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Berufspolitik

MEHRARBEIT UND ÜBERSTUNDEN – WAS IST DAS ÜBERHAUPT?

Umgangssprachlich verwendet man die Begriffe „Mehrarbeit“ und Überstunden meistens für das gleiche Phänomen: Wer in einer Woche mehr Stunden arbeitet, als im Arbeitsvertrag vereinbart ist, leistet Überstunden oder eben auch Mehrarbeit.

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Juristisch wird zwischen beiden Begriffen unterschieden. Überstunden sind die Stunden, die man über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus erbringt. Dies deckt sich also mit der üblichen Verwendung des Begriffs.

Von Mehrarbeit spricht man hingegen, wenn die gesetzliche Arbeitszeit überschritten ist. Dieser Begriff wird zum Beispiel relevant beim Einsatz von schwangeren Mitarbeiterinnen, die nicht mit Mehrarbeit belastet werden dürfen (§ 4 MuSchG). Das bedeutet, dass Schwangere nicht mehr als acht Stunden pro Tag oder 80 Stunden in der Doppelwoche eingesetzt werden dürfen. Für teilzeitbeschäftigte Schwangere gibt es seit dem 1.1.2018 noch die zusätzliche Einschränkung, dass sie zwar zu Überstunden eingeteilt werden können, im Monatsdurchschnitt aber die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit nicht überschritten werden darf.

Mehrarbeit, also Arbeitszeit, die über die gesetzlichen Höchstgrenzen von acht Stunden pro Werktag bzw. ausnahmsweise auch zehn Stunden pro Werktag hinausgeht, ist in der Apotheke relativ selten.

Häufig kommt es allerdings zu Überstunden. Das heißt, die Angestellten müssen mehr Stunden in der Woche arbeiten, als es ursprünglich im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Vielfach sind Überstunden so an der Tagesordnung, dass sich Inhaber gar keine Gedanken mehr darüber machen, ob sie diese einfach so anordnen dürfen.

Grundsätzlich kann von Mitarbeitern nicht verlangt werden, dass sie Überstunden leisten; vielmehr bedarf es dazu einer besonderen tariflichen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Im Apothekenbereich findet sich in nahezu allen (Muster-)Arbeitsverträgen die Verpflichtung des Mitarbeiters, bei Bedarf Überstunden zu leisten. Auch tariflich ist diese Möglichkeit in § 7 Nr. 1 BRTV/RTV so eingeräumt. Allerdings haben die Tarifparteien Wert darauf gelegt, dass ein begründeter Einzelfall vorliegen muss, wenn dieser übervertragliche Einsatz verlangt wird. Hier sollten sich Mitarbeiter und Apothekenleitung einmal anschauen, ob es in ihrer Apotheke tatsächlich Einzelfälle sind. Kein begründeter Einzelfall ist zum Beispiel die Vertretung einer Kollegin, die im Urlaub ist. Urlaub ist für alle Mitarbeiter planbar und muss durch eine Personaldecke abgedeckt sein, die die Abwesenheit im Rahmen der „normalen“ Arbeitszeiten ausgleichen kann. Wer ständig Überstunden leistet, sollte seine Apothekenleitung darauf ansprechen, die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit (und damit auch das Gehalt) den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen und zu erhöhen.

Wenn man das nicht möchte, weil man sich zum Beispiel als Teilzeitkraft bewusst dagegen entschieden hat, der Apotheke „rund um die Uhr“ zur Verfügung zu stehen, sollte man schon bei Abschluss des Arbeitsvertrags darauf achten, dass dort keine oder nur eine eingeschränkte Verpflichtung zu Überstunden enthalten ist. Gleichzeitig kann man sich auch im laufenden Arbeitsverhältnis dagegen wehren, ständig zu Überstunden eingeteilt zu werden, wenn es sich eben nicht um Einzelfälle handelt. Sollten dann trotzdem Überstunden anfallen, hat man zumindest nach der tariflichen Regelung einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge von 50 Prozent ab der 41. Stunde in der Woche.

Rechtsanwältin Minou Hansen Leiterin der ADEXA-Rechstabteilung

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