PTA hilft älterer Dame.© Horsche / iStock / Getty Images

Besondere Kundengruppen

MENSCHEN MIT DEMENZ

Demenzielle Erkrankungen entwickeln sich meist schleichend und erste kognitive Einschränkungen von Kunden werden oft auch in der Apotheke offenbar. Wie ist damit umzugehen?

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Etwa 1,3 Millionen Menschen sind in Deutschland an Demenz erkrankt. In weniger als drei Prozent betrifft es Menschen unter 65 Jahren. Gerade bei Stammkunden lassen sich Veränderungen des Verhaltens und der äußerlichen Erscheinung leicht beobachten. Menschen mit Demenz leiden unter dem Rückgang der kognitiven Fähigkeiten. Die Funktionsverluste betreffen das Denken, Sprechen, die Orientierung, die Lernfähigkeit und das Urteilsvermögen.

Nicht eingeschränkt sind Bewusstsein und Wahrnehmung. Neben der Alzheimer-Erkrankung gibt es noch weitere Krankheiten, die mit dem Symptomenkomplex Demenz einhergehen. Die medikamentösen Möglichkeiten zur Therapie sind begrenzt. Dennoch ist es das A und O, die Krankheit möglichst früh zu diagnostizieren.

Aufmerksam werden Sie sollten hellhörig werden, wenn ältere Kunden nach einem Ginkgo-Präparat fragen, um die Konzentrationsfähigkeit zu stärken. Dann heißt es vielleicht: „Haben Sie nicht etwas zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit? Ich bin so vergesslich geworden.“

Dann sollte immer nachgefragt werden, für welchen Zweck das Mittel gedacht ist. Sind die Beschwerden aktuell aufgetreten, haben sie eine bekannte Ursache in Form einer Belastungssituation oder nach einem Infekt? Stellt sich dabei heraus, dass die Grenzen der Selbstmedikation überschritten sind, sollten Sie den Kunden ermuntern, den Arzt für eine genaue Diagnostik aufzusuchen.

Dabei darf der Betroffene natürlich nicht verunsichert oder verängstigt werden, den Begriff Demenz sollten Sie deshalb besser nicht erwähnen: „Mir wäre es lieb, wenn Sie das bei Ihrem Arzt abklären ließen. Ich merke, dass Sie die Situation besorgt. Es sind viele Ursachen möglich, zum Beispiel ein Nährstoffmangel.“ Manchmal kommen Angehörige und berichten über die Vergesslichkeit ihres Familienmitglieds, auch hier ist ermutigende Unterstützung gefragt, eine Diagnose stellen zu lassen, denn häufig wird der Gang zum Arzt vermieden, aus Angst vor der Gewissheit.

Begleiten In den Anfangsstadien der Alzheimer-Demenz werden häufig Acetylcholinesterase-Hemmer verordnet. Die Therapie lässt die kognitive Leistungsfähigkeit über einen gewissen Zeitraum geringfügig steigen. Bei der Abgabe der Arzneimittel sollten Ihre Kunden oder deren Angehörigen wichtige Beratungshinweise erhalten, um die Verträglichkeit des Medikaments zu verbessern. Die Medikation wird langsam eingeschlichen.

Die Dosis von Donepezil, Galantamin und Rivastigmin wird wochenweise in Abhängigkeit von der gastrointestinalen Verträglichkeit bis zur täglichen Maximaldosis gesteigert. Therapielimitierend sind für viele die Nebenwirkungen Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Im Zweifel sollten niedrigere Dosierungen fortgeführt werden. Vorzugsweise werden die oralen Darreichungsformen zur Mahlzeit eingenommen.

Für Menschen mit Schluckbeschwerden sind Lösungen und Schmelztabletten oder bei Rivastigmin das transdermale System eine sinnvolle Applikationsform. Wird aus irgendeinem Grund der Wirkstoff abgesetzt oder pausiert, muss bei einem erneuten Ansetzen wieder eingeschlichen werden.

Demente Kunden mit Polymedikation sollten in ihrer Apotheke regelmäßig einen Interaktionscheck erhalten. Zum Beispiel birgt Donepezil das Risiko für QT-Zeit-Verlängerung und sollte deshalb möglichst nicht ohne Überwachung mit anderen arrhythmiefördernden Arzneistoffen kombiniert werden.

Erinnern Die kognitiven Einschränkungen betreffen auch die korrekte Medikamenteneinnahme. Dosetten, die von Angehörigen oder Pflegekräften vorbereitet werden, schaffen hier Sicherheit. Voraussetzung ist ein aktueller und vollständiger Bundeseinheitlicher Medikationsplan. Lassen Sie sich diesen in der Apotheke zeigen und prüfen Sie ihn auf Vollständigkeit und Plausibilität.

Hilfreich ist es, den Angehörigen oder leicht Erkrankten eine Medikationsanalyse anzubieten, um zu erklären, welche Arzneimittel wofür sind und wie sie angewendet werden. So können auch Medikamente verschiedener Ärzte zusammengeführt und die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöht werden. Erinnerungshilfen, zum Beispiel spezielle Wecker oder Reminder-Apps, helfen, an die regelmäßige Einnahme der Tabletten zu denken.

Kümmern Auch wenn die Betroffenen vergesslich sind, bemerken sie sehr deutlich die Empathie, die ihnen entgegengebracht wird. Ungeduld und Unfreundlichkeit spüren diejenigen sehr wohl und reagieren möglicherweise mit Aggressivität darauf. In der Kommunikation sind Ruhe und klare Sprache gefragt. PTA und Apotheker sollten den Kunden ruhig und freundlich durch das Beratungsgespräch navigieren.

Entscheidungen sollten möglichst nicht eingefordert und häufiges wiederholtes Fragen geduldig beantwortet werden. Wichtige Hinweise sollten auf die Packung geschrieben werden. Nicht sinnvoll ist ein Wechsel der Arzneimittelfirmen aufgrund der Rabattverträge. Die vertraute Farbe und Form der Tabletten tragen zur Orientierung bei. Hier können pharmazeutische Bedenken auf dem Rezept angemeldet werden.

Um Kunden zu unterstützen, die ihre Angehörigen pflegen, können Broschüren zur Förderung der kognitiven Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie Kontakte zu Selbsthilfegruppen und Pflegeunterstützung mitgegeben werden. Weisen Sie auch frühzeitig darauf hin, dass staatliche Hilfen über Pflegeeinstufungen und Pflegeleistungen in Anspruch genommen werden können. Die Angehörigen gelangen sonst irgendwann an eigene Grenzen, wenn keine Entlastung erfolgt.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 06/2022 ab Seite 78.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

×