alkoholgehalt vor bakterieller Besiedlung geschützt. Zu beachten ist hier allerdings, dass der Alkohol die Haut stark austrocknet. Ein niedriger Wassergehalt und ein hoher Lipidgehalt verringern ganz allgemein die Gefahr einer bakteriellen Kontamination. O/W-Emulsionen stellen gute Nährböden für Bakterien und Pilze dar, weil die Einzeller die äußere Phase leichter erreichen.

Bei W/O-Emulsionen lässt sich leichter auf eine Konservierung verzichten, wenn bestimmte andere Faktoren, wie geringer Keimgehalt der Rohstoffe, optimale Betriebshygiene von der Produktion bis zum Abfüllen und die Art der Verpackung berücksichtigt werden. So ist beispielsweise bei der Entnahme einer Creme aus einer Tube oder einem Spender die Gefahr der Rekontamination wesentlich geringer als bei der Entnahme aus einem Tiegel. Durch intelligente Verpackungen ist es inzwischen sogar möglich, ganz auf Konservierungsmittel zu verzichten. Ähnlich wie bei Augentropfen gibt es Behältnisse, die verhindern, dass bei der Entnahme Luft zurück ins Behältnis strömt. So dringen auch keine Keime ein, die das Produkt verderben könnten.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe von DIE PTA IN DER APOTHEKE „Kosmetik – Inhaltsstoffe in Kosmetika“ ab Seite 58.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

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