© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Steckbrief

MIRTAZAPIN

Das stimmungsaufhellende und beruhigende Antidepressivum erhöht die Neurotransmission von Noradrenalin und Serotonin. Es wird zur Akutbehandlung und Erhaltungstherapie bei Depressionen eingesetzt

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In dieser Reihe wurden bereits trizyklische Antidepressiva und selektive Noradrenalin- und Serotonin-Wiederaufnahmehemmer vorgestellt. Mirtazapin wirkt zwar ebenso verstärkend auf die beiden Botenstoffe, allerdings ist der Wirkungsmechanismus etwas anders. Es hemmt nicht die Wiederaufnahme der Transmitter aus dem synaptischen Spalt, sondern blockiert regulierende alpha-Autorezeptoren und erhöht darüber die Ausschüttung von Serotonin und Noradrenalin. Zudem blockiert Mirtazapin selektiv 5-HT2- und 5-HT3-Rezeptoren. Die Konzentration von Serotonin an 5-HT1-Rezeptoren ist dadurch erhöht. Die sedierenden Effekte werden der Blockade von Histamin-H1-Rezeptoren zugesprochen.

Mirtazapin wird zur Behandlung und Rezidivprophylaxe von unipolaren depressiven Episoden verordnet. Off-label kommt Mirtazapin auch gegen Schlaf-, Angst- und Panikstörungen zum Einsatz. Es stehen Schmelztabletten, eine Lösung und Filmtabletten zur Verfügung. Mirtazapin wirkt mit einer gewissen Wirkungslatenz von etwa zwei bis vier Wochen stimmungsaufhellend und eher dämpfend. Aufgrund des Wirkprofils eignet sich Mirtazapin besonders gut für depressive Patienten mit Symptomen der Agitiertheit und Unruhe. Mirtazapin hat eine Halbwertzeit von 20 bis 40 Stunden und wird einmal täglich – bevorzugt am Abend – eingenommen. Die wirksame Tagesdosis liegt zwischen 15 und 45 Milligramm. In der Regel wird langsam bis zur therapeutischen Dosis eintitriert.

Es spielt keine Rolle, ob die Einnahme vor, mit oder nach dem Essen erfolgt. Die Metabolisierung findet in der Leber über CYP1A2, 2D6 und 3A4 zum pharmakologisch aktiven Desmethyl-Metaboliten statt. Wechselwirkungen mit Substraten, Induktoren und Inhibitoren der Isoenzyme sind zu beachten. Patienten mit einer Leukopenie oder einer erhöhten Krampfbereitschaft, beispielsweise bei Epilepsie, sollten Mirtazapin nicht einnehmen. Eine gleichzeitige Gabe von irreversiblen MAO-Hemmern ist wegen der Gefahr eines Serotonin-Syndroms kontraindiziert. Nach Absetzen eines MAO-​Hemmers sollte eine Karenzzeit von vierzehn Tagen vor Einführung von Mirtazapin eingehalten werden. Die Kombination mit anderen Substanzen, die die Serotoninkonzentrationen erhöhen, zum Beispiel Johanniskraut, Triptane, Bupropion und SSRI sollte mit Augenmaß vorgenommen werden, weil auch diese als pharmakodynamische Wechselwirkung das Risiko für ein Serotoninsyndrom steigern.

Patienten sollten informiert werden, dass Alkohol und andere zentral wirkenden Beruhigungsmittel die sedierenden Effekte von Mirtazapin verstärken und deshalb möglichst nicht gemeinsam eingenommen werden sollten. Zu Beginn der Therapie kann es zu einem Blutdruckabfall kommen, sodass Kontrollen der Blutdruckwerte sinnvoll sind. Mirtazapin wird über die Nieren eliminiert, so sollte beachtet werden, dass die Ausscheidung bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz 30 bis 50 Prozent reduziert sein kann. Auch unter Mirtazapin können Absetzphänomene wie Schwindel, Übelkeit oder Schlafstörungen auftreten, sodass das Medikament vor dem Absetzen langsam ausgeschlichen werden sollte. Die häufigsten Nebenwirkungen von Mirtazapin sind Müdigkeit, Mundtrockenheit, Gewichtszunahme, Appetitsteigerung und Schwindel. In Schwangerschaft und Stillzeit sollte Mirtazapin nur verordnet werden, wenn bessere Alternativen wie Sertralin und Citalopram nicht zum Einsatz kommen können. Der Erfahrungsumfang ist sehr gering, allerdings gab es im Tierversuch keine fruchtschädigenden Effekte.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/19 ab Seite 84.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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