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MEHR SCHMERZEN DURCH OPIOIDE?

Morphinderivate gelten als hochwirksam. Unter bestimmten Umständen können sie jedoch zu einer höheren Schmerzempfindlichkeit führen, der so genannten opioidinduzierten Hyperalgesie.

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Die WHO empfiehlt Opioide bei chronischen Schmerzen der Stufe III als Mittel der ersten Wahl. Das ist auch richtig so, denn stärker analgetisch wirkende Substanzen sind nicht bekannt. Bei manchen Patienten nimmt die schmerzlindernde Wirkung allerdings im Laufe der Behandlung ab. Ist der Patient an Krebs erkrankt, kann das natürlich am Fortschreiten der Tumorerkrankung liegen.

Auch eine Toleranzentwicklung kommt als Ursache in Frage. Hierunter versteht man verschiedene Mechanismen, die die Sensibilität für die Wirkung einer Substanz reduzieren. So kann es beispielsweise nach längerer Gabe zu einer Downregulation der Opioidrezeptoren kommen. Die Ärzte erhöhen in einem solchen Fall die Dosis oder stellen auf ein anderes Opioid um. Eine Dosissteigerung um das bis zu Zehnfache kann erforderlich werden. Es gibt allerdings noch andere Ursachen, denn die Substanzen können ihrerseits den Schmerz verstärken.

Kein abruptes Absetzen Vermutlich gibt es mehrere Mechanismen, die zu dieser gesteigerten Schmerzempfindlichkeit, bei der sich nicht nur der Schmerz verstärkt, sondern sich auch das schmerzende Areal vergrößert, führen können. Einer scheint inzwischen aufgeklärt: Setzt man die Opioidtherapie spontan ab, so führt dies zu einer Langzeitpotenzierung der synaptischen Erregung in den Schmerzbahnen des Rückenmarks. Das heißt, die Erregungsübertragung an den Synapsen, also an den Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, wird für lange Zeit gesteigert.

Ausgelöst wird diese Langzeitpotenzierung durch einen Einstrom von Kalziumionen in die Nervenzellen des Rückenmarks. Durch Blockade der Kalziumkanäle konnte der Effekt verhindert werden, ebenso wenn das Opioid langsam und kontrolliert ausgeschlichen wird. Auch wenn bei gar nicht oder unzureichend behandelten chronischen Schmerzen das so genannte Schmerzgedächtnis entsteht, spielt dieser Mechanismus eine Rolle.

Keine Dosisschwankungen Möglicherweise können auch starke Schwankungen des Opioidspiegels, quasi ein unabsichtlicher abrupter Entzug, eine Hyperalgesie auslösen. Darum ist der Einsatz von retardierten Darreichungsformen, die den Wirkstoff gleichmäßig über einen längeren Zeitraum abgeben, besonders wichtig. Ebenso aber auch die genaue Überprüfung, wie lange und wie intensiv ein Opioid bei einem Patienten wirkt. Daneben gibt es noch andere Prozesse, die eine Hyperalgesie verursachen können. So ist dies auch von der individuellen genetischen Ausstattung des Patienten abhängig. Ebenso scheint es Unterschiede zwischen den einzelnen Opioiden zu geben.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/14 auf Seite 22.

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

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